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Für mich war es das Normalste der Welt.

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HMV: Wir waren bei diesem langen Zeitraum in Frankfurt, bis Sie 17 wurden.

Bonobo: Ja.

HMV: Ich finde es unfassbar, dass es so einen Kinderstrich gibt, ganz offensichtlich unbehelligt durch die Polizei …

Bonobo: … nicht ganz!

HMV: Wie läuft das ab? Wie ist es möglich, dass Kinder an der Straße stehen und es kommen Freier, das kann doch nicht verborgen bleiben! Geschieht das unter den Augen der Öffentlichkeit, bzw. der Polizei?

Bonobo: Nehmen wir doch nur mal den Bahnhof Zoo, der bekannteste Babystrich, den es gibt! Der ist dort nach wie vor!

HMV: Sie meinen „Die Kinder vom Bahnhof Zoo“?

Bonobo: Auch. Aber das ist jetzt nicht Fiktion, sondern real. Das geschieht ja wirklich! Die sind zwar nicht ganz so jung wie im Eisenbahner, aber … Elf-, Zwölfjährige … wenn man viel kriegt.

HMV: Wie geht das vor sich? Stehen die Kinder an der Straße oder werden die vermittelt?

Bonobo: Das läuft eher so: Man weiß, wo dieser Babystrich ist, wo er anfängt und wo er ungefähr aufhört. Und wenn man jetzt mit seinem Auto da anfährt, dann fährt man einfach langsamer. Dann kommen die Kinder schon von ihren Verstecken vor. Man kriegt das irgendwie mit, ob das jetzt Polizei ist oder ein echter Freier. … Dass, das spürt man irgendwie. Und selbst wenn es einmal ein Polizist ist – mein Gott! … Kann auch nicht viel passieren.

HMV: Dass diese Kinder aufgesammelt und in ein Heim gebracht werden, passiert nicht?

Bonobo: Hauen ab. … Na doch, die hauen aber wieder ab. Der ist nicht lang dort – oder die … Die Zuhälter holen sie sich dann schon wieder! Das ist … Hab ich ganz selten mal miterlebt, dass so etwas gewesen ist.

HMV: Das heißt also, die Jugendschutzbehörden, das Jugendamt Frankfurt ist nicht in der Lage, diese Kinder vor den Zuhältern zu schützen?

Bonobo: Nö … Es passiert zwar unter den Augen der Öffentlichkeit aber doch verborgen.

HMV: Das verstehe ich nicht.

Bonobo: Ich meine, ich kenne das nicht so, wie Prostituierte am Straßenrand und zeig die Beine … Das machen sie ja auch nicht! … Das Auto fährt langsam dran vorbei und die Kinder sind ganz normal angezogen, wie normale Kinder auch. … Wenn es Einen interessiert, bleibt der stehen, kurbelt das Fenster runter … Ein Kind kommt dann schon! Und dann wird verhandelt.

HMV: Das Kind verhandelt mit dem Freier!?

Bonobo: Richtig. Und wenn der Preis stimmt und alles, dann steigt es ein und … gut ist … Es wird dann wieder zurück gebracht und das war's. Das ist das ganze Geschäft.

HMV: Ist in diesen sechs Jahren etwas passiert, was Sie in Ihrem Bericht über Ihr Leben erwähnenswert finden?

Bonobo: [Schnaubt] Eigentlich ist das gleichbleibend. … Also, der letzte Freier wäre erwähnenswert – aber zwischendrin … Ich habe ja auch noch Privatleben gehabt. Meine Eltern haben sich getrennt, das würde ich gerne erzählen. Da sind wir nach München gefahren …

HMV: Sie mit Ihren Eltern?

Bonobo: Ja, meine Mutter mit ihrem damaligen Freund. … Wir sind nach München gefahren, die Mutter und ihr Freund, zu Besuch. Ich war zwölf, so um den Dreh rum. Ich wollte ins Deutsche Museum, bin also da hin gefahren … S-Bahn usw. usf. … Streune da in diesem Deutschen Museum herum, da in München, bis mich irgend so ein Kerl anquatscht. Ich hab eigentlich nur den Gedanken gehabt: „Mensch, schon wieder!“ Dann haben wir 50 Euro ausgemacht, ah 50 Mark ausgemacht, hab ihm einen geblasen … Und gut ist. … Also auch in meinem Privaten ist das öfters vorgekommen. Oder da war eine Kneipe in A. – zu dem Wirt hatte ich sexuellen Kontakt. Mit einem Nachbarn – also einem anderen Nachbarn als diesem Erstling. Es gab viele solcher sexuellen Kontakte. Ich hab sie ständig am Arsch hängen gehabt! Für mich war es das Normalste der Welt – das sollte vielleicht erwähnt werden, damit es vielleicht nachher ein bisschen verständlicher wird.

HMV: Meinen Sie, Sie haben da etwas ausgestrahlt, worüber Pädophile sie erkannt haben oder waren das ganz normale Anmachen und Übergriffe, mit denen Pädophile auch auf andere Kinder zugehen, die dann aber anders reagieren?

Bonobo: Das ist so die Frage! Das haben wir in der Therapie schon versucht herauszufinden. Ein Patient hat einmal gemeint: Du musst ein Schild umgehängt gehabt haben, wo drauf stand: „Hier rein!“ Das ist … Ich weiß nicht, ob ich durch mein Verhalten irgendwie … Ich kann es nicht sagen! Als wir ins Deutsche Museum kamen … Ja gut, ich bin alleine herumgelaufen! Der Pädophile kriegt das sofort mit! … Vielleicht ist im Deutschen Museum auch so etwas gang und gebe, dass da ein kleiner Kinderstrich ist. – Gut möglich!

HMV: Mhm, das wissen Sie aber nicht …!?

Bonobo: Weiß ich nicht! Da habe ich auch noch nicht drüber nachgedacht. Das fällt mir jetzt gerade ein, dass das eventuell so sein kann. Da auf der Straße – wer weiß! … Und dass ich blöderweise gerade da war. … Alles möglich!

HMV: Gibt es noch andere Erfahrungen aus dieser Zeit auf dem Kinderstrich, über die Sie sprechen möchten? Sie sagen ja, das ging, bis Sie 17 waren.

Bonobo: Ja. … Im Grunde genommen war es eigentlich immer gleich. Das ist … Es gibt da Arschlöcher, genau so, wie woanders auch. Es gibt Nette, es gibt Dreckige, es gibt Saubere und Ekelhafte … Aber im Großen und Ganzen geht es um Onanieren und Einem einen blasen, nicht hinaus. Selten, dass einer mehr will. Gibt's zwar auch, aber das ist nicht unbedingt … Da gibt es eigentlich nicht etwas wirklich Besonders, Außergewöhnliches.

[Schweigen]

HMV: Was ist in Ihnen passiert, in dieser Zeit?

Bonobo: Ich bin abgestumpft. … Man muss es ja auch so sehen, dass Kinderstrich in keinem wirklich geschützten Rahmen mehr ist. Was natürlich hätte passieren können, ist, dass ich jederzeit an den Falschen gerate. Was hin und wieder mal vorkam, war, dass Kinder mit blauen Augen zurückgekommen sind, weil sie an den Falschen geraten sind. Diese Gefahr hat eigentlich immer bestanden. Ich hatte das große Glück, dass ich nie zu so einem Kerl rein musste, weil mir so einer nicht begegnet ist.

HMV: Es gibt also Freier, die nicht mit Analverkehr zufrieden sind, oder damit, dass ihnen einer geblasen wird etc., die wollen Gewalt ausüben?

Bonobo: Entweder pure Gewalt ausüben oder die haben hinterher, nach der Preisverhandlung, etwas verlangt, wo man halt einfach nicht wollte. … Dann sind die erst mal brutal geworden. – Wie gesagt, mir ist es so nie passiert – aber Anderen! Also man unterhält sich auf dem Strich. Das ist ja nicht so, dass da jeder nur für sich lebt. … Und es gibt natürlich Freier, die Autos kennt man, von weitem schon, und dann haut man ab! Da steigt man einfach nicht ein, weil man weiß: „Der wieder!“

HMV: Wird der Babystrich auch von Frauen besucht?

Bonobo: Ich hab keine gesehen! Ich persönlich nicht, bei mir hat auch nie eine angehalten. Mag sein, dass mal welche dabei waren. Ich hab das so nicht feststellen können.

HMV: Das fing also mit 11, 12 an und ging bis 17.

Bonobo: Ja.

HMV: Was veränderte sich? Sie wurden ein junger Mann. Ich vermute, im Laufe der Zeit passten Sie nicht mehr in das „Beutemuster“ von Pädophilen.

Bonobo: Da gab es die Schwulen auch noch. Aber da kommen wir später drauf. Ich würde sagen, ich erzähle mal von meinem letzten Freier, weil das doch sehr interessant ist. Da hat es einen ganz gewaltigen Umbruch meines Lebens gegeben. Darf ich ein bisschen ausholen, dann wird es etwas klarer. – Ich bin 17 Jahre alt, ich steh' am Straßenstrich, es hält ein Rolls-Royce an, ich steig da ein, es sind 250 Mark ausgemacht, ich fahr mit dem ins Hotel. … Das war ein Araber oder irgendwie so ein Volk. [räuspert sich] Analverkehr. Also er springt da auf mir herum, da fängt seine Uhr an zu piepsen, da steigt der von mir runter, schüttelt seinen Gebetsteppich aus, knallt sich dort hin, macht Allah, Allah. Ich geh davon aus: „Okay, das war's!“, nehme meine 250 Mark, will raus. Dann hält der mich fest, macht da herum. Ich hab dann gesagt: „Ja komm, wenn du jetzt doch weiter machen willst, dann kostet das nochmal Geld!“ Da haut der mir eine rein. Irgendwie ist da die Sicherung raus geknallt und ich hab ihn dann einfach anständig verdroschen. Hab ihn ausgeraubt, ich glaube es waren 10.000 Dollar und 5.000 DM, so um den Dreh. Also um die Fünfzehn-, Sechzehntausend. Er wollte mich wieder festhalten. Dann hab ich ihn – muss ich zugeben, mit Wonne!, ins Gesicht getreten. Das Blut ist da herumgespritzt, er hat geschrien … Das hat mich regelrecht befriedigt! Das war so richtig eine Wohltat! … Dann kommt da noch so ein Motapoduk da rein, will mich da auch festhalten. Dann hab ich den auch, erst in den Magen getreten, dann, ja, weil es einfach Spaß gemacht hat, direkt nochmal ins Gesicht. Daraufhin bin ich dann ab! Ich bin zu dem Zuhälter, hab dem das Geld vor die Füße geschmissen …

HMV: … Das geraubte Geld?

Bonobo: Ja. Und hab gesagt: „So. Und das war's für mich, ich mach das nicht mehr!“ Da war er ja natürlich auch nicht damit einverstanden, wollte auf mich los. Dann hab' ich mich entsprechend gewehrt, hab' auch wieder genüsslich getreten. Dann kamen die Anderen, ich schnappte mir eine Eisenstange. Wie die da so um mich herumstanden, hab ich mich im Kreis gedreht, einen hab ich getroffen … Später habe ich erfahren, ich habe ihm das Auge ausgeschlagen – wobei ich stolz drauf bin, auch heute noch! … Ja! … Dann bin ich nachhause gefahren. Ein paar Stunden später steht Gilbert vor der Tür! … Nun ja! … Hat er mich ins Auto gesetzt. Dann sind wir zu seinem Bruder gefahren.

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