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3.4.6 Infektiöse Erreger und Multiple Sklerose

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Der Zusammenhang zwischen infektiösen Erregern (insbesondere Viren und Bakterien) und der MS ist seit jeher Gegenstand intensiver Diskussion. Eine Reihe indirekter Hinweise suggeriert bis heute den Einfluss eines solchen »Umweltfaktors«: das Vorliegen von Hochrisikogebieten, dokumentierte MS-Epidemien, die Isolierung bestimmter Viren bei MS-Patienten (z. B. Herpes-simplex-Virus, HTLV-1, humaner Herpesvirus Typ 6, Multiple-Sklerose-assoziiertes Retrovirus, MSRV, Epstein-Barr-Virus, EBV), serologische Studien mit dem Nachweis Virus-spezifischer Antikörper oder T-Zellen, der Nachweis viraler Genome im ZNS-Gewebe sowie Virus-Tiermodelle der MS. Allerdings hat sich bis heute keiner der publizierten Erreger als singuläres infektiöses »MS-Agens« identifizieren lassen, eine Tatsache, die sich in der Widersprüchlichkeit des Schrifttums zu Virusisolierungen oder Nachweisen von viralen Genomen im MS-Gewebe widerspiegelt (Übersichtsarbeiten bei Cermelli et al. 2000; Meinl 1999; Gilden 2005). Die überzeugendsten Daten existieren bislang für den Zusammenhang von EBV mit der MS. Nahezu 100 % der MS-Patienten sind seropositiv für EBV, zudem zeigen sich in epidemiologischen Studien klare Hinweise für einen Zusammenhang einer EBV-Infektion mit dem Beginn einer MS (DeLorenze et al. 2006; Levin et al. 2010). Wie sich die EBV-Infektion im Pathomechanismus auswirkt, ist allerdings weiterhin unklar. So werden sowohl molekulare Mimikry als auch eine EBV-induzierte B-Zelltransformation diskutiert (Lang et al. 2002; Tracy et al. 2012). Bewertet man die bekannten epidemiologischen und genetischen Erkenntnisse, so haben virale Agentien oder andere Umweltfaktoren zusammen mit den teilweise bekannten genetischen Komponenten offenbar Einfluss auf die Erkrankungssuszeptibilität bzw. den Erkrankungsausbruch. Dieser Schluss wird durch Daten unterstützt, die zeigen, dass bis zu 25 % der akuten Schübe durch akute virale Infektionen ausgelöst werden (Sibley et al. 1985) oder Virusinfektionen dem Erkrankungsbeginn vorangehen können (z. B. Ascherio et al. 2001). Es bleibt derzeit ungeklärt, ob 1. Viren eine notwendige Voraussetzung für die Initiierung oder Reaktivierung einer MS sind oder ob 2. primär eine Autoimmunreaktion gegen ZNS-Gewebe vorliegt, die potenziell durch virale (Ko-)Infekte moduliert wird.

Multiple Sklerose

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