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|7| Hinführung zum Thema

Viele engagierte Christen wünschen, ja fordern die Einheit der Kirche. Sie nennen dafür gute Gründe:

 Die Christusbotschaft verliert ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie von verschiedenen Konfessionen auf verschiedene Weise verkündet wird, von einigen sogar mit dem Anspruch, dass nur bei ihnen die reine Wahrheit zu finden sei.

 Konfessionell gemischte Ehen und Familien werden in die Konkurrenzkämpfe ihrer Kirchen verwickelt und können noch nicht einmal gemeinsam das Abendmahl feiern, das Symbol der Gemeinschaft.

 Kirchen, die in der Öffentlichkeit nicht mit einer gemeinsamen Stimme sprechen, werden nicht mehr gehört.

 Der einstimmige Ruf nach kirchlicher Einheit löst sich in ein dissonantes Stimmengewirr auf, sobald gefragt wird:

 Was ist denn Kirche überhaupt?

 Wie soll die Einheit von Kirche aussehen?

 Welche Schritte zu dieser Einheit wären von allen zu tun?

 Was Kirche ist, glauben alle zu wissen, aber alle eben auf ihre Weise. Damit ist bereits das Problem umrissen, mit dem jedes Gespräch über Kirche konfrontiert ist. Alle reden von Kirche so, wie sie sie selbst erfahren haben.

Das ist bei Katholiken, Orthodoxen und Protestanten unterschiedlich. Die subjektiven Verständnisse von Kirche stimmen freilich nur zum geringen Teil mit dem Selbstverständnis jener Kirchen, für oder gegen die gestritten wird.

Gespräche, in denen man sich gegenseitig die Gemeinsamkeiten bestätigt tun gewiss der ökumenischen Zusammenarbeit auf Ortsebene gut. Aber die Einheit der Kirche wird ja nicht durch die Gemeinsamkeiten verhindert, sondern durch die Differenzen. Deshalb müssen sich ernsthafte Bemühungen um die Einheit der Kirche auf die Differenzen richten, die bereits in den Selbstverständnissen der Konfessionen angelegt |8| sind. Dazu ist es nötig, das Selbstverständnis sowohl der eigenen als auch der anderen Konfessionen in ihren Grundstrukturen zu kennen.

Von kirchlicher Einheit lässt sich sinnvoll nur reden, wenn man sich dessen bewusst ist, welche Kirchenverständnisse und Kirchenstrukturen zur Einheit zusammengeführt werden sollen.

Was Einheit sein und wie sie verwirklicht werden könnte, das kann nur aus der Logik der jeweiligen kirchlichen Selbstverständnisse erhoben werden. Einheitswünsche und Einheitsforderungen, die jenseits dessen bleiben, wie Kirchen sich selbst und wie sie mögliche Einheit verstehen, bleiben illusionär und haben keine Chance, gehört zu werden. Wenn ökumenische Gespräche nicht Unterhaltungsveranstaltungen bleiben sollen, dann kommen die Gesprächsteilnehmer nicht umhin, sich mit den konfessionellen Gegebenheiten und Perspektiven zum Thema Einheit realistisch auseinanderzusetzen. Für diese geistige Auseinandersetzung versucht dieses Buch die erforderliche Informationsbasis bereitzustellen und einige Hilfen zu geben.

Eine standortlose Perspektive, aus der sich Kirchen objektiv wahrnehmen und beschreiben ließen, gibt es nicht. In jede Aussage über Kirche geht die Perspektive des Autors mit ein. Der Verfasser dieses Textes ist in der protestantischen Kirche beheimatet, aber darin nicht gefangen. Ich bemühe mich darum, die Selbstverständnisse der Kirchen aus deren offiziellen Dokumenten zu entfalten. Die selbstkritischen Gedanken zu meiner Kirche formuliere ich selbst. Die Selbstkritik innerhalb der orthodoxen und römisch-katholischen Kirche lasse ich durch Stimmen aus diesen Kirchen zu Wort kommen.

Der Charakter des Buchs

Das Buch ist für Leser/-innen und für Gesprächskreise verfasst, die elementare Informationen zum Thema »Kirche« |9| und »Einheit der Kirche« suchen. Für die Vielfalt der Zugangsmotive wurde ein offenes Konzept gewählt, in dem sich jeder mit seinen Fragen und Interessen seinen eigenen Leseweg suchen kann. Das Buch ist zwar systematisch aufgebaut, aber doch so angelegt, dass man nach persönlichen Interessen an jeder Stelle »einsteigen« kann. Die einzelnen Kapitel sind so ausformuliert, dass sie in sich selbst verständlich sind und nicht die gesamte Lektüre des zuvor Dargelegten voraussetzen. Zudem sind Verweise auf Ergänzendes eingefügt. Die systematisch Lesenden werden mit Rücksicht auf die Lesegewohnheiten anderer dem Verfasser hoffentlich die Wiederholungen nachsehen, dort, wo sie sie stören.

Der Text beschreibt nicht nur den »Ist-Zustand« der konfessionellen Kirchenverständnisse, sondern zeigt, wie und weshalb das Gewordene so geworden ist, wie es gegenwärtig ist und wo die entscheidenden Weichen dafür gestellt wurden. Er beschränkt sich dabei bewusst auf jene wesentlichen Elemente und Grundstrukturen, die die Leser/-innen kennen müssen, um sich ein eigenes Urteil über die Möglichkeiten und Chancen einer kirchlichen Einheit zu bilden und am Gespräch über die Einheit der Kirche produktiv teilnehmen zu können.

Einheit der Kirche?

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