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„Das Schicksal des Menschen ist der Mensch!“, sagte Schmalhans, während er vorsichtig das Tuch zurückschlug, das Klaas Hildebrandts toten Körper bedeckte. Er tat dies mit einer Pietät, die Verena an jenen Mann erinnerte, den sie auf einem ihrer Flohmarktstreifzüge einmal dabei beobachtet hatte, wie er ein in Tuch eingeschlagenes Triptychon ausgewickelt hatte – sachte und voller Respekt.

„Er hatte keine Chance“, fuhr Schmalhans fort. „Der Angriff muss ihn so unvermutet getroffen haben, dass er wahrscheinlich nicht einmal Zeit hatte zu überlegen, was da gerade mit ihm geschah.“

Er zeigte mit einem Stift, den er immer in der Hand hielt, wenn nicht gerade ein Skalpell oder eine Pall Mall seine Finger beschäftigte, auf eine kleine Einstichstelle am Hals des Toten.

„Hier verläuft die Halsschlagader, die Teile des Halses und vor allem den Kopf, sprich das Gehirn versorgt. Die Injektion wurde platziert gesetzt. Ich bin mir sicher, hier war jemand am Werk, der etwas von Anatomie versteht.“

Verena und Benno beugten ihre Köpfe über Hildebrandts Hals.

„Sieht ganz normal aus. Unspektakulär eigentlich“, sagte Benno.

Verena sah ihren Assistenten prüfend an. Seit er bei einer Leichenschau kollabiert und vor aller Augen ohnmächtig zu Boden gesunken war, hatte er sich nie mehr diese Blöße gegeben. Einzig der blasse Zug um die Nase verriet seine Verfassung.

„Es gibt keine Abwehrverletzungen. Sie sehen einen äußerlich unversehrten Körper. Bis auf den Einstich. Vermutlich wurde ihm eine Substanz injiziert, die ihn sehr schnell außer Gefecht gesetzt hat.“

„Wenn er nicht sofort tot war, hätte er flüchten oder nach Hilfe rufen oder sich gewehrt haben können?“

Aus den Augenwinkeln beobachtete Verena, wie Benno sich scheinbar unauffällig nach etwas umsah, worauf er sich setzen konnte.

„Die Analyse läuft noch. Gut möglich, dass es sich um einen Cocktail handelt aus einer schnell wirksamen Substanz und dem eigentlichen Gift. Die Untersuchung ist nicht einfach. Man kann nur finden, wonach man sucht. Das heißt, im Moment analysieren wir das Blut auf die gängigen Betäubungsmittel und Gifte, auf alles, was leicht zu beschaffen ist. Bei negativem Ergebnis weiten wir das Spektrum aus, bis wir fündig werden.“

Verena nickte.

Sie besah sich Hildebrandts Köper genauer, seine filigranen Hände, die kaum schwere Arbeit verrichtet haben konnten, seine weiße Haut, die nicht einmal die typische T-Shirt-Bräune aufwies, so als habe er das Tageslicht gemieden. Gelbe Verfärbungen an Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand verrieten seinen starken Zigarettenkonsum. Die schlaffe Körpermasse ließ darauf schließen, dass sich der Mann wenig bewegt hatte.

„Wann können wir frühestens mit einem Ergebnis rechnen?“

„Mit etwas Glück bald. Vielleicht aber auch erst in ein paar Monaten.“

„Haben Sie Alkohol im Blut gefunden? Oder Drogen?“, fragte Benno, der in lässiger Pose auf einem der breiten Fenstersimse saß. Das Fenster war gekippt.

„Nein.“

„Wie zum Teufel ist es dann möglich, einem erwachsenen Mann eine Injektion zu verpassen, und zwar platziert, ohne dass der sich wehrt?“ Verena hatte begonnen umherzugehen.

„Vielleicht war der Mörder dem Opfer im entscheidenden Moment so nah, ... körperlich meine ich, so nah, dass er ihm blitzschnell die Spritze verpassen konnte. Ein Überraschungsangriff“, sagte Verena.

„Konservieren Sie Ihre Gedanken. Fangen wir lieber an!“, sagte Schmalhans, zog einen Rollwagen zu sich heran, auf dem das Obduktionsbesteck lag, wählte ein Skalpell und nahm es in die Hand. „Ich werde den ersten Schnitt ... hier ansetzen.“

Und während Verena jeder seiner Handbewegungen folgte, winkte sie Benno zu sich her.

Mitgift

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