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Kapitel 6

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Sarah blickte sich in dem kleinen Raum um. Ihr erster Eindruck war der von Leere gewesen. Aber Kargheit traf es besser. In dem Zimmer befanden sich ein Schreibtisch und ein Stuhl. Sonst nichts. Die Wände waren kahl, bar jeden Details. Keine Bilder, keine Lichtschalter, keine Tapete. Die vielleicht einst weiße Farbe wirkte schmutzig. Das wenige Licht, das es schaffte, in den kleinen Raum vorzudringen, kam von einem winzigen vergitterten Fenster, das sich fast in Höhe der Decke an einer Seite des Zimmers befand.

Sarah näherte sich langsam dem Schreibtisch. Der Raum kam ihr trostlos vor, als wolle er ihr eine traurige Geschichte erzählen und fände nur nicht die richtigen Worte. Der Schreibtisch war aus dunklem Holz und übersät mit Kerben und Brandlöchern. Das Ganze hatte mehr Ähnlichkeit mit einem Schlachtfeld als mit dem Mobiliar eines Schriftstellers. Sarah erschauerte bei dem Anblick, ohne genau zu wissen, weshalb.

Neben den Einkerbungen und Löchern hatte auch blaue Tinte ihre Spuren auf dem Schreibtisch hinterlassen. Auf seiner Platte bildeten die unterschiedlich geformten Flecken ein Muster, dessen Bedeutung nicht zu erraten war. Oder doch?

Ein paar von ihnen zogen mit einem Mal Sarahs Aufmerksamkeit auf sich. Es war, als würden sich unter den Flecken Buchstaben verbergen, die grob übermalt worden waren. Sie versuchte, die Schriftzeichen darunter zu erraten und kam zu dem Schluss, dass es sich bei zweien um ein R handeln müsse. Ein weiterer könnte einmal ein A gewesen sein. Und in der Zeile darüber – noch ein R? Und davor ein O? Sarah hielt inne. Die Buchstabenkombination kam ihr vage bekannt vor. Sie dachte angestrengt nach, aber die Erinnerung ließ sich nicht greifen.

Um sich abzulenken und dem Gedanken Zeit zu geben, sich unbewusst in ihr zu formen, unterzog sie den Schreibtisch und auch den Stuhl einer näheren Prüfung. An dem Stuhl war nichts Besonderes. Einfach, hölzern, grob geschnitzt. Die Sitzfläche war sichtbar abgenutzt, was Sarah stutzig machte. Ein derart abgenutzter Holzstuhl war ihr noch nicht untergekommen. Er musste über Jahrhunderte hinweg in Gebrauch gewesen sein! Die Universität von Paris war zwar alt, aber so alt? Vermutlich war der Stuhl ursprünglich nicht für diesen Raum angefertigt, sondern erst später hierher geschafft worden.

Sarah wandte sich dem Schreibtisch und vor allem der einzelnen Schublade zu, die direkt unter der Tischplatte mittig angebracht war. Das Schloss schien verbogen, so als wäre schon einmal jemand hier gewesen und mit Gewalt in die Geheimnisse der Lade eingedrungen. Dieser Gedanke traf Sarah unvorbereitet und auch der nachfolgende warf sie für einen kurzen Moment aus der Bahn. Ihr Großvater! Wie hatte sie nur so blind sein können?

Seit Monaten hatte sie fast täglich einen Blick auf die drei Notizzettel geworfen, die eingerahmt in ihrem Flur hingen. Die Notizen ihres Großvaters, die sie aus dem Fundus der Universitätsbibliothek ungefragt entwendet hatte. Und dort – auf einem der Papiere – standen einzelne Buchstaben, die ihr Großvater notiert hatte. Deshalb war ihr die Buchstabenfolge so bekannt vorgekommen! Auf dem Notizzettel stand Le Morte Darthur. Sarah merkte, wie ihr Herz anfing, schneller zu schlagen. War das möglich? Hatte sie endlich eine Spur gefunden, die es ihr erlaubte, die Nachforschungen zu verfolgen, die ihr Großvater vor seinem Verschwinden betrieben hatte? Eine Spur, der sie – wie damals ihr Großvater – nachgehen konnte? Würde sie nun endlich erfahren, was aus ihm geworden war?

Sarah zwang sich selbst zur Ruhe. Zwar hatte sie – vielleicht – einen Teil der Notizen ihres Großvaters entschlüsselt, aber noch war nicht klar, ob sie das wirklich weiter brachte. Sie wusste ja nicht einmal, wie viele solcher Notizen es ursprünglich gegeben hatte! Die drei losen Zettel, die sie, nun ja, gefunden hatte, waren sicher nicht alles gewesen.

Trotzdem nahm sie sich vor, diesem Hauch einer Fährte nachzugehen. Sie zog ihr eigenes Notizbuch hervor und schrieb den Titel von Sir Thomas Malorys Buch hinein, wobei sie die Buchstaben, die sie meinte, unter den Tintenflecken erkannt zu haben, unterstrich.

Anschließend wandte sie sich wieder der Schreibtischschublade zu. Mit wenig Hoffnung, darin etwas zu finden, zog sie den Schub langsam heraus und blickte gespannt hinein. Sie behielt recht damit, dass kein Gegenstand darin lag. Dennoch aber war die Lade nicht direkt leer. Auf den hölzernen Unterboden hatte irgendjemand mit Tinte eine Skizze gezeichnet, die Sarah nun verwirrt ansah. War das eine Karte? Wenn ja, hatte sich niemand die Mühe gemacht, sie zum besseren Verständnis mit Namen zu versehen.

Dort, die gestrichelte Linie könnte eine Grenze darstellen. Und der Strich, der sich in Schlangenlinien um sie herum bewegte war dann vielleicht ein Fluss? Sarah merkte schnell, dass sie mit dieser Karte nichts anfangen konnte. Dennoch wollte sie diesen Hinweis nicht einfach unbeachtet zurücklassen, also übertrug sie die Zeichnung so genau wie möglich in ihr Notizbuch und schloss anschließend die Schublade.

Zum Nachzeichnen der Karte hatte sie auf dem hölzernen Stuhl Platz genommen, der trotz seiner harten Sitzfläche erstaunlich bequem war. Nun blieb sie noch einen Augenblick lang sitzen und verinnerlichte die Atmosphäre, die in diesem kargen, dämmerigen Zimmer herrschte. War hier tatsächlich jemand gesessen, stundenlang vielleicht, um zu schreiben? Sarah schloss die Augen und rief sich den Notizzettel ihres Großvaters in Erinnerung, auf dem Malorys Buchtitel vermerkt war. Dort stand noch etwas anderes, sie sah es im Geiste direkt vor sich:

Theorie:

Arbeitsplatz eines Weltenschreibers, Malorys Muse?

Schöpferische Unterstützung bei Arthus-Saga?

Frage:

Warum die Hinweise auf diesen Ort in Coleridges Werk?

Nächster Schritt:

Malorys Darthur unter die Lupe nehmen

Sarah dachte angestrengt nach. Natürlich war sie diesem Hinweis nachgegangen. Unter den Büchern ihres Großvaters war sie auch auf Malorys Werk gestoßen und hatte es zweimal gründlich gelesen. Ihrer Meinung nach hätte das nicht nur aufgrund des ungewohnten Schreibstils Anerkennung verdient gehabt, sondern auch wegen der nicht allzu knapp bemessenen Seiten. Aber Fehlanzeige. Sie hatte keinerlei Hinweise in dem Buch gefunden. War es ihrem Großvater auch so ergangen? Hatte diese Spur ins Leere geführt? Auf seinem Notizzettel hatte er jedenfalls nichts weiter festgehalten.

Langsam erhob sich Sarah und ging zurück in Richtung der versteckten Tür, die sie in diesen Raum geführt hatte.

Ein letztes Mal wandte sie sich um und erfasste das ganze Zimmer in seiner klösterlichen und geheimnisvollen Kargheit mit einem nachdenklichen Blick. Der Arbeitsplatz eines Weltenschreibers? Was zum Teufel war ein Weltenschreiber? Und konnte wirklich irgendjemand in einem solchen Raum, der weit mehr Ähnlichkeit mit einer Gefängniszelle als mit einem Büro hatte, arbeiten?

Sarah verließ das Zimmer und schloss sorgfältig die Tür hinter sich. Sie verschwand vollständig im Muster der Tapete, während der Raum dahinter in der Vergangenheit verschwand.

Sarah blieb in Gedanken versunken stehen. Um sie herum war alles still. Es musste bereits später Abend sein, die Studenten waren sicherlich schon alle gegangen und die meisten Lehrkräfte ebenfalls. Sie hoffte nur, dass die Eingangstür so eingestellt war, dass man das Gebäude von innen jederzeit verlassen konnte, auch wenn man keinen Schlüssel besaß.

Kurz erwog sie, nach Hause zu gehen, aber die Aussicht auf eine leere unordentliche Wohnung war nicht besonders verlockend. Außerdem wusste sie, dass sie der Schlaf noch eine ganze Weile meiden würde.

Also – was blieb ihr dann? Wie von selbst setzte sie sich in Bewegung, ihre Schritte richteten sich auf das gewohnte Ziel: die Bibliothek. Als ihr bewusst wurde, wohin sie ging, folgte auch die nächste Erkenntnis.

Sie hatte im falschen Buch nach Hinweisen gesucht! Malorys Morte Darthur war zwar der richtige Titel, aber die Ausgabe ihres Großvaters konnte ihr nicht weiterhelfen. Auch Coleridges Gedicht hatte erst in der Bibliotheksausgabe seinen versteckten Inhalt preisgegeben. Was, wenn dies auch bei Malory der Fall war?

Sarah beschleunigte ihre Schritte und stand schon bald vor der Tür zur Bibliothek.

Verschlossen, natürlich! Die Bibliothekare waren längst in den verdienten Feierabend verschwunden. Aber Sarah hatte noch einen Trumpf im Ärmel. Während ihres Studiums hatte sie eine Zeitlang in der Bibliothek ausgeholfen und sich auf diese Weise ein bisschen Geld hinzuverdient. Den Schlüssel hätte sie danach eigentlich wieder abgeben sollen, aber irgendwie fand sie den Gedanken unerträglich, sich von einem Bibliotheksschlüssel trennen zu müssen. Deshalb hatte sie ihn vor der Rückgabe heimlich nachmachen lassen und die Kopie behalten. Vorgeblich als Andenken und weil sie das insgeheime Wissen genoss, jederzeit Zugang zu den Büchern zu haben. Tatsächlich gebraucht hatte sie den Schlüssel bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Sarah holte ihren Schlüsselbund aus der kleinen braunen Umhängetasche und suchte nach dem Objekt, das nun zu seinem ersten Einsatz kommen würde. Sie fand den Schlüssel und steckte ihn ins Schloss. Als sie ihn drehte und die Tür sich öffnen ließ, verspürte sie Erleichterung. Dieses Hindernis wäre überwunden.

Die Bibliothek war dunkel und Sarah brauchte einen Moment, um diesen ungewohnten Anblick mit der Bücherei in Einklang zu bringen, die sie bis ins Detail kannte. Das nächtliche Licht, das durch die großen Fenster drang, hüllte die in Regalen aufgereihten Bücher in einen gespenstisch schimmernden Mantel.

Für Sarah hatten Bücher von jeher etwas Lebendiges ausgestrahlt, versprachen sie doch ein Geheimnis, das sich in ihnen befand und gelesen werden wollte. In dem düsteren Licht, das nun von draußen hereinkam und ein Gemisch aus Mondschein und Straßenlaternen war, wirkten die Bücher jedoch mit einem Mal tot. Leblos. Verstaubt. Sarah hatte fast den Eindruck, in einer Gruft zu stehen und fuhr erschrocken zusammen, als der grelle Lichtkegel eines vorbeifahrenden Autos über die aufgereihten und gefangen gesetzten Bücher glitt.

Hektisch tastete Sarah nach dem Lichtschalter neben der Tür, um ihn zu betätigen und das Zimmer in helles Kunstlicht zu tauchen, doch im letzten Moment hielt sie irgendetwas davon ab. Vielleicht war es die Unrechtmäßigkeit ihres Handelns. Sarah hatte das Gefühl, als sollte sie sich auch dementsprechend benehmen und es tunlichst vermeiden, bei ihrem nächtlichen Ausflug ertappt zu werden.

Entschlossen drückte sie die Tür hinter sich zu und bahnte sich dann ihren Weg durch die spärlich erleuchtete Bibliothek. Sie wusste, wo sie fündig werden würde. Sie kannte den Raum, das Regal und das Fach.

Sarah nahm Malorys Morte Darthur und zog sich in eine Ecke des Raumes zurück, in der ein Schreibtisch stand. Sie knipste das kleine Leselicht an und setzte sich auf den unbequemen modernen Stuhl, während ihr ein anderes Bild noch allzu deutlich vor Augen stand – der grob gezimmerte Stuhl, der hölzerne Schreibtisch, der karge Raum.

Sarah holte ihr Notizbuch hervor und machte sich daran, das gesamte Werk durchzuarbeiten. Mit Erleichterung stellte sie fest, dass sie die richtige Ausgabe vor sich hatte. Und sie wusste nun auch bereits, wonach sie suchte: Die Hinweise waren auf genau dieselbe Art und Weise hervorgehoben wie in Coleridges Rime.

Als sie das Buch von vorne bis hinten durchgeblättert hatte, Seite für Seite, immer auf der Suche nach betonten Worten und Sätzen, ließ sich bereits leichtes Dämmerlicht durch die großen Fenster der Bibliothek fallen und verkündete den kommenden Tag. Sarah lehnte sich zurück und blickte lange Zeit auf die neun Abschnitte, die sie in Malorys Werk gefunden hatte.

Sie hatte die Teile zuerst in chronologischer Reihenfolge abgeschrieben, aber sie dann umgestellt, weil sie den Text so für verständlicher hielt.

For thy love I have left my country, ...

... the letters ... said in this wise: Never shall man take me hence, but only he by whose side I ought to ... be

Es war wie bei Coleridge. Ein Hilferuf? Eine Warnung? Irgendwer hatte mit einer zweiten Person sein Land verlassen und war nach Frankreich gekommen. Anscheinend gehörten die beiden zusammen. Keiner sonst sollte sich zwischen sie drängen. Sarah starrte den zweiten Abschnitt an. Er kam ihr seltsam vor. Fast schien es, als würde hier ein Gegenstand sprechen und kein Mensch. Aber wahrscheinlich lag das daran, dass sich derjenige, der diese Hinweise gelegt hatte, mit dem vorhandenen Text hatte begnügen müssen. Und dieser handelte nun einmal von einem Schwert.

... the land and water had flamed all of fire. ... the hot blood made all the sea red of his blood. ... thou art like to fight with some giant thyself, being horrible and abominable ... dreadful dream

Es war die Rede von einem bösen Traum, in dem vergossenes Blut eine Rolle spielte. Ein See, der sich von vergossenem Blut rot färbte... Sarah fühlte sich an das Bild erinnert, das sie erst zu dem verborgenen Raum geführt hatte. Ein Schiff, das über rosarote Wellen in einen rosaroten Sonnenuntergang fuhr. Und dann war da noch eine Warnung – an die Person, mit der er aus einem anderen Land gekommen war? Es hieß, dass ein Kampf gegen einen schrecklichen Riesen bevorstehen würde.

... he was almost out of his mind

... and then he unlaced his armour, and ... would go into the wilderness, and brast down the trees and boughs; ... And then was he naked ... And when he did any shrewd deed they would beat him with rods, and so they clipped him with shears and made him like a fool.

Der vierte Abschnitt ging Sarah besonders nahe. Jemandem wurde Gewalt angetan. So sehr, dass er darüber verrückt wurde.

... for now have ye lost him, for I saw and heard by his countenance that he is mad for ever. ... for now I wot well we have lost him for ever.

Dieser Absatz bestätigte nur ihre vorherige Schlussfolgerung. Derjenige, der um Hilfe rief, hatte durch die Folter seinen Verstand eingebüßt.

How nigh was I lost, and to have lost that I should never have gotten again, that was my virginity, for that may never be recovered after it is once lost.

... deadly sin ...

... the master fiend of hell, the which hath power above all devils ...

Seinen eigenen Angaben zufolge war der Hilfesuchende für immer verloren. Verloren auch deshalb, weil etwas zerstört worden war, was unantastbar hätte sein sollen. Irgendwer hatte eine Todsünde an ihm begangen. Vielleicht dieser Typ aus der Hölle, der als Herr über alle Teufel bezeichnet wurde?

... the soul departed from the body.

Seele und Körper desjenigen, der um Hilfe rief, trennten sich voneinander, alles war zu Ende.

... and there is the mad man. ... Take that naked man with fairness, and bring him to my castle. ... and there they bathed him, and washed him, and gave him hot suppings till they had brought him well to his remembrance; ... blessed be God ye have your life, and now I am sure ye shall be discovered ...

Sarah saß in der langsam hell werdenden Bibliothek und starrte auf den letzten Abschnitt, den sie in ihr Notizbuch übertragen hatte. Es schien, als hätte jemand den verrückt gewordenen Gefangenen gerettet, sich um ihn gekümmert und in Sicherheit gebracht. »... and now I am sure ye shall be discovered ...«

Sarahs Augen waren auf den letzten Satz gerichtet, aber ihr Blick ging ins Leere. Ein Hilferuf. Derjenige, der die Hinweise in den Büchern hinterlassen hatte, wollte gerettet werden.

War ihr Großvater zu demselben Schluss gekommen? Hatte er den Gefangenen gefunden? Oder war er selbst zum Gefangenen geworden? War das die wichtige Mission, auf die er sich begeben hatte und durch die er alles verlor – seine Familie, sein Zuhause, sein Leben? Und wenn ihr Großvater den Gefangenen nicht gefunden hatte, was war dann aus ihm geworden? Das Verschwinden ihres Großvaters lag dreißig Jahre zurück. So lange konnte doch wohl niemand darauf warten, dass er gefunden wurde? Und wer wusste schon, seit wann es diese Hinweise in den Büchern gab! Sarah runzelte die Stirn. Aber auf irgendetwas musste ihr Großvater gestoßen sein. Sonst wäre er doch wohl nicht so plötzlich verschwunden!

Als sie spürte, wie ihr Tränen der Verzweiflung in die Augen stiegen, brach sie ihre Gedankengänge ab. Sie war todmüde und saß am frühen Morgen unerlaubterweise in der Universitätsbibliothek. Das waren wirklich keine guten Voraussetzungen, um tiefgründige Schlussfolgerungen aus den bisherigen Anhaltspunkten zu ziehen.

Mit zitternder Hand knipste sie die kleine Leselampe, die sich vom langen Gebrauch bereits erhitzt hatte, aus und steckte ihr Notizbuch ein. Dann stellte sie Malorys Buch zurück ins Regal und verließ die Bibliothek. Sarah verschloss die Tür mit ihrem Schlüssel und machte sich auf den Weg nach Hause. Es war höchste Zeit für ein bisschen Schlaf. Morgen – oder später am Tag, berichtigte sie sich automatisch – würde sie weiter über die Hinweise nachdenken, auf die sie so unverhofft gestoßen war.

//Trostlosigkeit. Kein Ausweg, kein Entkommen. Alleine würde es niemals fort können. Zurück zu seinem anderen Ich. Zurück in die Freiheit. Freiheit ... das Wort enthielt einen hohlen Unterton, der erschreckend war. Es wurde Zeit, dass es sich irgendetwas einfallen ließ. Irgendeine Möglichkeit musste es doch geben, mit seinem anderen Ich in Kontakt zu treten. Es um Hilfe zu bitten. Hilfe ... die hatte es dringend nötig. Die Tage hier waren dunkel, angefüllt mit Schmerz und Leid. Es konnte bereits spüren, wie sein Wille schwächer wurde. Das Böse weitete seinen Einfluss aus. Das Böse fing an, es zu bezwingen.//

Der Weltenschreiber

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