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2.2 Geschichte

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Im Allgemeinen wird die Entstehung der Untertitel aus den ZwischentitelnZwischentitel der StummfilmeStummfilm abgeleitet. Allerdings gibt es zwischen beiden Erscheinungen erhebliche Unterschiede. Zwischentitel stehen normalerweise weiß auf schwarz, zwischen einzelnen Filmszenen. Logischerweise können sie im Stummfilm nicht mit einer Tonspur konkurrieren.

Stummfilme mit Zwischentiteln sind hervorragend geeignet für eine internationale Verbreitung. Die Zwischentitel kann man übersetzen, die entsprechenden Filmabschnitte einfach herausschneiden und dann durch die übersetzten Abschnitte ersetzen. Bei Stummfilmen geht man überdies oft davon aus, dass sie global verstanden werden.

Mal kurz nachdenken … das ist nicht ganz korrekt. Wo könnte es Missverständnisse geben?

Viele Elemente der Mimik sind über Grenzen und Kulturen hinweg gleich. Aber schon Gesten können kulturspezifischkulturspezifisch sein, ebenso wie andere Verhaltenselemente. All das kann zu Missverständnissen und Fehlinterpretationen führen.

Mit den Tonfilmen verschwanden die Zwischentitel; sie werden höchstens noch aus künstlerischen Erwägungen eingesetzt wie im StummfilmJuhaJuha von Aki Kaurismäki (Finnland 1999).

Im Stummfilm gab es auch schon Untertitel im Bild selbst, und zwar in Frankreich. Hier wird immer wieder der Film Mireille von 1922 zitiert (z. B. Ivarsson / Carroll 1998: 9), doch wie Nagel nach gründlicher Recherche bemerkt, ist dieser Film nicht aufzufinden (Nagel 2009: 27).

Die Zuschauer waren nicht alle begeistert von Untertiteln:

Die ersten Tonfilme waren natürlich amerikanische Filme: Der erste Film, der in Berlin gezeigt wurde, war The Singing FoolThe Singing Fool und der lief im Original. Man hat dann probiert, Untertitel zu machen, das wurde aber von den Kritikern sehr schnell verworfen: Das sei viel zu anstrengend, gleichzeitig zu hören und zu lesen. (Drößler in Metz / Seeßlen 2009)

Technisch hat sich, wie oben erwähnt, die Erstellung von Untertiteln deutlich vereinfacht. Früher wurden verschiedene Verfahren angewandt, um die Untertitel direkt in den Film zu brennen. Man nutzte Chemikalien oder Hitze.1 Diese Verfahren ließen sich allerdings nicht ohne weiteres auf FernsehsendungenFernsehsendung übertragen, so dass dort nach neuen Wegen gesucht werden musste. In diesem Rahmen wurden auch die ersten Untertitel-Generatoren entwickelt, die allerdings noch sehr kompliziert und teuer waren. Erst die Arbeit mit TimecodesTimecode und mit dem VideotextVideotext-System sowie die Möglichkeit, Untertitelungssysteme auf einem PC zu installieren, führte zu den präzisen Untertiteln, die wir heute kennen (Ivarsson und Carroll 1998: 20-27). Durch das Fernsehen sind wir inzwischen auch an mehrfarbige UntertitelUntertitelmehrfarbige Untertitel für Gehörlose und Hörgeschädigte gewöhnt (siehe dort).

Auch die EinEinstiegszeit- und AusstiegszeitenAusstiegszeit der Untertitel kann man heute digital festlegen. Früher geschah das über das so genannte Pre-timingPre-timing und eine MasterlistMasterlist, auf der das OriginaldrehbuchDrehbuch und die Ein- und Auszeiten angegeben waren (ein Beispiel findet sich in Ivarsson / Carroll 1998: 54-57). Das bedeutete, dass ein Techniker sich den Originalfilm ansah und die Ein- und Auszeiten der Dialoge notierte. Kenntnisse der Originalsprache benötigte er dabei nicht. Alternativ wurde das EinzelbildEinzelbild, bei dem der Untertitel einsetzt oder aufhört, mit einer Markierung auf der Filmrolle versehen (Hinderer 2009: 377). Die Zeit dazwischen wurde berechnet, und nach dieser Zeit wurde festgelegt, wie lang die Untertitel werden durften. Der Untertitler bekam das DialogbuchDialogbuch und diese Zeitliste und musste nun eine für die Untertitelung geeignete Übersetzung anfertigen. Oft bekam er den Film nicht einmal zu sehen. Der Übersetzer übersetzte, und der fertige Text wurde wiederum von einem Techniker oder einer Sekretärin eingegeben (vgl. Nagel 2009: 86 und Ivarsson / Carroll 1998: 11). Die Untertitel wurden dann weiterbearbeitet.

Bevor es digitale UntertitelUntertiteldigitale Untertitel gab, die man nach Belieben ein- und ausblenden kann, gab es auch keine Möglichkeit, die Untertitel einfach mit einer beliebigen DialogspurDialogspur in einer beliebigen anderen Sprache zu kombinieren. Der Film wurde mit einer Tonspur und einer einzigen dazugehörigen Untertitelversion geliefert. Heute kann man auf DVDs und oft auch im Internet im Prinzip jede vorhandene Tonspur mit jeder vorhandenen UntertitelspurUntertitelspur kombinieren. UntertitelungsprogrammeUntertitelungsprogramm speichern die Untertitel als separate Datei, unabhängig vom Film. Das spart auch Speicherplatz.

In den 1990er Jahren veränderte sich das Bild des reinen Synchronisationslandes Deutschland. Dies lag vor allem an wirtschaftlichen Erwägungen. Nagel erwähnt die Problematik von Fördergeldern für Festivals und auch die dort entstehenden Kosten, die dazu führen, dass auf Festivals überdurchschnittlich oft untertitelt wird (Nagel 2009: 35). Schließlich kostet eine SynchronisationSynchronisation deutlich mehr als eine Untertitelung. Mit einer untertitelten Fassung kann man auch im Fernsehen einen Probelauf wagen, bevor man Geld in die Synchronfassung steckt. Die Übersetzer werden aber auch hier schlecht bezahlt:

DVDs mit Untertiteln in zehn Sprachen werden von US-amerikanischen Firmen produziert, die Freiberufler in aller Welt zu Spotthonoraren beauftragen. Lektorat: wozu?, denkt man sich dort. Sauberes Timing, also ein den jeweiligen Sprachstrukturen, Textmengen und Schnitten angepasstes Ein- und Ausblenden der Untertitel, das die Übersetzung erst lesbar macht: Fehlanzeige … Das Ganze einmal in Zahlen ausgedrückt: Statt einer wie früher und bei manchen Auftraggebern immer noch üblichen Preisspanne von zehn bis fünfzehn Euro pro Filmminute bezahlen die großen deutschen Untertitelungsfirmen in der Regel nur noch fünf bis sechs Euro. Und Agenturen aus dem Ausland suchen Übersetzer, die den Job für umgerechnet 1,70 Euro übernehmen. (Püschel 2013)2

Wenn Sie nachher selbst untertiteln, werden Sie sehen, wie viele Untertitel in eine Filmminute passen. Es sind mehr als man erwartet.

Suchen Sie im Internet nach deutschsprachigen Untertitelungsfirmen. Welche Dienstleistungen bieten sie an, wie unterscheiden sie sich? Suchen Sie dann nach Untertitelungsfirmen in den Ländern Ihrer B- und C-Sprache. Wie sieht dort der Markt für Untertitelungen aus?

1. Auf welchen Sendern findet man heute die meisten untertitelten Sendungen? Woran mag das liegen? Welche Ausgangssprachen werden im deutschen Fernsehen untertitelt?

Leider gibt es zum Thema Untertitelung nicht die große Menge an bunten Anekdoten, wie sie zu den Themen Synchronisation und Filmdolmetschen existieren.

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