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Viskosität

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Daß die Viskosität mit sinkender Temperatur zunimmt, ein Lavastrom bei der Abkühlung also zähflüssiger wird, ist eine leicht einzusehende Gesetzmäßigkeit. Daß die Viskosität von Magmen mit steigendem Überlastungsdruck geringfügig abnimmt, ist dagegen erst aus Experimenten der letzten Jahre bekannt. Basaltmagmen sind also in ihrer Entstehungsregion im oberen Mantel außerordentlich beweglich.


Abb 4.6: Die Viskosität eines Magmas läßt sich in einem Fließdiagramm durch das Verhältnis Scherspannung gegen Verformungsrate ausdrücken. Die meisten Laven fangen erst dann an zu fließen, wenn die Scherspannung größer ist als die Fließgrenze.

Die Viskosität eines Magmas (η) wird definiert als das Verhältnis der Scherspannung zur Verformungsrate und hat die Einheit Pascal Sekunde, früher Poise (10 Poise = 1Pas). Eine Flüssigkeit, bei der Scherspannung und Verformungsrate proportional sind, heißt Newtonsche Flüssigkeit (Abb. 4.6). Bei diesen Flüssigkeiten genügt also eine unendlich kleine Scherspannung, um sie zum Fließen zu bringen. Bei vielen Flüssigkeiten ist diese Beziehung nicht linear, oder es muß eine endliche Schubkraft aufgewandt werden (Fließgrenze, yield strength), bevor sie zu fließen beginnen, d.h. permanent deformiert werden. Diese Flüssigkeiten werden pseudoplastische und Binghamsche Flüssigkeiten genannt, ihre Viskosität Binghamsche oder plastische Viskosität. Fließgrenze, Binghamsche und Newtonsche Viskosität steigen mit zunehmender Kristallinität und Polymerisierung eines Magmas. Wenn man über Viskositäten von Magmen oder Lavaströmen oder Aschenströmen spricht, muß man immer beachten, daß a) natürliche Systeme dynamisch sind, d.h. sich ständig ändern – insbesondere abkühlen – und b) nur ganz niedrigviskose Magmen – ohne Blasen und Kristalle – als Newtonsche Flüssigkeiten betrachtet werden können.

Sehen wir Laven vereinfacht als Newtonsche Flüssigkeiten an, können wir von folgenden Viskositäten ausgehen: Hawaiianische, tholeiitische Basalte haben um 102 Pas bei ihrer Liquidustemperatur, rhyolithische Magmen dagegen zwischen 105 und 107 Pas. Diese Viskositäten hängen, wie oben gezeigt, bei niedrigen Drucken neben der chemischen Zusammensetzung eines Magmas insbesondere vom Gasgehalt und der Temperatur ab. Alkalireiche Basaltmagmen sind z.B. SiO2-ärmer und H2O-reicher als tholeiitische und haben daher eine niedrigere Viskosität. Sie sind allerdings auch CO2-reicher, was bei höheren Drucken die Polymerisierung begünstigt. Jedoch entweicht CO2 wegen seines hohen Partialdrucks sehr viel früher, d.h. in größeren Tiefen als die anderen flüchtigen Komponenten. Ob das in den obersten Hunderten von Metern oder wenigen Kilometern unter der Erdoberfläche aber zur wirksamen Viskositätserniedrigung führt oder durch das Entstehen von Blasen – die, wie die Kristalle, die Viskosität erhöhen, solange sie noch nicht deformiert sind – kompensiert wird, ist noch nicht geklärt.


Abb. 4.7: In unregelmäßig gezackte Blöcke zerbrochener Aa-Lavastrom. Kilauea-Vulkan (Hawaii).


Abb. 4.8: Fließende Pahoehoe-Lava. Im Hintergrund das Eruptionszentrum, der Pu’u-’O’o-Schlackenkegel. Kilauea-Vulkan (Hawaii, USA).

Die alte Frage, wie die beiden charakteristischsten Oberflächenformen von Basaltlaven, nämlich Aa und Pahoehoe (Kap. 9) (Abb. 4.7; 4.8; 4.9; 4.10; 4.11), am plausibelsten zu erklären sind, ist häufig diskutiert worden. Je niedriger der SiO2-Gehalt (als Maß für die Viskosität) und je höher die Temperatur ist, um so niedriger ist die Fließgrenze. Mit anderen Worten: Die abgekühlte und daher spröde reagierende Oberfläche eines Lavastroms wird beim Fließen ständig zerbrochen. Dies wird durch Beobachtungen an Lavaströmen bestätigt: Mit abnehmender Temperatur wird die Pahoehoe-Oberflächenstruktur (Pahoehoe =worauf man mit Füßen gehen kann) von Aa-Strukturen ersetzt.

Die Fließgrenze ist eine wichtige physikalische Größe für die Interpretation der Fließvorgänge in Laven und Aschenströmen. Erst wenn die Scherspannung die Fließgrenze übersteigt, beginnt das Fließen. Die initiale Entstehung der für viele Laven charakteristischen lateralen Schlackenwälle (Seitenmoränen) (Abb. 4.11) läßt sich durch das hohe Verhältnis Fließgrenze zu Scherspannung erklären.

In Hawaii bilden sich Pahoehoe-Laven im allgemeinen bei höherer Temperatur und niedrigerer Viskosität als Aa-Laven. Sie können daher beim Fließen in Aa-Laven übergehen – Aa jedoch nicht in Pahoehoe. Die Viskosität, die in einem Lavastrom mit wachsender Abkühlung, Kristallinität und Blasenbildung zunimmt, ist jedoch nur einer der beiden zentralen Faktoren für die Entstehung von Aa am Schlot oder aus Pahoehoe. Die Verformungsrate ist der andere. Mit anderen Worten: Wenn dünnflüssige Lava zum Stehen kommt, bevor eine kritische Viskosität oder Fließgrenze erreicht ist, erstarrt sie als Pahoehoe. Wird die kritische Grenze jedoch beim Fließen erreicht, entweder weil die Viskosität oder die Verformungsrate oder beide zu hoch werden, beginnt der Lavastrom zu „klumpen“, zuerst am Rand, bis sich z.B. beim Fließen über einen steilen Hang, d.h. bei hoher Verformungsrate, die Klumpen voneinander lösen und Breccien aus unregelmäßigen Brocken bilden können, die an der Stirn eines jetzt langsamer gewordenen Lavastroms herabfallen und von diesem überflossen werden (Abb. 4.12). Auf diese Weise entstehen die charakteristischen Zonen von Aa-Strömen: Top- und Basisbreccie, randliche Schlackenwälle und ein massiges Zentrum.


Abb. 4.9: Erstarrte Pahoehoe- und Aa-Lavaströme an der Südflanke des Kilauea-Vulkans (Hilina-Pali-Verwerfungssteilhänge).


Abb. 4.10: Querschnitt durch ca. 40 cm mächtige Aa-Lavaströme mit ausgeprägter Basis- und Topbreccie. Kilauea-Vulkan (Hawaii, USA).


Abb. 4.11: Viskoser phonolithischer Lavastrom am unteren Hang des Pico de Teide mit ausgeprägten „Seitenmoränen“. Tenerife (Kanarische Inseln).

Die Viskosität eines Magmas nimmt mit dem Kristallgehalt zu. Bei tholeiitischen basaltischen Magmen z.B. ist die Viskosität bei einem Kristallgehalt von 25 Vol.-% etwa zehnmal so hoch wie die des kristallfreien Magmas bei der Liquidustemperatur. Bei dieser hohen Viskosität findet kaum Konvektion statt; das Magma kann im wesentlichen nicht mehr effusiv eruptieren allerdings noch explosiv.


Abb. 4.12: Bildungsbereiche von Pahoehoe- und Aa-Laven in Abhängigkeit von der Scherspannung und Viskosität (nach 149; 232).


Abb. 4.13: Volumina (Magmavolumen) einiger historischer und prähistorischer – bis auf Laki (Island) – explosiver Vulkaneruptionen (nach verschiedenen Quellen). Dunkel: basaltische Zusammensetzung.

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