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ОглавлениеJeden Morgen um Punkt acht begegneten sich unter dem Vordach der Polizeidirektion ihre Blicke. Während Verena die fünf Stufen der Eingangstreppe bis zum Portal zurücklegte, starrten sie einander an. Wer von den beiden würde heute als Erster die Augen niederschlagen? Verena tippte auf Willsch. Alles sprach für ihn. Willsch, der keinen Funken Ehrgeiz hatte, der kontinuierlich daran arbeitete, nicht weiterzukommen. Dieser Mangel besetzte die gesamte Wassersäule seines Wesens.
Breitbeinig, als könne er so seinen Körper im Lot halten, stand er da, die Kippe in der Hohlhand. Zigarettenqualm kroch an seinem Arm empor.
Ganz im Einklang mit seinem Kollegen war Wagner im Vermeiden von beruflichem Vorwärtskommen gleichfalls erfolgreich. Nicht dass er eine Beförderung nicht zu schätzen gewusst hätte. Ein besseres Gehalt. Einen größeren Wagen. Doch seine Angewohnheit, die Lorbeeren anderer als die seinen zu betrachten, hatte ihn in null Komma nichts bei seinen Kollegen unbeliebt gemacht.
Wagner, der sich gerade an einer aufgerauchten Zigarette die nächste anzündete, hatte einmal seiner Chefin noch zwischen die Augen gestarrt, als ihre Schuhspitze schon die fünfte Treppenstufe berührt hatte. Im letzten Moment war ihm wieder eingefallen, wo sein Platz war.
Jeden Morgen um Punkt acht stand ein Becher mit heißem Kaffee auf Verenas Schreibtisch. Benno Andres, seit fünf Jahren ihr Assistent und mit der Zeit unverzichtbar geworden, tat das freiwillig. Er ließ es sich nicht nehmen. Ihn musste sie nicht anstarren.
„Der Chef will Sie sehen“, sagte Benno, ohne den Blick vom Monitor zu nehmen. Obwohl Verena ihm längst das Du angeboten hatte, siezte er seine Chefin nach wie vor. Auch das ließ er sich nicht nehmen. Seine Finger flogen in rasanter Geschwindigkeit über die Tastatur. Trotz der herrschenden Hitze trug er Hemd und Krawatte. Das farblich abgestimmte Jackett hing über der Stuhllehne.
„Hat er gesagt, worum’s geht?“
„Nee.“
Verena nahm ihre Umhängetasche von der Schulter und stellte sie auf ihren Schreibtisch. Ruben, der sich jeden Kommentar dazu verbat, dass er in einer Handtasche wohnte, sprang aus dieser heraus und lief über die beiden zusammengestellten Schreibtische zu Benno hinüber, um ihn zu begrüßen.
„Hat er sich das selber ausgesucht?“, fragte Benno und meinte damit Rubens T-Shirt in den Farben Tannengrün, Himmelblau, Rubinrot und leuchtend Gelb. „Das ist abschreckender als zehn Flohhalsbänder. Außerdem haben wir draußen an die 30 Grad.“
„Nackthunde haben nun mal kein Fell. Man muss ihnen eines simulieren. Und als Quasi-Azteke ist er ganz andere Temperaturen gewöhnt. Ich bin bei Meininger.“
Verena verließ das Büro und ging ein Stockwerk höher.
‚Vielleicht hat er ja endlich über meinen Vorschlag nachgedacht, Willsch und Wagner in eine andere Abteilung zu versetzen’, dachte Verena, während sie über den Flur auf das Büro ihres Chefs zusteuerte. Andererseits, seit Meininger mit seiner Frau in einen Scheidungskrieg verwickelt war, bei dem beide Parteien in der Wahl ihrer Waffen alles andere als zimperlich waren, war er zu nichts mehr zu gebrauchen. War sein Umgang mit Kollegen und Untergebenen bisher von Wohlwollen und Loyalität geprägt, so hatte er sich seit der Scheidungssache zum reinsten Misanthropen gewandelt.,Seine Frau muss ihm ganz schön zugesetzt haben‘, überlegte Verena., Was sonst könnte sein Menschenbild derart erschüttert haben?‘ Auch ließ er sich kaum noch blicken. Außer morgens, wenn er das Gebäude der Direktion betrat, und abends, wenn er es wieder verließ, sah man ihn nur noch selten. Hinter vorgehaltener Hand nannte man ihn bereits den Yeti.
Verena klopfte an und trat ein.
„Da sind Sie ja“, sagte Meininger und bedeutete ihr mit einer Armbewegung, auf dem Besucherstuhl Platz zu nehmen. Er saß mit dem Rücken zum Fenster. Sein Mahagonischreibtisch, der glänzte wie ein frisch polierter Daimler, war bis auf eine dünne Mappe wie leer gefegt.
„Das hier lag heute Morgen in der Post“, begann er ohne Umschweife, als Verena sich gesetzt hatte. Er war kein Freund von unnötigen Einleitungen. Er legte ein Blatt Papier vor Verena auf den Tisch.
„Ein anonymer Brief. Lesen Sie selbst“, fuhr er fort, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
Der Brief begann ohne Anrede und kam direkt zur Sache:
Es geht um das Alten- und Pflegeheim Haus Neckartal in Pfullingen. Ich arbeite dort. In letzter Zeit häufen sich dort Todesfälle. Ich nenne Ihnen konkret drei Namen, damit Sie mein Schreiben nicht gleich in einer Schublade verschwinden lassen: Emilie Pfister, 89 Jahre, Adolf Merkle, 88 Jahre, Sibylle Ahrweiler, 78 Jahre. Schauen Sie sich die Totenscheine genau an!
Bitte haben Sie Verständnis, dass ich lieber anonym bleibe. Aber ich will meinen Job nicht verlieren.
Jemand, der besorgt ist.
Verena betrachtete das Schreiben von allen Seiten. Ein weißes Blatt Papier, zweimal gefaltet auf ein Drittel. Kein Datum, kein Adressat oder Absender. Nur der Text. Geschrieben an einem Computer, ausgedruckt auf einem Tintenstrahldrucker. Wehmütig dachte Verena an die Zeiten, als man Täter noch anhand ihrer Schreibmaschinen überführen konnte.
„Wo ist der Umschlag?“, fragte sie.
Meininger nahm ein Kuvert aus seiner Mappe und schob es Verena über den Tisch. DIN lang mit Sichtfenster. Keine Briefmarke. Neben dem Fenster stand in dicken, schwarzen Buchstaben: An die Polizeidirektion Reutlingen. Und darunter in etwas kleinerer Schrift: und an das Landespolizeipräsidium Stuttgart. Verena hob die Augenbrauen. Da wollte aber jemand sichergehen.
„Ich möchte, dass Sie sich dort einmal umsehen“, sagte Meininger.
„Aber solche Schreiben bekommen wir dutzendfach ...“
„Spricht irgendetwas dagegen? Ein dringender Fall vielleicht?“
„Nein. Aber was antwortet wohl die Heimleitung auf meine Frage ‚Können Sie mir bestätigen, dass es in Ihrem Haus in letzter Zeit häufiger ungeklärte Todesfälle gab?‘“
„Dann stellen Sie sich halt geschickter an.“
„Wir haben ganze Ordner voll mit solchen Briefen“, entgegnete Verena. „Sollen wir jetzt alle ...“
„Eins nach dem anderen!“, fiel Meininger ihr ins Wort. Seine Miene war unmissverständlich. „Außerdem ...“, er schob die Mappe, die vor ihm lag, noch weiter zu sich her und richtete sie an der Tischkante aus, „... soll nicht der Eindruck entstehen, wir würden uns nicht auch um die Alten und Schwachen in unserer Gesellschaft kümmern.“
Aber Verena hatte ihren Chef durchschaut. Mitnichten lagen ihm die Alten und Schwachen in unserer Gesellschaft am Herzen. Allein die Tatsache, dass der Brief nachrichtlich an das Präsidium Stuttgart geschickt worden war, an seine oberste Dienststelle, machte ihm Feuer unterm Hintern.
Sie seufzte.
„Ich kümmere mich darum“, sagte sie und wollte sich erheben, als Meininger fortfuhr:
„Da ist noch etwas.“
Verena sank auf ihren Stuhl zurück.
„Anfang September findet in Straßburg ein Kriminologenkongress statt. Ich möchte, dass Sie hinfahren. Es kann nicht schaden, ab und zu über den Tellerrand der polizeilichen Routinearbeit hinauszuschauen.“ Er betrachtete seine Fingerspitzen. „Und unserem Ruf kann’s auch nicht schaden. Zu zwei Themen können noch Abstracts eingereicht werden.“
‚Auch das noch!’ Verena stöhnte innerlich auf.
„Freizeit und Kriminalität bei Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund. Oder, wenn Ihnen das besser gefällt: Auch Frauen sind zu allem fähig. Die weibliche Gewalt. Ich erwarte Ihr Manuskript in 14 Tagen.“
Punkt. Keine Diskussion.
Verena wollte wenigstens in eigener Sache einen Sieg nach Hause tragen.
„Hatten Sie schon Zeit, sich um ... meine Angelegenheit zu kümmern?“, fragte sie.
Meininger machte eine abwehrende Handbewegung. „Das muss warten. Es gibt im Moment Wichtigeres, als die Abteilung durch unnötige Versetzungen durcheinanderzubringen.“
Verena gab auf. Mit ihm war zurzeit nicht zu spaßen. Sie stand auf, bedachte ihren Chef mit einem Nicken und verließ sein Büro.
‚Er muss ziemlichen Druck bekommen’, dachte sie, als sie über den Flur auf die Treppe zuging. ‚Und zwar von ganz oben.’
Schon länger wurde gemunkelt, dass Meiningers derzeitiger desolater Führungsstil bis nach Stuttgart durchgesickert war. Es hieß, er habe schon beim Landeskriminaldirektor vorsprechen müssen, wenn nicht sogar beim Landespolizeipräsidenten (so spezifisch war das Gerücht dann doch nicht). Schwer zu sagen, ob an der Sache was dran war, und wer solche Legenden überhaupt in die Welt setzte. Dessen ungeachtet, stand für Verena fest, dass das übertriebene Interesse an dem anonymen Brief Ausdruck seines selbst auferlegten Erfolgsdrucks war, angestachelt durch die „Aufmunterung“ seiner Vorgesetzten in Stuttgart. Warum sonst setzte er sie auf eine Sache an, für die er normalerweise höchstens einen Uniformierten genommen hätte, wenn das Schreiben nicht sogar im Irrgarten behördlicher Instanzen verschwunden wäre.
Zurück im Büro, ließ sie sich in ihren Stuhl fallen.
„Auch Frauen sind zu allem fähig. Die weibliche Gewalt! Was fällt dir dazu ein, Benno?“
„Kleine Hunde in quietschbunter Strickware.“
Der Radiergummi traf ihn am Kinn. „Wie wär’s mit: Der malträtierte Assistent. Wenn weibliche Gewalt eskaliert ...!“, rief Benno und rieb sich das Kinn. „Was gab’s beim Chef?“
„Das hier.“ Verena schob ihm das anonyme Schreiben zu.
„Wir sollen der Sache also nachgehen?“, fragte Benno, als er es gelesen hatte.
„Richtig. Und wir sollen uns geschickt anstellen.“
„Geschickt anstellen?“
„Ich habe auch schon einen Plan.“
„Na, da bin ich aber gespannt.“ Benno lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust, als habe er die Geste mit Meininger abgesprochen.
„Eins darf man natürlich nicht: mit der Tür ins Haus fallen“, begann Verena.
Benno nickte.
„Für den Anfang wäre es ausreichend, einen ... sagen wir mal ... ungestörten Blick in die Krankenakten zu werfen.“
„Und was hoffen Sie, da zu lesen? Habe gerade Frau Lämmle die zehnfache Dosis Insulin verabreicht. Unterschrift Schwester Gabi.“
„Bisheriger Gesundheitszustand, Krankheitsverlauf, Todesbescheinigung und so weiter.“
„Und was stellen Sie sich unter ungestört vor?“
„Hast du nicht nach dem Abitur deinen Zivildienst in einer psychiatrischen Klinik gemacht?“
„In Bad Schussenried, genau. Ich muss sagen, das war eine interessante ...“ Benno stockte. „Moment mal, Chefin, das ist ja wohl nicht Ihr Ernst“, sagte er empört.
„Die beste Methode, an Informationen zu kommen, ohne viel Staub aufzuwirbeln. Als Pfleger hast du optimale Möglichkeiten, dir ungestört ein Bild zu machen. Vielleicht kriegst du raus, wer der anonyme Briefschreiber ist.“
Noch bevor Benno seinen nächsten Widerspruch formulieren konnte, klingelte das Telefon. Er nahm ab, nicht ohne vorher seiner Chefin einen Blick zuzuwerfen, der besagte, dass sie ihren Plan gleich wieder vergessen konnte. Während er den Hörer an sein Ohr hielt, nickte er ein paar Mal, schrieb eine Adresse auf einen Zettel und legte auf.
„Es gibt Arbeit“, sagte er. „In der Klopstockstraße. Ein Toter unter einem Holunderbusch.“
Sie fuhren in Verenas Käfer auf der Tübinger Straße Richtung Betzingen. Das Gebläse lief auf vollen Touren und machte einen Lärm wie das Triebwerk eines Düsenjets. Verena richtete den Luftstrom, der nach Abgasen stank, auf ihr Gesicht. Es war zum Verrücktwerden heiß.
„Wann werden Sie ihn endlich an ein anderes Auto gewöhnen!“, rief Benno und warf einen vorwurfsvollen Blick nach hinten, wo Ruben auf der Rückbank saß. „Wir könnten einen Dienstwagen fahren. Mit Klimaanlage.“
„Es ist noch zu früh. Er hat das Trauma mit der alten Bertha noch nicht verarbeitet. Soll ich ihn da mit einer neuen Geschichte belasten?“
„Sie wissen doch gar nicht, wie diese Bertha ihn ...“
„Mir reicht, was ich gesehen habe.“
Ruben, der es besser fand, klug zu schweigen, wenn die Gespräche um ihn kreisten, hatte seinen Kopf auf die Vorderpfoten gelegt. Seine Ohren bewegten sich wie Antennen zwischen Verena und Benno hin und her.
In der Klopstockstraße parkte Verena zwischen zwei Streifenwagen. Beim Geräusch der Handbremse sprang Ruben in die Handtasche, die neben ihm auf der Rückbank lag. Sein kleiner Körper verschwand bis auf Brustkorbhöhe darin.
„Da vorne links müsste es sein“, sagte Benno, als sie ausgestiegen waren und sich umschauten. Verena nahm die Tasche vom Rücksitz und hängte sie über die Schulter.
Sie gingen auf ein Mehrfamilienhaus zu, von denen es in dieser Gegend Dutzende gab, nicht zu groß, maximal acht Parteien, von gepflegten Grünanlagen umgeben. Sie schlüpften unter dem rot-weißen Absperrband durch und überquerten den Rasen vor dem Haus mit der Nummer 64. Dann entdeckten sie Dr. Schmalhans, der sich unter den Zweigen eines Holunderbusches über einen leblosen Körper beugte.
„Morgen, Doc, haben Sie schon was für uns?“, fragte Verena, als sie ihn erreicht hatten.
Schmalhans richtete sich auf. „Grüß Gott, mit’nander“, sagte er, schaute auf die Uhr und stellte seine Berechnungen an: „Er ist seit mindestens sechs bis acht Stunden tot. Äußere Verletzungen kann ich auf den ersten Blick nicht finden.“
„Man kann nicht behaupten, dass das ein perfektes Versteck für eine Leiche ist“, sagte Verena.
„Aber gut genug, dass er erst vier Stunden nach Sonnenaufgang entdeckt wurde“, meinte Benno. „Wer hat ihn gefunden?“
„Der Hausmeister“, antwortete ein Uniformierter, der bisher geschwiegen hatte. „Er steht unter Schock.“ Mit einer Kopfbewegung zeigte er auf den Krankenwagen, der mit offenen Türen am Straßenrand stand.
Ein anderer Streifenpolizist, um einiges jünger, hatte Mühe, die Schaulustigen auf Abstand zu halten. Nur zäh bewegten sie sich hinter das Absperrband.
Verena ging neben dem Toten in die Hocke. Er trug Jeans und ein abgewetztes Jackett. Seine Sandalen baumelten an den nackten Füßen.
„Wie er so daliegt. Wie weggeworfen“, sagte Benno, der jetzt neben Verena kniete.
„Vielleicht hatte er einen Herzinfarkt. Oder einen Kreislaufkollaps“, entgegnete Verena.
„Unter dem Holunderbusch!“ Benno schaute seine Chefin streng an.
Schmalhans, der mit routinierten Bewegungen die Taschen des Toten durchsuchte, fuhr fort: „Er ist von dort ...“, er zeigte auf den mit Steinplatten sporadisch markierten Fußweg, „... bis hierher geschleift worden. Die Spuren sind noch gut zu erkennen.“
Er begann, die Taschen des Toten zu leeren: fünf verschiedenfarbige Kugelschreiber, eine Tesafilmrolle, ein Dutzend Büroklammern, ein Schraubenzieher mit gelbem Griff, ein Karabinerhaken, eine Handvoll Visitenkarten, Nasenspray, ein Schlüsselbund, Hosenbeinklammern, ein Schweizer Klappmesser, eine Brieftasche und ein Handy.
„Seine Wohnung dürfte leer sein. Er hat alles mit sich herumgetragen“, sagte Benno, der einen Plastikbeutel aufhielt, in den Schmalhans die Habseligkeiten des Toten fallen ließ. Die Brieftasche gab er Verena, das Handy drückte er Benno in die Hand.
Verena öffnete das Portemonnaie. Es schien nichts zu fehlen: Personalausweis, Führerschein, Scheck- und Kreditkarten, acht Euro in Münzen und ein Presseausweis.
„Klaas Hildebrandt. Journalist bei der Lokalzeitung ...“ Verena drehte die Karte um: „Kulturredaktion.“
„Scheint ungern telefoniert zu haben“, sagte Benno, nachdem er die Anruferliste durchgecheckt hatte. „Und zuletzt telefoniert hat er mit jemandem aus dem Reutlinger Festnetz. Seine Redaktion vermutlich.“ Er verglich die Nummer mit der auf der Visitenkarte und nickte. „Um zehn nach halb elf. Reichlich spät für ein Dienstgespräch.“ Damit ließ er das Handy in eine Plastiktüte fallen und gab es Verena, die es vorsichtig in ihre Tasche steckte. Ruben rührte sich nicht. Er schlief.
„Erste Vermutungen zur Todesursache?“, fragte Verena.
„Mit Vermutungen werden Sie nichts anfangen können“, entgegnete Schmalhans. „Aber hier ... hier ist etwas ...“ Er zeigte auf eine Stelle am Hals des Toten, die aussah wie ein harmloser Mückenstich. „Möglicherweise eine Einstichstelle. Kann aber auch von einem Insekt stammen. Mit Gewissheit kann ich nur sagen, dass der Tod vor etwa sechs bis acht Stunden eingetreten ist. Später mehr!“
Schmalhans schloss seine Tasche und ging mit einem „Ade mit’nander“ davon.
Und während Benno sich auf den Weg machte, die Nachbarschaft zu befragen, fotografierte Verena mit ihrem Handy unauffällig die Schaulustigen hinter den Absperrbändern, die sich mit allem, was sich dazu eignete, Luft zufächerten. Sprudelflaschen machten die Runde.
,Jedenfalls war’s das erst mal mit dem Altenheim‘, dachte Verena, als plötzlich das Handy des Toten klingelte. Ruben fuhr auf und blinzelte verstört. Verena nahm es aus der Tasche: keine Nummer auf dem Display.
„Ja bitte“, sagte sie, ohne das Telefon aus der Tüte herausgeholt zu haben. Das Plastik raschelte an ihrem Ohr. Und nach wenigen Augenblicken hörte sie, wie die Verbindung unterbrochen wurde.