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Kapitel 19

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Eine Straße war in der Ferne aufgetaucht, aus altem glattem Pflaster, die abrupt an einer Stelle abbrach und einem ausgetrampelten Pfad wich.

Coldwyn war bis zur absoluten Erschöpfung marschiert, einem Zustand, den er leider nur zu oft kennengelernt hatte. Eine entzündete Fackel in der Hand hatte den Pfad nur einige Schritte im Voraus erhellt. Er hatte das Ding nach dem Abbrennen weggeworfen und sich hinter einen nahestehenden Busch am Straßenrand geworfen. Seinen Mantel oberhalb des Rückens gelegt und die Sterne im Nacken strahlend, war der Schlaf wie ein Fausthieb über ihn gekommen. Das kam ihm alles so bekannt vor, die letzten Jahre waren fast gleich verlaufen. Das Reisen war die Ursache einer bedeutenden Sache, die ihn zur Hexe führte, zu Venya und den Vertriebenen. Er hätte nie zu träumen gewagt, dass er sich unter einem solchen Zeitdruck so nahe vor dem Ziel befand. Es musste einfach stimmen, dass die Anführerin die Richtige gefunden hatte. Und wenn dies zutraf, war sie in größerer Gefahr als alle Ketzer, die unter ihrer Obhut standen, zusammen. Er erwachte schreckhaft mit Erde in Mund, während ihm etwas über den Rücken krabbelte - keine angenehme Nachtruhe. Er warf das Nagetier, das kurz davor war, sich in seine Hose zu verirren, zurück ins Gebüsch. Sprunghaft war er auf den Beinen, wach und so ausgeruht wie ein Gefangener auf einer Streckbank.

Da vernahm er das Poltern. Er konnte seinen Instinkten also immer noch vertrauen. Er blinzelte in die Sonne, die erst vor ein oder vielleicht zwei Stunden aufgegangen war und sah, dass etwas die Straße herunterkam. Er musste jetzt schnell handeln, das war ihm sofort klar.

Hinter einem Rotdornbusch fand er Zuflucht. Vor der Biegung hörte er das Prasseln von Hufen auf ebenem Grund. Es waren viele Reiter auf guten Pferden, das verriet ihm der Krach - und dass es sich um Scharen von Kriegern handelte. Die Schnelligkeit, mit der sie die Entfernung überbrückten, und die Tatsache, dass es in dieser Ödnis kaum einen Ort für Ersatzrösser gab, sagte dem Magier, dass es sich um gut trainierte und ausgeruhte Tiere handeln musste. Zuerst kam eine Staubwolke in Sicht. Coldwyn hörte aufgeregte Rufe und sah mit besorgter Miene die, die er hier so weit draußen am Rande des Kernlandes nicht mit Vorliebe erblicken wollte. Ein vollständiger Trupp von Silbernen folgte in Fünferreihen dem verwinkelten Pfad in die Hochebene. Zweihundert, schätzte er auf einen Blick. Und sie waren unterwegs zu Venya.

Das Pech klebte an dem Magier.

Sie wurden jetzt langsamer. Keiner aus der Reiterei wollte von einem herausragenden Ast erschlagen werden, vom Pferd fallen und damit den ganzen Verband aufhalten.

Jeder der Ordensritter war bewaffnet mit Armbrüsten für den Fernkampf und einem gut ausgewogenen Breitschwert für die Nähe. Selbst die Kriegsknechte, die mit geringem Abstand folgten, konnten sich über ihre Ausrüstung nicht beklagen. Coldwyn entdeckte das alles mit nur einem Blick durch Sträucher und Geäst. Eine Gelegenheit, die ihm wie gerufen kam. Es schien absurd. Ein Heer ritt auf das Lager zu, zu dem ausgerechnet er vorher gelangen musste. Aber das Wichtigste, das er entdeckte, waren Pferde. Reitpferde von überwiegend edlem Geblüt, keine Bauernklepper von hier, sondern Rösser von den Zuchthöfen der Kirche Thetyrs.

Er ging tiefer in die Hocke, nur zur Sicherheit. Die Reiter konzentrierten sich darauf, voranzukommen und dachten gar nicht an eine Störung. Von wem auch, in dieser gottverlassenen Gegend? Kostbare und erschreckende Sekunden vergingen, als die Reihen dicht an ihm vorbeizogen. Bannerträger folgten an den Flanken, sie hielten Standarten, ihre Arroganz war ihnen ins Gesicht geschrieben. Coldwyn verfolgte sie mit einem stillen Hass in der Brust. Er erspähte den letzten Abschnitt der Reiterei, dreißig Männer, vielleicht weniger, die sich ihren Weg über den schmalen Pfad bahnten.

Es war laut, sodass die Reiter untereinander schreien mussten, um sich verständlich zu machen. Endlich erschienen die Knechte, welche nicht ganz so stolz aussahen wie ihre Vorgänger. Sie standen im Sold oder waren eingezogen worden, ein gutes Schicksal für einen gelangweilten Farmer, der müde war vom Säen und Ernten. Für einen Feigling, der nicht auf Kämpfe aus war, hingegen ein schlechtes Geschäft. Die Augen des Magiers ruhten auf einem solchen Angsthasen. Das Lederwams, das der Letzte in seiner Reihe trug, schien zu ungewohnt für den armen Tropf. Seine Waffen baumelten hilflos am Gürtel, er hatte seinen Langdolch nicht einmal in Griffweite, so einen Wehrlosen suchte Coldwyn und hatte ihn gefunden, es musste jetzt sehr schnell gehen.

Die zurückliegenden Soldaten passierten nun, abgefallen von der Haupttruppe, den engen Pfad.

Überstürzt richtete er sich auf und rannte drauflos. Dann, an der richtigen Stelle, schoss er an einem Stamm hoch und griff gezielt nach einem Auswuchs über seinem Kopf, packte ihn mit der rechten Hand und schwang sich in die Höhe oberhalb des sitzenden Reiters der letzten Reihe. Genau im passenden Moment landete er auf dem Hinterteil des Braunen vor ihm. Der dickliche Knecht, dem der Schreck starr in die Knochen fuhr, bremste sofort.

Beide befanden sich links außen auf einer Biegung, die sich immer entfernter senkrecht in die Höhe zog. Der ganze Tross galoppierte in ansteigender Geschwindigkeit weiter. Coldwyn ergriff die Zügel vor ihm, zog den Kopf des prächtigen Pferdes nach hinten, bis es stoppte, dann packte er den unglückseligen Narren an den Schultern und zog ihn über die Flanke des Braunen. Klirrend schlug der Waffenknecht nach dem Sturz auf seinen Helm auf und holte sich an seinem Schädel eine mächtige Beule. Coldwyn sprang herunter, landete mit seinen Füßen vor der aufgeregt zappelnden Gestalt und erwartete Gegenwehr.

Sie blieb völlig aus. Der Mann mittleren Alters stotterte nur Unverständliches. Er schaute dem aufgepeitschten Rauch, den Spuren seiner Vorgänger, hinterher und hoffte, dass diese umkehrten. Keiner hatte sein Fehlen bisher bemerkt und würde es bis zur nächsten Zählung vor der Soldausgabe tun. So glaubte es jedenfalls der Magier.

Sekunden vergingen, bis die kauernde Gestalt überhaupt den Mann hinter sich wahrnahm oder wahrnehmen wollte.

Coldwyns wahnsinnige Tat, geleitet aus einem inneren Impuls, brachte ihm reichlich Beute ein. Wahnsinn konnte also auch belohnt werden.

„Einer aus dem Orden liegt vor mir im Dreck. Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal erleben würde. Los wehrt Euch.“

Er schritt dichter heran. Der Knecht verlor seinen Helm und schreckte zurück. Je näher Coldwyn auf ihn zulief, desto weiter kroch der Dicke weg. Als es nicht mehr weiterging, begann er zu zittern wie Espenlaub.

Nun war es an der Zeit, die Fragen zu stellen, auf die er die Antworten eigentlich kannte.

„Was haben Eure Gefährten vor? Wieso reisen so viele von Euch zum Arsch der Kernlande?“

Das brachte ihm keine Auskunft ein.

„Was habt Ihr hier draußen verloren? Seid Ihr nicht mehr damit zufrieden, in den Städten aufzuräumen, sucht Ihr die Ketzer jetzt in den Wäldern und auf den Wiesen?“

Plötzlich sah er fanatischen Hass in den Augen des Mannes aufblitzen. Ein Teil seiner mickrigen Grundausbildung erwachte zum Leben und kehrte mit Zorn heim.

„Was weißt du schon darüber, du beschissener Straßenräuber? Wir bekämpfen eine Bedrohung, die größer ist als eine Hundertschaft von deiner Sorte. Ich rate dir, schleunigst zu verschwinden, bevor meine Kameraden zurückkehren.“

Coldwyn erkannte die Drohung in den Worten, die ernst gemeint waren, leider erst viel zu spät.

„Bisher habe ich dich noch nicht beklaut Soldat, nenne einen Dieb nur dann so, wenn er seine Finger nach deiner Börse ausstreckt. Eigentlich will ich nur hören, was vor sich geht.“

Das war eine Lüge, auf jeden Fall wollte er ein Transportmittel.

Die voller Hass gesprochenen Worte des Waffenknechtes erschreckten ihn keineswegs, denn er war diese Stimmungswechsel von Angehörigen des Ordens schon gewöhnt. Sehr oft hatte er miterlebt, wie ruhige Menschen sich zu zornigen Bestien verwandelten, wenn er ihre Ziele infrage stellte. Doch steckte da noch etwas anderes dahinter.

„Verpiss dich, dreckiger Hund, oder steche mich ab, wie du es willst.“ Der Tonfall besserte sich nicht und Coldwyn zielte nicht extra darauf hin, dass er nicht bewaffnet war. Eine Verschwendung von kostbarer Zeit war das, und er konnte sich sowieso gut vorstellen, wohin die etwa zweihundert Mann unterwegs waren.

„Na gut, vielleicht bist du auch zu dumm, um zu wissen, wo es hingeht.“

Das war das eigentliche Problem, diese düstere Erahnung des Ziels der Reiterei, diese Gedanken folgten ihm auf seiner Wanderschaft.

Das Dorf, zu dem er wollte, war noch einen guten Tagesritt entfernt und der Gaul, der auf dem Pfad übrigblieb, kam ihm wie gerufen. Blitzartig hatte sich der Soldat aufgerafft und versperrte ihm den Weg. Coldwyn glaubte an eine ruckartige Art des Irrsinns, denn er allein konnte ihn unmöglich aufhalten.

„Vorhin wolltet ihr nicht einmal kämpfen und jetzt soll ich Euch etwa über den Haufen reiten?“

Der Dicke war plötzlich mutig geworden. Es dauerte auch nicht lange, bis der Magier den Grund dafür erkannte und sich selbst einen Dummkopf nannte.

Der Knecht hatte gerade genug Zeit geschindet.

Er hörte ein Getrampel von Hufen hinter sich und gleichzeitig vernahm er das gleichmäßige Scheppern von soliden Stahlrüstungen und Stahlwaffen. Er drehte sich um und rechnete mit dem Schlimmsten.

Und das Schlimmste trat ein, ein Teil der Nachhut kehrte tatsächlich um.

Fünf Reiter, ihre Gesichter blieben verborgen von Vollhelmen, die Hände ruhten auf ihren Waffen, sie erkannten die Lage sofort, als sie Coldwyn vor der tapferen Gestalt stehen sahen.

Man brauchte auch nicht besonders schlau zu sein, um zu verstehen, was hier vor sich ging.

Der Bannerträger in der Mitte der Reiterei ließ sich von seinem Nebenmann eine Lanze reichen und setzte sie dem vermeintlichen Dieb an die Kehle. Die Metallspitze der Waffe tanzte vor Coldwyns Augen auf und ab, er verkniff sein Gesicht zu einem gezwungenen Lächeln und grüßte die Ritter mit ausgestreckten Armen, Handflächen nach außen.

„Ich bin unbewaffnet“, rief er der Meute entgegen. Er drehte sich um die eigene Achse, um es den Ordenskriegern zu beweisen, und schielte dabei auf den gar nicht so weit entfernten Braunen, der gemütlich zu grasen begonnen hatte. Dann schaute er auf den Bannerträger. Mit einer Lanze oberhalb seiner Nasenspitze blieb das Fluchtziel unerreichbar.

„Das sehen wir, was im Namen Thetyrs geht hier vor?“

Sein vermeintliches Opfer sprang bei der Antwort für ihn ein.

„Herr, er hat mich attackiert. Er probierte, mein Pferd zu stehlen, auf hinterhältige Weise“, er sprach unterwürfig zu seinem Bannerträger. Sein Ton wurde aber erneut wütender, als es darum ging, Coldwyn des versuchten Mordes zu beschuldigen. Nach seinem Geschmack trug der Betroffene dabei zu dick auf.

„Genug jetzt, es reicht!“, tönte es aus der Mitte.

„Wie hätte ich Euch denn umbringen sollen. Wie Ihr seht, trage ich nicht einmal ein Messer. Das ist Schwachsinn, selbst für einen Ordensknecht zu dumm.“

Eine Beleidigung, die sein Verstand sofort nach dem Aussprechen bereute. Es waren schon Klügere, die sich den Silbernen entgegengestellt hatten, wegen geringeren Äußerungen auf der Stelle hingerichtet worden und bei ihm sah es jetzt nicht besser aus.

Die Paladine brummten verächtlich und irgendwie wusste er, dass dieser Tag nicht zu den besten seines Lebens zählte.

Die Augen des Bannerträgers in der Mitte der Reihe verengten sich zu Schlitzen. Er funkelte sein Gegenüber bedrohlich wütend an, die Spitze der Lanze kam noch näher heran, senkte sich und ritzte die Haut von Coldwyns Kehle an, bis einige Tropfen Blut flossen.

„Nennt mir nur einen vernünftigen Grund, warum ich Euch weiterhin am Leben lassen sollte und nicht hier an Ort und Stelle aufschlitzen, wie einen räudigen Mistköter“, klang es blechern aus dem Helm heraus.

„Auch, wenn ich mir kaum vorstellen kann, wie dumm und hilflos ein Diener aus Thetyrs Reihen sein muss, um sich von einem einzelnen Dieb sein Pferd unterm Arsch wegstehlen zu lassen.“

Die Rüge galt eindeutig dem Waffenknecht, der nur schuldbewusst zu Boden schaute.

Coldwyn packte unterhalb der Klinge am Schaft die Lanze und dank blitzschneller Reflexe und gutem Stand zog er die Waffe aus den Händen des Besitzers und außer Reichweite. Er ließ sie dann absichtlich neben sich fallen und hob wieder seine Arme als Zeichen dafür, nun keinen Widerstand zu leisten. So weit vorgezogen verlor der Bannerträger für einen Augenblick das Gleichgewicht und musste von einem weiteren Nebenmann gehalten und vor einen Sturz bewahrt werden.

Eine dumme Idee, wirklich dumm, jetzt noch solche Tricks abzuziehen.

Sofort richtete sich eine erhebliche Anzahl Schusswaffen auf ihn. Der Orden war auf Ketzer und andere gleicher Bedrohung immer gut vorbereitet und sein Leben hing tatsächlich nur an einem seidenen Faden.

„Nun, vielleicht können wie einen Handel vereinbaren. Versuchen wir es damit: Jeder geht seines Weges und wir vergessen, was geschehen ist. Keiner kam zu Schaden, der Witzbold hinter mir bekommt sein Pferd und ich verschwinde im Wald. Wir sehen uns nie wieder, versprochen. Ich bin gestern schon vor Euch weggerannt, dieses Mal habe ich das nicht vor.“

Eine kurze, peinliche Pause entstand, keiner der Paladine konnte fassen, was er da dreistes zu hören bekam.

Gut, ich dachte mir, dass der Vorschlag nicht auf Gegenliebe stoßen würde.

Der Anführer schaute ihn verblüfft wie ein dummes Kind an und schüttelte ungläubig seinen Kopf. So etwas Unverschämtes war ihm in etlichen Jahren seiner Laufbahn nicht widerfahren, ihm blieb regelrecht die Spucke weg.

„Ihr werdet sterben, auf der Stelle! Mehrfacher Angriff auf Ordensritter und auf mich… Wenn ich die Zeit hätte, würde ich Euch durch das Feuer eines Scheiterhaufens läutern.“

Ich kann mir vorstellen, dass Euch das Freude bereiten würde.

Coldwyns Lächeln erstarb im gleichen Augenblick und die altbekannte Wut begann im selben Moment in ihm hochzusteigen, die Wut, die er kannte, sobald Gewalt unvermeidbar wurde.

Geräuschvoll zog der Bannerträger seinen versilberten Zweihänder und trabte voran.

Einmal vergaß man die Vorsicht und schon verfolgte einen tagelang das Pech. Jedoch hatte er eine kleine Überraschung für solche Ereignisse in petto - etwas, das ihm einen gewaltigen Vorteil verschaffen konnte.

Ein Zweihänder, ein langes Schwert, das mit zwei Händen gehalten wurde, zielte bereits auf seinen Schädel. Die Klinge würde seinen Kopf spalten, falls sie träfe.

„Wartet, da gibt es noch was. Ich habe etwas von enormem Wert für Euch, als Ausgleich für mein Leben.“

Für einen kurzen Augenblick hielt der obere Ordensmann inne, aber nur, weil er immer, wenn jemand um Gnade flehte, neugierig wurde.

„Was soll das sein?“, blechte es aus dem Topfhelm hervor.

Behutsam und auf jede Bewegung bedacht ging Coldwyn ein paar Schritte zu seinem Nachtlager und holte von dort seinen Wanderbeutel hervor. Er schnürte ihn auf, griff hinein und nahm eine leicht verunstaltete Pergamentrolle heraus. Sie war von seinem unfreiwilligen Bad deformiert und wellig.

Und sie wurde ihm zügig vom Dicken entrissen, der sie unterwürfig seinem Bannerträger überreichte. Dieser begutachtete das Wachssiegel, drei Krähen, die um einen Baum schwirrten. Das erntete nur verdutzte Blicke. Keiner aus dem Orden kannte ein solches Wachssiegel, überhaupt niemand konnte diesen Stempel kennen. Coldwyn hatte es sich ausgedacht und eigens angefertigt, um es echter wirken zu lassen. Er hatte das ganze Ding auch selbst mit einem Fluch versehen.

„Los, lest es nur, es ist wirklich bedeutsam.“

„Wer hat Euch geschickt, welchem Herrn dient Ihr oder habt gedient, bis Ihr desertiert seid?“

Coldwyn kreisten einige wichtige und eher unwichtige Ortsnamen durch den Kopf, er wählte die erstbeste Stadt, die er kannte.

„Tarquis, der Bürgermeister von Tarquis schickt mich.“

"Was?“ Es gab eine Unmenge an ungläubigen Ausrufen, denn die Handelsstadt lag Dutzende Wegstunden entfernt nördlich und dieser Verbrecher hatte kein Pferd. Bevor es weitere Fragen dieser Art gäbe, drängte er lieber darauf, das Siegel zu brechen.

Die Neugierde siegte. Der oberste Paladin brach das Siegel und entrollte die Nachricht. Seine Stellvertreter von links und rechts schauten mit ihm auf den Bogen und waren genauso gebannt wie ihr Meister.

Sie sahen nur wirre, fremdartige Schriftzeichen, nichts, was man auf Anhieb entziffern könnte.

Der Bannerträger sah auf.

„Was soll das bedeuten? Ist das ein verschlüsselter Brief oder wollt ihr uns verhöhnen?“

„Schaut nur, ihr werdet schon dahinterkommen.“

Und tatsächlich widmeten sich die drei Personen wieder dem Brief, dieser Nachricht, die keine war. Fast nebensächlich begannen sich die Schriftzeichen zu verschieben. Man konnte genau zuschauen, wie die fremdartigen Runen ihre Positionen änderten und aus den Zeilen sprangen, dann wandelte sich ihre Form und Größe. Sie schoben sich zusammen, fingen an, sich zu drehen, und bevor die Ordensritter sich versahen, hatte sich aus der schwarzen Tinte ein Strudel gebildet, in den die Männer voller Konzentration hinein starrten. Ungläubig mussten die beiden verbliebenen Ritter feststellen, wie ihre Kameraden bewusstlos vom Pferderücken fielen, vollkommen gefangen von Coldwyns Zauberblatt.

Aber noch drei weitere blieben übrig.

Augenblicklich hatte der zum Tode Verurteilte gehandelt. Er hatte dem Dicken seinen Langdolch entrissen und ihn mit einem Tritt zu Boden geschickt. Leider hatte der Magier auch sofort bemerkt, dass die Waffe des Knechts zu nichts mehr als einem Käsemesser taugte. Er warf sie achtlos beiseite und zog einen Kriegshammer, der aus einer Satteltasche des herumstehenden Braunen herausragte.

Einige wenige Sekunden waren ihm verblieben, da selbst die abgebrühten Ordensmänner eine Weile brauchten um sich auf die neue unglaubliche Situation einzustellen.

Coldwyn nützte dies voll aus und sprang den Reiter von rechts an, zog ihn mithilfe seiner schweren Rüstung vom Ross. Der Kerl landete unsanft auf seinem Hintern und konnte sich kaum bewegen. Coldwyn traf auf seine Brust, zögerte keinen Atemzug lang und versetzte dem Mann einen ordentlichen Hieb auf den Helm, der einen hohen metallischen Ton erzeugte und eine tiefe Beule im Kopfschutz.

Der Reiter war betäubt und blieb wehrlos liegen.

Währenddessen war hinter ihm der letzte Ordenskrieger erschienen, der sich noch wehren konnte, ebenfalls eine übergroße Klinge in der ausgestreckten Hand.

Coldwyn nutzte seinen Geschwindigkeitsvorteil und wich einem horizontalen Hieb durch Ducken aus. Dann legte er alle Kraft und Schnelligkeit in einen Schlag seiner Rechten, er erwischte mit seiner Hiebwaffe eine ungeschützte Stelle des Panzers unter dem angehobenen Arm an den Achseln. Eine schmerzhafte Verletzung, die ihn sofort dazu brachte, das schwere Tötungswerkzeug fallen zu lassen. Der Mann kippte vornüber um.

Und ein zweites Mal gab es einen mächtigen Hieb auf den Helm. Der Letzte war außer Gefecht gesetzt.

„Nun zu Euch.“

Coldwyn wand sich dem Knecht entgegen, der plötzlich seinen Mut wieder verloren hatte.

„Viel Spaß, wenn Euer Herr und seine Begleiter wieder aufwachen, mal sehen, an wem sie ihre Wut auslassen werden.“

Beim Vorbeigehen klopfte er dem Dicken auf die Schulter und sattelte mit wenig Zeitverlust auf.

Aber er verschwand nicht, ohne dem Löcher in die Luft glotzenden Knecht noch einen weiteren Tritt zu verpassen.

Er flog mit seinem ganzen Körper auf seinen silbernen Plattenpanzer und musste dabei eine Menge Staub schlucken.

Coldwyn galoppierte davon und hörte nur das ungläubige Gebrüll hinter sich.

„War das Magie, du Irrer!“

Also gut, ein wahnsinniger Plan konnte manchmal funktionieren, wenn auch mit Abweichungen.

Trugbild der Schatten

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