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KAPITEL 4 ENTSCHLOSSEN MAASTRICHT BRACHTE DIE UNVOLLENDETE UNION

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Entschlossen – dieses ausdrucksstarke Wort steht gleich fünfmal in der Präambel des Vertrages von Maastricht. Er wurde am 7. Februar 1992 in der niederländischen Stadt unterschrieben und sollte die zwölf Staaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) in eine Union für gemeinsames Handeln nach innen und außen weiterentwickeln, was in wichtigen Bereichen auch gelang. Aber von dieser geforderten Entschlossenheit war vor allem zu Beginn der Corona-Pandemie so gar nichts zu spüren.

Nun kann es für eine weltweite Seuche keinen günstigen Zeitpunkt geben, aber im Frühjahr 2020 erwischte das Corona-Virus ganz Europa zu einem besonders heiklen Zeitpunkt. Es war genau 30 Jahre her, dass nach dem Zerfall des Sowjetblocks und der darauffolgenden Unabhängigkeit der 15 Sowjetrepubliken überall in Osteuropa demokratische Regime entstanden. Erst vor 30 Jahren wurde in Europa der Zweite Weltkrieg durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag offiziell beendet, Vertreter der beiden deutschen Staaten und der vier Alliierten unterzeichneten am 12. September 1990 in Moskau diesen Vertrag. Erst jetzt war Deutschland ein souveräner Staat, die vier Siegermächte hatten ihre Rechte aufgegeben. Endlich durften die Menschen in den beiden bis zum Mauerfall verfeindeten deutschen Staaten ihre Wiedervereinigung feiern. Aber 30 Jahre nach diesen weltpolitisch überraschenden und so erfreulichen Ereignissen befindet sich die Europäische Union bereits seit Jahren in einer tiefen Krise. Diese zeigt sich unter anderem darin, dass Medienfreiheit und Rechtsstaatlichkeit in ehemals kommunistischen Ländern eingeschränkt wurden. Journalisten und Richter geraten in einigen Staaten unter Druck, statt der Betonung der Menschenrechte hören wir in einigen Staaten wieder völkische Parolen rechtsextremistischer Gruppen, in Ungarn sogar von der Regierung. Bei der Art, wie nach dem Austritt der Briten aus der Union über das Budget der nächsten sieben Jahre gestritten wurde, war der Geist von Maastricht auch nicht zu spüren. Der Brexit wurde zwar am 31. Jänner 2020 vollzogen, aber das künftige Verhältnis zwischen der EU und Großbritannien ist nach wie vor nicht geklärt. Immerhin: Vielen Briten wurde während der Corona-Krise klar, dass ein funktionierender Handel mit dem Kontinent gerade in schwierigen Zeiten überlebenswichtig ist.

Der heftig ausgetragene Streit zwischen Nord und Süd, zwischen Ost und West, zwischen den „frugalen Vier“, also Dänemark, Holland, Österreich, Schweden auf der einen und dem Rest der EU auf der anderen Seite, war und ist ein Symbol für das Auseinanderdriften einer Staatengemeinschaft, die erst 2013 durch die Aufnahme Kroatiens auf 28 Mitglieder angewachsen und durch den Brexit wieder auf 27 geschrumpft ist. Über Geld wurde in der Union immer gestritten, wobei die Lösung in Zeiten von Helmut Kohl und Maggie Thatcher einfacher war. Die Britin rief „I want my money back!“ und der Deutsche hatte immer das Scheckbuch dabei, durchaus zum Vorteil der starken, exportorientierten Industrie der Bundesrepublik.

Letzter Weckruf für Europa

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