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2.3.2 Spotting und Splitting

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Vor der Digitalisierung war die Untertitelung ein extrem arbeitsteiliger Prozess. Beinahe jeder Schritt benötigte einen spezialisierten Fachmann, meist einen Techniker. Das hat sich mit der digitalen Untertitelung und den heutigen Untertitelungsprogrammen verändert; zumindest bietet sie Möglichkeiten zu einer solchen Veränderung. Diese Programme werden immer komfortabler und benutzerfreundlicher, man kann sich auch ohne Anleitung schnell in ihre Bedienung einarbeiten, und so ist die Beherrschung eines Untertitelungsprogramms keine Fertigkeit mehr, für die man eigens Techniker ausbildet. Oft führt der Übersetzer alle Arbeitsschritte beim Untertiteln selbst aus. Es gibt aber auch heute noch Formen der Arbeitsteilung beim Untertiteln.

Für die Untertitelung muss der Film zunächst gespottet werden. Unter Spotten oder SpottingSpotting versteht man, dass Anfang und Ende jeglicher Äußerung im Film markiert wird, um festzulegen, wann Untertitel ein- und wieder ausgeblendet werden können. Zur Wiederholung noch einmal kurz ein Timecode-Beispiel: 01:24:57:02. Wenn Sie das nicht mehr aufschlüsseln können, schauen Sie in Kapitel 1.5.4 nach.

Heute nehmen Übersetzer das Spotting in vielen Fällen selbst vor, doch auch hier hat sich eine Form der Arbeitsteilung durchgesetzt, die Arbeit mit sogenannten TemplatesTemplate, manchmal auch als Master SubtitlesMaster Subtitles bezeichnet. Templates stellen ein vorgegebenes Spotting dar; jemand (in manchen Firmen auch ein Übersetzer) spottet den Film auf der Basis der Originalfassung (vgl. auch Nagel 2009: 88). Wenn es schnell gehen muss, werden diese Templates für sämtliche Untertitel-Sprachversionen genutzt, oft bei StreamingdienstenStreamingdienst.

2. Welche Probleme treten hier auf?

Es ist außerdem üblich, dass bei Templates nur mit einer Textdatei gearbeitet wird, nicht mit einer Filmdatei (Nagel 2009: 88). Es kann sich dabei um eine Untertitel-Textdatei handeln (für Untertitel gibt es spezielle Dateiformate), die jetzt von dem Untertitler in einer anderen Zielsprache überschrieben wird.

In seriösen Firmen werden manchmal ebenfalls Templates genutzt, die Filme werden dann aber nachgespottet, problematische Stellen werden optimiert. Einen so idyllischen Arbeitsablauf, wie Nagel ihn noch 2009 beschreibt, hat heute niemand mehr. Damals war es noch möglich, den Film mehrmals anzusehen und später die Untertitel als Ausdruck zu korrigieren (Nagel 2009: 88-89). Dazu fehlt heute meist die Zeit.

Je nachdem, welche Arbeitsaufgaben überhaupt nötig sind, können in größeren Firmen die Aufgaben bei der Untertitelung selbst unterschiedlich aussehen:

Falls ein Skript / LibrettoLibretto vorliegt, kann man die UT direkt daraus erstellen. Entweder verteilt jemand aus dem Team den Skripttext auf xls-Zeilen, die man als einzelne UT in die UT-Software importieren kann. Das Spotting findet erst nach diesem Arbeitsschritt statt. Oft muss man die UT direkt auf Basis der Audiospur erstellen. In diesem Fall spottet man, schreibt den UT, spottet, schreibt den UT … (Diverse Praxisvertreterinnen)

Sehen Sie sich einen untertitelten Film an! Fängt das Spotting immer mit der Lautäußerung an und hört mit ihr auf? Wie sind die Untertitel verteilt? Wenn Sie eine DVD benutzen: Sind die Untertitel mit einem Template erstellt?

Mal kurz nachdenken … Es gibt eine TextsorteTextsorte in Filmen, bei der man sehr gut mit Templates arbeiten kann.

Bei SongsLiedSong ist der RhythmusRhythmus vorgegeben. Die StandzeitenStandzeit sind meist an die einzelnen Zeilen des Songs angepasst und die Untertitel bleiben stehen, bis diese Zeilen gesungen sind.

Nach Reid (angeführt in Gottlieb 2002: 203 und Nagel 2009: 55) gibt es drei Formen der SegmentierungSegmentierung, nach denen Untertitel gestaltet und damit auch gespottet werden können. Zunächst gibt es die grammatische Segmentierunggrammatische SegmentierungSegmentierunggrammatische Segmentierung, die von den semantischen Einheiten des Dialogs abhängt. Probleme mit KürzungenKürzung, wie sie weiter unten angesprochen werden, haben meist mit dieser Form der Segmentierung zu tun. Es geht um den Transfer von Sinneinheiten.

Die zweite Form der Segmentierung, die rhetorische Segmentierungrhetorische SegmentierungSegmentierungrhetorische Segmentierung, bezieht sich auf den Sprachrhythmus. Hier werden die Untertitel den natürlichen Sprechpausen angepasst. Nach Reid ist diese Form der Untertitelung die bevorzugte. Das ergibt auch Sinn, denn der Zuschauer nimmt die rhetorische Segmentierung des Dialogs unweigerlich wahr, während er die Untertitel liest, und ordnet den Lesetext entsprechend dem gesprochenen Text zu.

Die dritte Form der Segmentierung, die visuelle Segmentierungvisuelle SegmentierungSegmentierungvisuelle Segmentierung, wird von BildschnittBildschnitt und KamerabewegungKamerabewegung vorgegeben. Dazu gehört die weiter oben angesprochene Frage, ob Untertitel über einen Schnitt hinaus stehenbleiben dürfen.

Beim SpottingSpotting müssen bestimmte Regeln eingehalten werden. So gab die Firma digim – Digital Images 2010 folgende Richtlinien vor:

3 FramesFrame Pause (mind.) zwischen den UTs. Je nach Filmtempo sind auch 2 oder 4 möglich.

Wenn möglich, UT mit einem SchnittSchnitt ausblenden (TC-out [Timecode-out] beim ersten Frame nach dem Schnitt). Allerdings nicht unnötig in die Länge ziehen.

Wenn Sprechakt bis zu 5 Frames vor dem Schnitt beginnt, erst ab Schnitt einblenden, ansonsten ab dem ersten Sprechton.

Ausblenden: spätestens zum Ende des Sprechakts. Länger stehen lassen: nur wenn nicht genug Zeit zum Lesen war.

Grob kann man sagen, dass ein Wort mindestens 1:10 (sek:frames) steht, eine Zeile ca. zwei Sekunden und zwei Zeilen ca. vier Sekunden.

Viele Firmen legen den Ein- und Ausstieg bei Untertiteln allerdings heute auf den Schnitt, wann auch immer das möglich ist, doch sonst hat sich nichts verändert. Manche Firmen haben nach wie vor ihre eigenen Richtlinien, die Rundfunkanstalten in Deutschland haben gemeinsame Regeln, aber alle unterscheiden sich nicht wesentlich von den hier angeführten. Der ESIST Code of Good Subtitling Practice im Anhang zu diesem Kapitel enthält ebenfalls Informationen zum Spotting. Heute muss man höchstens damit rechnen, dass man im Laufe eines Untertitlerlebens mit einer Vielzahl von Richtlinien konfrontiert wird, die sich nur minimal unterscheiden.

Die StandzeitStandzeit der Untertitel, also der Zeitraum, für den ein einzelner Untertitel auf dem Bildschirm erscheint, gilt bei allen Untertitelungsfirmen als wichtig, wird aber auf Kundenwunsch angepasst. Typische Standzeiten kann man so berechnen:

For example, a subtitle containing 32 characters will be shown for three seconds. The presentation rate is therefore 10 characters, or about two words, per second. At an average speech rate, a little more than two words can be spoken per second. In most cases, therefore, the text has to be condensed. (Koolstra et al. 2003: 5)

Mal kurz nachdenken … Was passiert, wenn die Standzeit zu kurz ist? Das ist vermutlich klar. Aber was passiert, wenn die Standzeit zu lang ist?

Wenn die Standzeit zu kurz ist, bekommt man nur den halben Untertitel mit. Wenn Untertitel zu lange stehen bleiben, fängt man an, sie immer wieder zu lesen. Andererseits schaut man bei einem Film nicht nur auf die Untertitel, sondern idealiter auch auf das Filmbild. Daher ist die LesegeschwindigkeitLesegeschwindigkeit langsamer als bei einem normalen Text (Ivarsson und Carroll 1998: 64; zur Leseproblematik insgesamt zusammenfassend Nagel 2009: 60-64). In manchen Untertitelungsländern wird bei der Untertitelung auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen Rücksicht genommen. So gibt es Untertitel mit längerer Standzeit für Programme, die für ältere Zuschauer gedacht sind (Ivarsson 1992: 44). Wichtig ist auch eine ausreichende Pause zwischen zwei Untertiteln, wie oben in den Richtlinien angegeben. Bei einem fortlaufenden Monolog dürfen die Pausen sehr kurz sein (vgl. Nagel 2009: 92), bei anderen Darstellungsformen länger. Künzlis Untersuchung zur Lesbarkeit von Untertiteln zeigt, dass Untertitel keine so lange Standzeit benötigen und auch nicht so stark gekürzt werden müssen. Seine Probanden hatten keine Probleme mit längeren Untertiteln bei relativ kurzer Standzeit; allerdings waren es gebildete Zuschauer mit hoher Lesekompetenz (Künzli 2017: 169).

Beim Spotting muss man, wie gesagt, auch auf die FilmgestaltungFilmgestaltung achten, in den Richtlinien wurden Schnitte erwähnt: Wenn möglich, sollten Untertitel nicht über einen SchnittBildschnittSchnitt hinausgehen. Leider ist das nicht immer möglich. Falls man einen Untertitel über einen Schnitt ziehen muss, muss der Untertitel länger als im Normalfall stehen bleiben, da sich sonst ein Flackereffekt aus der Kombination von Filmschnitt und Untertitelwechsel ergibt. Es ist nicht immer möglich, die Untertitel exakt so auf den BildschnittBildschnitt abzustimmen, wie es die Kunden wünschen.

3. Können Sie sich Schnitttechniken vorstellen, in denen ein Untertitel oft über einen Schnitt hinaus stehen bleiben muss?

Wenn man als Übersetzer einen Film spottet, überlegt man bereits, ob man einen Text in mehrere aufeinanderfolgende Untertitel einteilen muss. Wenn es sich um einen Dialog mit kurzen Sätzen pro Person handelt, ist dies kein Problem. Man spottet den Dialog, fertig.

Oft sind Sätze aber lang und müssen auf mehrere Untertitel verteilt werden. Diesen Vorgang bezeichnet man als SplittingSplitting.

Mal kurz nachdenken … Was könnte man tun, um zu markieren, dass der Satz im nächsten Untertitel fortgesetzt wird? Sie haben sicher schon Beispiele dafür gesehen!

Es gibt mehrere Standard-Möglichkeiten, eine Fortsetzung anzuzeigen: einen Gedankenstrich oder drei Auslassungspunkte. Welches von beiden man nimmt, wird normalerweise vom Auftraggeber vorgegeben. Wenn man einen Satzteil am Untertitelende mit den drei Punkten oder dem Gedankenstrich markiert hat, beginnt man den nächsten Untertitel klein, bei vorhergehenden Auslassungspunkten eventuell auch mit drei Auslassungspunkten. Dass man vielleicht weder Gedankenstriche noch Punkte nimmt, wird in der Fachliteratur der 1990er und 2000er abgelehnt. Ivarsson und Carroll weisen darauf hin, dass jeder Untertitel, der nicht mit einem Punkt, Ausrufezeichen oder Fragezeichen endet, vom Zuschauer als unvollständiger Satz wahrgenommen wird; man muss also immer auf die Interpunktion achten. Doch die Abwesenheit von Zeichen nach einem Satz, der im nächsten Untertitel fortgesetzt wird, setzt sich durch. Vermutlich ist diese Entwicklung durch den Einfluss der Live-UntertitelungLive-UntertitelungUntertitelungLive-Untertitelung entstanden (siehe Kapitel 7.7). Für Filme gilt immer noch, dass ein Untertitel nicht mehr als zwei Zeilen haben sollte (Ivarsson / Carroll 1998: 53). Die maximale ZeichenzahlZeichenzahl pro Zeile ist heute in fast allen UntertitelungsprogrammenUntertitelungsprogramm auf 37 eingestellt, doch, wie bereits gesagt: Die Project SettingsProject Settings kann man ändern.

Die folgenden Untertitel stehen in dem betreffenden Film ungesplittet. Wo würden Sie splitten, wenn genügend Zeit zur Verfügung steht? Die Beispiele stammen aus der deutschen Untertitelung des Spielfilms Zusammen!Zusammen! (Tilsammans!Tilsammans!). Sie können die Beispiele bearbeiten, ohne den Film zu sehen, aber dann fehlt die Vergleichsmöglichkeit mit der SprechgeschwindigkeitSprechgeschwindigkeit.

Was ist mit deiner Hand? Hast du wieder schlecht geschweißt? – Gar nicht wahr! (Zusammen! Schweden / Dänemark / Italien 2000: 10:13:19)

Wenn die Revolution anfängt, dann werden wir ja sehen, wer hier lacht. (Zusammen!Zusammen! Schweden / Dänemark / Italien 2000: 10:15:12)

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