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II.

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Das Schicksal der Volksdeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg war grausam. Das galt für Ost-Preußen, für Polen, für die Tschechoslowakei, aber auch für die Siebenbürger Sachsen in Rumänien. Alle Deutsche, ob sie in Deutschland gelebt hatten oder nicht, ob sie am Krieg teilgenommen hatten oder nicht, wurden kollektiv schuldig gesprochen, bloß weil sie Deutsch waren, weil sie deutsche Ahnen oder einen deutschen Pass hatten. Das war in Norwegen so. Das war in Polen, in der Tschechoslowakei, in England, Frankreich, in Rumänien und Russland so.

Arbeitsfähige Siebenbürger wurden in ukrainische Kohlenbergwerke deportiert und zu Zwangsarbeit verurteilt. Familien wurden zwangsevakuiert und in unfruchtbaren Gegenden angesiedelt. Bauern, Industrie- und Handelsunternehmen wurden enteignet. Kulturelles Vermögen wurde beschlagnahmt. Siebenbürger Sachsen, die im Ausland waren, hatten keine Einreiseerlaubnis, in ihre Heimat zurückzukommen. Siebenbürger Sachsen, die in Rumänien wohnten, durften nicht ausreisen.

Deutsche wurden evakuiert, deportiert, eingekerkert, ermordet, total enteignet, zu Zwangsarbeit und zur Flucht gezwungen. Ihre Bürgerrechte wurden ihnen entzogen. Deutsche waren Freiwild. Man konnte sie erschießen, ermorden, verschleppen und vergewaltigen. Hundert Millionen von Menschen wurden per Definition für nicht existent erklärt. Sie wurden mit einem Papierstrich in Jalta und Potsdam ermordet. Der Rest war Schlächterarbeit. Nicht einmal der Gerichtshof im Haag wagt, an diese ethnische Reinigung zu rühren. Sie ist zu groß. Sie ist zu umfassend. Sie überschreitet jeden Menschenverstand. Die Deutschen haben eben das gekriegt, was sie verdient hatten. Das ist die offizielle Version.

Recht ist ein artifizieller Begriff, der wie eine Seifenblase in der Luft zerplatz, sobald man die Machtstrukturen untersucht, die dahinter stehen. Der Internationale Gerichtshof im Haag befasst sich mit Serbien, Kroatien, Ruanda, aber die Kriegsgräuel an Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg wagt keiner aufzudecken. Man weckt keine schlafenden Hunde.

Wozu auch? Deutschland gab es nach dem Zweiten Weltkrieg nicht. Also gab es keine Deutschen. Also konnte es keine Kriegsverbrechen an Deutschen geben. Logik ist etwas Schönes.

.Als Onkel Hans in den fünfziger Jahren aus der russischen Gefangenschaft entlassen wurde, durfte er nicht nach Siebenbürgen zurückkehren. Darum ging er nach West-Deutschland. Hier irrte er herum. Er hatte keine Unterkunft, er hatte keine Arbeit, er hatte keine Einnahmen, kein Geld, keine Familie und keine Verwandten. Er hatte nichts zu essen.

Auf seiner Suche nach einer Überlebensmöglichkeit, kam er zu Tante Emilie. Ihm war erzählt worden, sie hätte ein Zimmer zu vermieten.

Tante Emilie hatte kein Zimmer zu vermieten. Tante Emilie arbeitete als Krankenschwester im Krankenhaus. Sie versorgte alleine ihre Mutter und einen Sohn. Der andere Sohn war beim Spielen mit Kriegsmaterial, das in Wäldern und Ruinen vergessen herumlag, in die Luft gesprengt worden. Tante Emilie hatte eigene Sorgen und genug Probleme, um ihre Familie durchzubringen. Tante Emilie konnte keine herum irrenden und heimatlosen Menschen bei sich aufnehmen. Fünfzehn Millionen Menschen, vielleicht auch mehr, lagen in Deutschland auf der Straße.

Als Tante Emilie den ausgehungerten Mann sah, sagte sie: „Ein Zimmer habe ich nicht, aber ein Butterbrot können sie von mir bekommen.“

Während Onkel Hans sein Butterbrot aß, schlief er vor Erschöpfung am Küchentisch ein. Diesen armen Menschen konnte Tante Emilie nicht wieder auf die Straße jagen. Onkel Hans blieb. Die erste Nacht schlief er auf einer Bank in der Küche. Die zweite Nacht schlief er in Tante Emilies Bett.

Weil Onkel Hans Einreiseverbot nach Rumänien hatte und weil seine Frau Rumänien nicht verlassen durfte, wurde die Ehescheidung ohne Probleme ausgesprochen und Onkel Hans heiratete Tante Emilie.

Tante Emilie hatte mit einem Holländer zwei Kinder bekommen, sie hatte sich aber in allen Jahren der deutschen Besetzung von Holland geweigert, diesen Mann zu heiraten. Mit Onkel Hans war sie über fünfundzwanzig Jahre lang glücklich verheiratet. Onkel Hans sagte, sie war eine phantastische Frau. Er habe niemals in seinem Leben eine so großartige Frau getroffen, auch nicht nach Tante Emilies Tod.

Onkel Hans war von Natur aus ein großzügiger Mensch, der vor Lebenslust überschäumte. Er hat im Laufe der Jahre seine Söhne, deren Familien und andere Verwandte aus Ceausescus Rumänien herausgeholt. Er hatte pro Person eine Kopfprämie von zwanzigtausend Mark bezahlen müssen. Der Menschenhandel ist ein Jahrtausend altes, lukratives Geschäft.

Die Bundesregierung hat den Siebenbürger Sachsen im Gebiet von Wiehl und auf der Drabenerhöhe Land zur Verfügung gestellt, wo sie sich Grundstücke erwearben und eigene Häuser bauen konntenten. Hier bekamen sie eine neue Heimat.

Silvaplana Blue III - Masken göttlicher Heiterkeit

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