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DAS KREUZOTTERNEST 1960

Die Geschichte ist fast so alt wie die beiden Vereine selbst. 23 Spieler wechselten im Lauf der Jahre vom 1. FC Nürnberg zur SpVgg Fürth, 16 gingen den umgekehrten Weg – und so gut wie jeder Seitenwechsel wirbelte meterhohe Staubwolken auf.

Man werde es den „Verrätern“ zeigen, tönte es schon im November 1917 im Zabo, als der Club in der mittelfränkischen Gaurunde auf die SpVgg traf, in deren Reihen mit Mittelstürmer Loni Seiderer und dem Halbrechten Walter Lüscher zwei frühere Nürnberger standen. Im Spiel selbst kam es zu den üblichen Nickligkeiten, je einem Platzverweis auf beiden Seiten und – nach drei Toren von Luitpold Popp – zu einem deutlichen 5:0-Sieg des FCN. Knapp drei Jahre später sorgte der Fall Hans Sutor für Aufsehen. Der Linksaußen, der im Meisterschaftsendspiel 1920 noch im Trikot der Kleeblättler stürmte, sah sich kurz nach dem Finale gezwungen, beim Club anzuheuern, weil er in Fürth wegen seiner Heirat mit einer Nürnbergerin übelst beschimpft wurde.

Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg konnte die SpVgg mit den großen Vereinen nicht mehr Schritt halten, sodass sie regelmäßig ihre besten Spieler ziehen lassen musste. Dies schien auch kein Problem – solange der aufnehmende Verein nicht FCN hieß.

Als etwa Charly Mai, der Weltmeister von Bern, zusammen mit seinem Mannschaftskameraden Klaus Kuhnert 1958 beim FC Bayern anheuerte, wurde dies in Fürth, so beobachtete es zumindest die Nürnberger Vereinszeitung, „mit fröhlicher Gelassenheit“ hingenommen. Als aber Stürmer Reinhold „Bobby“ Gettinger zwei Jahre später verkündete, über die Stadtgrenze ziehen zu wollen, floss böses Blut. In der Vereinszeitung vom Juli 1960 hieß es: „Derzeit hat die Absicht Gettingers, zum Club zu wechseln, Fürth in Weißglut gebracht. Es scheint für die Cluberer ungefährlicher, in ein Kreuzotternest zu greifen, als sich um einen Fürther Spieler zu bemühen.“ Keine Erwähnung fand ein entscheidender Grund für den Aufruhr in der Nachbarstadt: Der FCN hatte die Fürther angeschwärzt und behauptet, Gettinger sei im Ronhof aus einer schwarzen Kasse bezahlt worden, worauf der SpVgg zehn Punkte abgezogen wurden; später wurde die Strafe in eine Geldbuße umgewandelt.

Nach seiner Unterschrift beim FCN musste der torgefährliche Angreifer ein Jahr lang gesperrt zuschauen, ehe sich die beiden Vereine auf ein Stillhalteabkommen einigten: Bis zum Juli 1966 durfte kein Spieler mehr ohne die Zustimmung seiner Vorstandschaft die Seiten wechseln. Gettinger selbst brachte der Trikottausch kein Glück: Nach zwei Oberligajahren mit sieben Toren in 33 Partien zog er sich in der Bundesliga-Premierensaison bei der 0:2-Niederlage im Auswärtsspiel in Braunschweig am 7. Dezember 1963 einen komplizierten Beinbruch zu, der seiner Karriere mit nur 28 Jahren ein Ende setzte – ganz ohne Schlangenbiss.

Der Club ist ein Depp

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