Читать книгу Vernehmungen - Heiko Artkämper - Страница 116
3.7.6.2Antragsgemäße Beschlüsse im Ermittlungs- und Zwischenverfahren
Оглавление325In vielen Fällen erlassen Gerichte in erstaunlich schneller Zeit antragsgemäß Beschlüsse im Ermittlungsverfahren; die Anträge sind häufig bereits von Polizeibeamten vorformuliert und vom Staatsanwalt – mit seiner Unterschrift versehen – durchgereicht worden. Wissenschaftler haben im Hinblick auf TÜ-Maßnahmen die richterlichen Beschlüsse untersucht und gelangten – vereinfacht ausgedrückt – dazu, dass die Gerichte ihre Prüfungspflicht nicht hinreichend ernst nehmen.
326Auch der Eröffnungsbeschluss im Zwischenverfahren ist der Regelfall und die Ablehnung der Eröffnung und/oder eine geänderte Eröffnung eine in der Praxis eher seltene Ausnahme. Die Theorie des sozialen Vergleichsprozesses tätigt ihre Wirkungen, in dem sie die Entscheidungsfindung durch den Richter beeinflusst; sowohl die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 1 StPO als auch die des Richters nach § 203 StPO unterliegen einem identischen Maßstab, der Beurteilung eines hinreichenden Tatverdachtes. In dem bei Schünemann insoweit geschilderten Versuch waren die Beurteilungsergebnisse beider Berufsgruppen – bei identischen Akten – höchst unterschiedlich: Zusammenfassend waren die Staatsanwälte überwiegend geneigt, einen hinreichenden Tatverdacht zu verneinen, während die Richter – insbesondere nach fiktiver Anklageerhebung – diesen mehrheitlich bejahten. Zutreffend stellt Schünemann daher fest: „Wenn der Staatsanwalt in einer ambivalenten Beurteilungssituation (scil.: die Akte ließ sowohl eine Anklage als auch eine Einstellung als Entscheidung gut vertretbar sein) eine zweifelhafte Entscheidung trifft, wird diese anschließend vom Richter in der Regel nicht korrigiert, sondern fortgesetzt.“16