Читать книгу BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil - Harm Peter Westermann - Страница 24
2. Funktionen
Оглавление25
Die Funktionen des Grundsatzes von Treu und Glauben sind vielschichtig. § 242 fordert Fairness im Rechtsverkehr ein[58] und kann als methodisches Instrument zur Verwirklichung der Gerechtigkeitsidee eingesetzt werden. Auf § 242 gestützt können rechtliche Befugnisse begründet werden. Man spricht insoweit von der Begründungsfunktion des § 242. In der Rechtsanwendung besonders häufig ist aber die Begrenzungsfunktion der Norm, die prima facie bestehende Befugnisse eben auch eingrenzen kann. Daneben kann § 242 zu konkreteren Anforderungen an die Leistungsmodalitäten führen. Insoweit kommt der Norm also auch Konkretisierungsfunktion zu.
26
§ 242 dient zudem als Einbruchsstelle für die Berücksichtigung höherrangiger Rechtsnormen wie dem Verfassungsrecht oder dem Unionsrecht. Die Norm ist deutlicher Ausdruck der Verbindung von Recht und Moral, weil der Begriff „Treu und Glauben“ als inhaltlich offene Generalklausel in der Praxis des Rechts auch unter Rückgriff auf moralische Wertungen ausgefüllt werden kann. So wird das Recht flexibel und entwicklungsoffen. Generalklauseln wie § 242 sind in hohem Maße dazu geeignet, das Schuldrecht fortzuentwickeln und es aktuellen Entwicklungen anzupassen. Das zeigt die Rechtsentwicklung im deutschen Schuldrecht deutlich: Auf § 242 gestützt hat die Rechtsprechung zentrale schuldrechtliche Institute entwickelt, die später gesetzlich geregelt wurden. Dazu gehören beispielsweise die Inhaltskontrolle bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 307 ff) und der Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313). Für die Anwendung dieser Normen ist die zuvor zu § 242 ergangene Rechtsprechung weiterhin nützlich.