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d) Feministische Kritik der Sohneschristologie

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kein männlicher Erlöser für Frauen

Im Bereich des Feminismus war es Mary Daly, die schon früh eine konsequente Revision der Vorstellung von Gott als Vater (Daly/409: 27–60) und die damit verbundenen „Mythen“ der Gottebenbildlichkeit, der Sünde, des Opfers (61–87) und des Gottessohnes (88–117) gefordert hat. Von Daly wird eine religiöse Welt „jenseits der Vorbilder“ eingeklagt, jenseits des als „Christolatrie“ gebrandmarkten Bekenntnisses zu Jesus Christus, dem Sohn Gottes. Dalys radikal feministische Position hat sie in einen „nach-christlichen Raum“ geführt, in dem kein Platz mehr ist für den Gott, den Jesus seinen Vater nannte, weil Frauen, so Daly, von ihm keine Befreiung erhoffen können. An die Stelle der christlichen Gottesrede tritt bei Daly die neopagane Vorstellung eines kosmischen Bundes, in dem Frauen die Planeten als ihre göttlichen Schwestern betrachten.

Nicht alle feministischen Theologinnen sind Daly in ihren radikalen Ansichten gefolgt. Zwar vertritt auch Rosemary Ruether die These, dass ein männlicher Erlöser Frauen nicht befreien könne. Allerdings bleibt Jesus für sie das entscheidende Vorbild, theologisch bedeutsam aber nicht in seinem Geschlecht, sondern allein in seiner „Menschlichkeit“. Doch was radikale Richtungen der feministischen Theologie eint, ist die Forderung nach einer Revision der Rede von Gott als Vater, der damit verbundenen Sohneschristologie und der darauf aufbauenden Trinitätslehre (Strahm-Strobel/436). Dies gilt auch für Elisabeth Schüssler Fiorenza, eine der profiliertesten femi nistischen Theologinnen.

Revision der Sohneschristologie

Gegenüber der Mehrheit ihrer feministischen Kolleginnen plädiert Schüssler Fiorenza für eine Christologie ohne jegliche Geschlechterdifferenz (Schüssler Fiorenza/433/434). Grundlage ihrer Position ist die konstruktivistische These, Sprache sei ausschließlich eine „soziokulturelle Konvention“. Sie stelle „keine Reflexion der Wirklichkeit“ dar, so dass die Differenzierung zweier Geschlechter nicht ein „angeborenes Wesen repräsentiert“ (433: 65). Schüssler Fiorenza vermutet, dass die „erste christologische Reflexion theologisch eine Sophialogie“ (212) gewesen ist, Jesus aber schon bald in „kyriarchalen Begriffen“ als „kosmischer Herr“ (Kyrios) und Herrscher dargestellt wurde (223f.). Prinzip der kyriarchalen Christologie ist für Schüssler Fiorenza Jesus, der „Sohn“ (ιός) und „Herr“ (κύριος). Verbunden mit dem Inkarnationsgedanken gehört zur kyriarchalen Christologie ebenso die „imperiale“ Artikulation der Göttlichkeit Jesu sowie die Deutung seines Todes als Sühnopfer (17.42.45f.). Eine Theologie des Kreuzes, der sich aufopfernden Liebe Jesu, seiner Selbsthingabe für die Sünden der Welt, lehnt Schüssler Fiorenza ab, weil das Leiden und Sterben Jesu nicht dem Willen der Sophia entspreche (159. 195).

Die feministische Revision der Sohneschristologie stellt nicht nur einen Bruch mit der christlichen Glaubenslehre, sondern auch mit der neutestamentlichen Überlieferung dar. Christliche Gebetssprache, Liturgie wie Theologie sind aus offenbarungstheologischen Gründen an die Vateranrede Jesu und die damit verbundene Sohneschristologie gebunden. Denn „im Munde Jesu ist die Bezeichnung Gottes als ‚Vater‘ zum Eigennamen geworden. Sie hat damit aufgehört, eine Gottesbezeichnung unter andern zu sein“ (Pannenberg/428: 286). Von daher kann sie nicht einfach durch die Mutteranrede oder eine diffuse Sophialogie ersetzt werden. Die biblische Rede von Gott als Vater ist auch nicht einfach ein Spiegelbild patriarchalischer gesellschaftlicher Verhältnisse, sondern verhält sich dazu durchaus kritisch (428: 284–286). Die Geschlechterdifferenz auf das Gottesverständnis zu übertragen oder Gott, den Jesus seinen Vater nannte, die Sophia gegenüberzustellen, repristiniert letztlich heidnische Göttervorstellungen (Bouyer/407: 54). In seiner Kritik am biblischen Monotheismus und der Sohneschristologie entspricht der radikale theologische Feminismus auffällig dem neopaganen Gepräge der „postmodernen“ Moderne.

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