Читать книгу Anwaltshure 1-4 | Erotik Paket Bundle | Alle vier Teile in einem E-Book | 4 Erotische Roman - Helen Carter - Страница 46
ОглавлениеVerführung - Teil 1
Keine drei Wochen später erhielt ich eine auf dickem Büttenpapier gedruckte Einladung zur Weihnachtsfeier der Kanzlei. Ich hätte kaum aufgeregter sein können, wenn ich zur Königin von England eingeladen worden wäre.
Und doch war es nicht allein die Tatsache, dass George mich als ganz normalen Bestandteil seiner Kanzlei zu einer offiziellen Feier einlud, sondern vielmehr eine innere Zerrissenheit, die mich heimsuchte. Ich war nach wie vor verrückt nach ihm. Nach seinem Körper, seinem Witz und – seiner Position.
***
Plötzlich und unerwartet traf mich die älteste weibliche Problemstellung der Welt: »Was soll ich nur anziehen?«
Es durfte kein Kleid sein, das zu offenherzig war, denn es sollte ja niemand erkennen, welcher Natur meine Stellung in der Kanzlei war. Es blieb mir nichts anderes übrig, als Einkaufen zu gehen. Bei »Harrods« wurde ich fündig und entschied mich für ein kupferfarbenes Kleid. Noch nie hatte ich eine solche Sorgfalt auf meine Kleidung verwendet wie an diesem Abend. Was heißt »an diesem Abend«? Ich hatte schon eine Woche vor der Feier angefangen, verschiedene Varianten für mein Outfit auszuprobieren.
Meine Neuerwerbung war ein schmal geschnittenes Kleid, das meine inzwischen verlorenen Kilos vorteilhaft betonte. Als ich mich nackt vor dem Spiegel drehte, stellte ich zufrieden fest, dass es mir nichts an meinen Kurven genommen hatte. Meine Brüste waren noch genauso üppig wie zuvor, die Taille schmal und die Hüften ausladend. Jedes Pfund saß genau an dem Platz, an dem die Männer und ich es mochten.
Das Kleid war schulterfrei, und ich wählte einen schlichten Choker aus Perlen mit einem Jugendstil-Medaillon als Halsschmuck, dazu Perlenohrringe. Außerdem trug ich schwarze, halterlose Strümpfe und einen schwarzen Spitzenslip, der fast genauso wenig Stoff besaß wie ein String. Hinzu kam ein leichtes Korsett, damit ich keinen BH brauchte und trotzdem sexy aussah. Hochhackige, kupferfarbene Schuhe, die mich mehr gekostet hatten, als das Kleid, vollendeten mein Outfit.
Nur zu gern begab ich mich in die geschickten Hände eines Friseurs. Das Make-up allerdings machte ich lieber allein, denn ich hatte schon zu viele Frauen erlebt, die als Quarkstrudel zur Kosmetikerin gegangen und als Schokokuss wieder herausgekommen waren.
Was ich brauchte, steckte ich in eine winzige Handtasche, die eigentlich ein besserer perlenbestickter Geldbeutel war. Für Schlüssel, ein paar Pfund, Handy, Lippenstift, ein Papiertaschentuch und Gummis reichte es allerdings.
So fuhr ich mit dem Taxi hinaus aufs Land. Es brauchte eine gute Stunde, bis es die Innenstadt hinter sich gelassen und sich durch den hohen Schnee in die englische Natur vorgearbeitet hatte.
Der Schnee fiel immer dichter und die Scheibenwischer hatten viel zu tun. Sie drückten mühsam die weißen Kissen zur Seite und formten eine Ziehharmonika aus ihnen, bis diese am warmen Glas schmolz.
Ich fürchtete, wir würden im Schnee steckenbleiben, bevor ich auch nur einen Lichtstrahl vom Haus gesehen hatte. Als ich schon nicht mehr an ein Ende glaubte, sah ich das mächtige, eiserne Tor im Lichtkegel des Scheinwerfers. Das Taxi fuhr bis zu einem Kästchen auf einer Stange. Dort drückte der Fahrer einen roten Knopf. Eiskalte Luft strömte in den Wagen und ich erinnerte mich fröstelnd daran, dass Winter kalt war.
»Miss Hunter für Mr McLeod«, rief der Fahrer in den Kasten. Mein Gott, wie das klang … Ich war von mir selbst schwer beeindruckt! Es knackte. Dann war Stille. Nichts rührte sich. Okay, dachte ich, das war’s! Die machen nicht auf, weil ich von der Liste gestrichen bin. George lässt mich draußen im Schnee stehen. Peinlich, peinlich ...
Gerade machte ich mich an die Arbeit, eine gute Ausrede zu erfinden, als Bewegung in das riesige Tor kam. Mit leisem Krächzen wurde es geöffnet.
»Hinein mit uns«, verkündete der Fahrer gutgelaunt, als steige er gerade in eine Achterbahn. Ich war maßlos erleichtert!
Ein gerader Weg führte nun die Anhöhe hinab auf eine Villa zu. Dieser Weg war von hunderten von Fackeln gesäumt und das Haus selbst strahlte in einem Glanz, als handele es sich um ein Märchenschloss, das die Prinzessin erwartete. Am Horizont erhoben sich gewaltige Bäume, die ihr Laub längst verloren hatten und doch mächtig wirkten. Der Schnee funkelte wie Milliarden von Diamanten und färbte den Himmel in einem bläulichen Ton.
Wäre jetzt ein Schlitten, von sechs Pferden gezogen, aufgetaucht, so hätte ich mich keinen Moment lang gewundert. Am liebsten wäre ich hier oben stehengeblieben und hätte nichts getan, außer hinunterzublicken.
»Na, das ist aber eine Pracht!«, staunte der Fahrer, als er Gas gab und den Wagen hinunter in Richtung Ziel lenkte.
Ich bezahlte das Taxi, stieg aus und betrat die weit offen stehende Eingangstür. Stimmengewirr und Musik begrüßten mich, während ich die Einladung in den Händen hielt, falls mich jemand danach fragen sollte. Doch niemand wollte die Einladung sehen und niemand hielt mich auf, als ich die Eingangshalle betrat. Augenblicklich fühlte ich mich verlassen.
Von all den festlich gekleideten Menschen, die sich hier aneinander, mit Gläsern und Tellern bewaffnet, vorbeidrängten, kannte ich keinen einzigen. Ich blickte mich um. Weihnachtsdekoration suchte man vergebens. Dafür gab es voluminöse Blumengestecke, die einen beinahe mediterranen Duft in der englischen Winterlandschaft verbreiteten. Hätte es die modern gekleideten Gäste nicht gegeben, man hätte sich in Jane Austens Zeiten wähnen können.
Der helle Sandstein war von weichem Licht überflutet und die lebensgroßen Familienporträts wurden von einzelnen Spots angestrahlt. In diese Halle gehörten Leute in langer Jagdkleidung und vornehmen Manieren.
Mit einem Mal wurde ich wieder nervös. Sehr nervös sogar! Was wäre, wenn hier einer meiner Gäste auftauchte? Oder Georges Frau? Wenn ich auch neugierig auf sie war, so fehlte mir im Moment der Sinn für ein solches Zusammentreffen. Meine Handflächen waren feucht-kühl und das Täschchen drohte, mir zu entgleiten, wenn ich nicht aufpasste.
Ich wanderte aus der Halle in einen rot gestrichenen Raum. Wo auch immer ein freies Plätzchen gewesen war – jetzt saß jemand dort. Die Luft sirrte von den Stimmen und es wurde immer wärmer, je weiter ich kam.
Die Räume, durch die ich ging, zogen sich allesamt an der weitläufigen, rückwärtigen Parkfront des Hauses entlang. Im größten, zentralen Raum war das Büffet aufgebaut. Ich suchte mir einen Teller und nahm etwas Lachs und Weißbrot. Eigentlich hatte ich keinen Appetit und pickte mit der Gabel etwas lustlos in den hellroten Fisch. Aber ich brauchte einfach etwas, das meine Anwesenheit rechtfertigte und vor allem, mit dem ich mich beschäftigen konnte.
Als ich auf eine mannshohe Standuhr blickte, stellte ich überrascht fest, dass ich bereits eine gute Stunde hier war und bedauerte gleichzeitig, dass die Zeit so langsam verging.
Was hielt mich eigentlich davon ab, mein Handy zu benutzen, mir ein Taxi zu rufen und einfach nach Hause zu fahren? Zudem steigerte sich meine Nervosität von einem Atemzug zum nächsten. Ich wollte George gar nicht mehr sehen. Was könnte ich ihm denn sagen? Was könnte ich tun? Das hier war keines unserer normalen Treffen und ich fühlte mich unendlich verunsichert.