Читать книгу Mann ohne Kindheit - Heinz Michael Vilsmeier - Страница 11
Posingfotos
ОглавлениеHMV: Momentan geht die Affäre mit dem Bundestagsabgeordneten durch die Presse, der über eine kanadische Organisation sog. „Posingfotos“ bestellt haben soll. Er soll diese, so wird ihm vorgeworfen, über einen längeren Zeitraum bezogen haben. Was mich in diesem Kontext verwundert, ist, dass diese "Posingfotos" als "an der Grenze zur Kinderpornografie" eingestuft werden und somit nicht illegal seien. Was halten Sie davon?
Bonobo: Also eines kann man schon mal festhalten, von vornherein, dass sich Kinder, so im Allgemeinen, nicht freiwillig vor die Kamera stellen, mit dem Wissen, dass sie fotografiert werden und diese Bilder verkauft oder in irgendeiner Form veröffentlicht werden. Das machen Kinder nicht freiwillig! Vielleicht mit vier, fünf, sechs – dann nicht mehr! Man zwingt sie dazu! Und in Pose zu stehen, sodass es vielleicht noch aufreizend wirkt... Ich weiß nicht, um welche Bilder es sich handelt, ich habe sie nicht gesehen, deswegen kann ich dazu auch nicht großartig etwas sagen. Aber wenn sie posieren, in irgendeiner Form, dann ist das mit Sicherheit nicht freiwillig, dann sieht das nur so aus. Wenn die gekauft werden, wird damit Geld gemacht, das heißt, es ist professionell aufgezogen. Ich persönlich vermute mal ganz einfach, dass das zu einem Katalog gehört, dass die Kinder da posieren, damit man sie kaufen kann. Das stelle ich jetzt einfach so in den Raum. Kann natürlich sein, dass es nicht so ist, aber ich vermute es einfach mal so.
HMV: Wie entstehen solche Aufnahmen?
Bonobo: Ja, da gibt es verschiedene Wege. Entweder macht man mit oder man wird dazu gezwungen, notfalls mit Schlägen, mit Drohungen – ja … Mit Drogen, auch mit Versprechungen, mit Geschenken … Es gibt alle Spielarten.
HMV: Was meinen Sie mit „mit Drohungen“?
Bonobo: Drohungen mit Schmerzen, Folter oder … Keine Ahnung, was für Mittel und Möglichkeiten die haben oder was die machen. Es kann auch so was wie mit dem Hund sein oder die Familie wird bedroht. – Da ist alles möglich.
HMV: Sie glauben, dass, wenn es solche Aufnahmen gibt, diese nur so aussehen, als würden die Kinder spielen, als würden sie nicht gezwungen. Sie glauben, dass es so manipuliert wird, damit die dargestellten Posen und Handlungen quasi freiwillig erscheinen?
Bonobo: Ja. Ich meine, es gibt natürlich so etwas wie Schnappschüsse. Aber da zweifle ich mal an, ob das verkauft wird. [lacht] Warum soll jemand einen Schnappschuss verkaufen!? Das geht nicht!
HMV: Sie waren bei der Herstellung solcher Aufnahmen zugegen und beteiligt?
Bonobo: Jawohl – als Opfer, wie auch als Täter.
HMV: Als Täter, als Sie später erwachsen waren?
Bonobo: Genau! Wobei ich sagen muss, ja gut, ich hab mich nicht zwingen müssen, weil ich hab's ja eh nicht gecheckt. Aber … Ja, ich hab nach Anweisung eines Kunden Filme gedreht … Ich möchte jetzt, momentan nicht … Machen wir später!
HMV: Okay …?
Bonobo: … da schäme ich mich zu sehr dafür! … Ja, das ist unglaublich, aber wahr!
HMV: Bonobo, an welchem Punkt möchten Sie fortfahren? Wir sind in Ihrer Biografie etwas abgewichen. Zuletzt berichteten Sie, Sie seien auf den Kinderstrich geschickt worden, wo Sie für 30, 50 DM an irgendwelche Freier verkauft …
Bonobo: … verscherbelt!
HMV: … verscherbelt worden sind. Sie bekamen dafür einen Obolus. Wie viele Freier hatten Sie?
Bonobo: Boah – das ging, bis ich 17 war! Mit 17 hatte ich meinen letzten Freier!
HMV: Bis zum Alter von 17 waren Sie auf dem Kinderstrich. Gingen Sie in dieser Zeit nicht mehr in der Schule ...?
Bonobo: … Oh doch, nach wie vor! Nach wie vor! Ich hatte ja mein normales soziales Leben. Das hatte ich nach wie vor. Nur … Ich meine, die Erziehung durch meinen Vater war einfach so: „Lass dem Buben seine Freiheit!“ Also ich konnte im Grunde genommen machen, was ich wollte. Ich konnte den ganzen Tag draußen herumstreunen, ich konnte um 10 Uhr nach Hause kommen, das war in Ordnung. Elfeinhalb? – Hat kein Schwein interessiert! Und wenn ich ganz weggeblieben bin, hat das auch keinen interessiert – war ja Wurst!
HMV: Wenn Sie auf den Kinderstrich geschickt wurden, waren Sie dann mehrere Tage weg von zu Hause? Wie weit ist Frankfurt entfernt, von Ihrem Heimatort?
Bonobo: 40 Km etwa … Aber auf dem Kinderstrich war ich nicht mehrere Tage weg. Höchstens eine halbe Nacht – oder so … Wann ich nach Hause kam, hat eigentlich wenig irgendeinen interessiert.
HMV: Wie ist das abgelaufen? – Es kam jemand, hat Sie abgeholt, nach Frankfurt gebracht …?
Bonobo: Ja, wir haben uns irgendwo getroffen oder er hat mich von zuhause abgeholt. Der hat mich dann dort hingebracht, dann hab ich dort auf der Straße herumgestanden, bis abends, manchmal bis ein-, zwei Uhr nachts. Dann bin ich wieder zurück gebracht worden. Hat keinen interessiert, wann ich nach Hause gekommen bin, das war vollkommen Wurst.
HMV: Weder Ihr Vater, noch Ihre Mutter haben sich dafür interessiert?
Bonobo: Richtig.
HMV: Ihre Schwester, die war ja älter, hat davon auch nichts mitbekommen?
Bonobo: Ja gut, die war halt fast fünf Jahre älter. Als ich dann 10 war, da war sie schon 15, da hat sie ihren eigenen Freund gehabt.
HMV: Die hat sich nicht dafür interessiert, was mit Ihnen los ist?
Bonobo: Nö, sie hatte ihre eigenen Probleme, sie musste ja auch in dieser Familie überleben. Sie hatte es, muss man einfach so sagen, weitaus schwerer, wie ich – in dieser Familie! Ich war ja froh, dass ich von daheim weg war! Das darf man ja auch nicht vergessen. Also ich war ja lieber in dem Puff, wie daheim. Das ist, ja – traurig, aber es ist so!
HMV: Und auf diese Weise gingen Sie, über einen Zeitraum von sechs, sieben Jahren, auf den Kinderstrich?
Bonobo: Ja.
HMV: Wie viele Freier hatten sie da im Durchschnitt?
Bonobo: Das war unterschiedlich. – Es ist eine Straße, da fahren sie mit dem Auto hin, da stehen dann die Kinder in Reih und Glied, mehr oder weniger aufreizend, Mädchen und Jungs, kleine, ältere. Die Jüngste, glaube ich, war zwischen sieben und acht. Die stehen dann da rum, Auto fährt dran vorbei, guckt sich das an, und wenn dann einem … Ja, wenn man jemandem gefällt, dann bleibt er halt stehen, fragt nach dem Preis. Man fragt, was er denn gerne machen möchte oder was er gern hätte. Dann sagt man einen Preis, steigt da ein, fährt mit dem in eine etwas dunklere Ecke, ein Stück Wald oder wie auch immer, und dann erledigt man sein Geschäft. Dann bringt er einen wieder zurück und das war es. Dann steigt man wieder aus und gut ist es. Das kann zehn mal am Tag, zwanzig mal … Je nachdem! Also ich hatte nicht weniger zu tun, wie im Bordell! Das war ja auch nicht so, dass es einmal am Tag oder zweimal einen Freier gab! Das waren dort auch 15, 20, 25 …
HMV: Im Bordell?
Bonobo: Im Bordell! Da hatte man einen Fulltimejob. Das war schon … Wir hatten einiges an Freiheiten, auch, um uns bei Laune zu halten. Es gab viele lustige Dinge dabei, dass darf man auch nicht vergessen!
HMV: Was waren das für „lustige Dinge“?
Bonobo: [lacht] … Es sollte eine Filmaufnahme gemacht werden. Da war so ein … dicklicher Mann. [kichert] Er lag dann da, ich sollte dem einen blasen. – Ich glaube so ein kleines Ding hatte ich noch nie gesehen, bei einem Erwachsenen! [kichert] Ich liege da so neben ihm und soll also an seinem Penis spielen. … Ich hab da nichts in der Hand, hab nichts gefunden! Ich musste dann hingucken, hab dann zu lachen angefangen, ich konnte nicht mehr. Ich hab gelacht! Weil das Ding fast kleiner war wie meiner! Von einem Erwachsenen! Das war für mich … [lacht] Er war natürlich sauer wie Sau! Das war einfach lustig. Ich hab dann gelacht, ich konnte nicht mehr! – Was soll ich denn da in den Mund nehmen!? [lacht] … Oder … Na ja, wenn man brav war, dann gab's eine Belohnung, dann durfte man halt die Hühner füttern, und so … ! Jetzt ist man da herumgeschlappt, da hat man zwar Gummistiefel angehabt aber der Rest war ja natürlich nackig. Ganz klar, man hatte sich ja nichts anzuziehen. Wir sind da am Hühner füttern und [lacht] der Daniel steht da und da steht der Gockel und schnappt ihn am Schniedel, den Daniel! [lacht] Hat geblutet wie Sau – also an der Vorhaut, da hat er ihn erwischt. Da haben wir halt gelacht. … Wir waren halt Kinder! Verpflegt wurde man ja ärztlich, das war ja auch nicht das Problem. … Es gab ja auch Dinger, die den Kindern einfach passiert sind! Zum Beispiel, dass sie einfach gestolpert sind oder irgendwo mit dem Kopf angedotzt sind oder – ja, während dem Sex aus dem Bett gefallen sind oder solche Sachen! … Es gab halt einfach lustige Dinge, an die ich mich heute noch gerne erinnere!
HMV: War denn immer ein Arzt anwesend?
Bonobo: Ja, dieser … dieser „Schnüffler“, diese „Hundenase“ oder „Schnüffelnase“, der war immer zugegen, ich glaube Tag und Nacht! Ich weiß nicht, ob der da eine Praxis hatte – aber ich glaube nicht! Sicherlich hat er in dem Haus gewohnt, da bin ich mir ziemlich sicher! Und der Raum, in dem er uns zusammengeflickt hat, sah schon aus wie eine Arztpraxis, soweit ich das als Kind erkennen konnte.
HMV: Hatten Sie den Eindruck, dass das Haus diesem Arzt gehörte?
Bonobo: Nee, ich hatte von Anfang den Eindruck, dass das Gilbert sein Haus ist, so wie er das auch gesagt hatte. – Heute weiß ich natürlich, dass es von der Organisation her kommt.
HMV: Er war also als Arzt nur dafür da, diese Kinder …
Bonobo: … Er hat natürlich die Kinder selber missbraucht, auf eine recht subtile Art und Weise! Mir persönlich hat er noch nie seinen Penis hinten rein gesteckt! Ich musste mal rein und ihm einen runter holen, das war's! Er hat sich meistens damit begnügt, bei den Kindern am Geschlechtsteil herumzuschnüffeln und hat sich dann selber einen runter geholt. Was ihm das gebracht hat, weiß ich nicht. Das war … Das war der Arzt, ja. Der hat halt die Kinder untersucht. Ich kann mich an einmal erinnern, da kam ein kleines Mädchen, sechs, sieben Jahre, auch zum ersten Mal dort. Sie kam da zu der Untersuchung – ich war zufällig da unten, ich weiß nicht mal warum! Auf jeden Fall guckte er ihr dann in die Scheide usw. usf. und fragte mich, ob ich das mal sehen will. Ich war natürlich neugierig und hab mit diesem Dingsbums da rein geguckt. Da hab ich zum ersten Mal eine Scheide von innen gesehen. Da hat er mir so ein bisschen was erklärt – ich fand das sehr interessant. … Ja.
[Schweigen]