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a) Dialektische und existentiale Theologie

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Jesus Christus als Selbstoffenbarung Gottes

Am Beginn der theologischen Neuaufbrüche des letzten Jahrhunderts stehen als großer Auftakt die dialektische und existentiale Theologie. Nach Karl Barth († 1968) kann nur das Wort Gottes selbst, das uns in seiner unableitbaren Offenbarung in Jesus Christus trifft, nicht wie in der liberalen Theologie der Mensch und seine Frage nach Gott, der Ausgangspunkt der Theologie sein. Jede Form einer „natürlichen Theologie“, die ausgehend von der Welt und dem Menschen einen Zugang zu Gott und Jesus Christus sucht, lehnt Barth ab. Im Frühwerk Barths, für das der „Römerbrief“ (44/22) steht, begegnet uns „eine Art dialektischer Paradox-Christologie“ (Kühn/62: 259). Die Gestalt Jesu bedeutet die „Bruchstelle“, wo sich Zeit (die uns bekannte Welt) und Ewigkeit (die uns unbekannte Welt) treffen. In Jesus Christus, dem Auferweckten, berührt das Ewige die Zeit, wie die Tangente einen Kreis (Barth/44: 5f.). Barth vollzieht damit eine Wende vom „historischen Jesus“ zum Christus der Auferstehung, wie er vom apostolischen Kerygma bezeugt wird, als dem Ort der Offenbarung Gottes. Grundlage der „Kirchlichen Dogmatik“ (1932ff.) Barths ist eine streng offenbarungstheologisch entfaltete Lehre von der Trinität. Ausgehend vom Begriff göttlicher Offenbarung versteht Barth Jesus als die Selbstoffenbarung Gottes und damit von vornherein als Gottes Sohn, also im Licht seiner Gottheit (Barth/43: §§ 1– 7.8–12).

ewige Erwählung und stellvertretendes Strafleiden

Barth vertritt eine „Christologie von oben“, die vom Gedanken des Kommens Gottes in die Niedrigkeit her konzipiert ist und die Mitte der ganzen „Kirchlichen Dogmatik“ darstellt. In seiner christologisch fundierten Erwählungslehre beschreibt Barth, der hier in starkem Maße von Martin Luthers († 1546) Kreuzestheologie abhängig ist, Jesus Christus als den erwählenden Gott und als den von Gott erwählten Menschen, in dem alle Menschen zur Erlösung erwählt sind dadurch, dass der Sohn das von Gott verhängte stellvertretende Strafleiden auf sich nimmt (43: §§ 32–35): „Darin besteht doch Gottes Selbsthingabe, darin vollzogen, daß er seinen Sohn gab und sandte: daß dieser verworfen wurde, damit wir nicht verworfen würden“. „Der Freispruch des Menschen von der Verwerfung zu Gottes eigenen Ungunsten“ ist von Ewigkeit her von Gott beschlossen (Prädestination), „der Freispruch des Menschen, in welchem Gott sich selbst zum Verlassenen, zum Verworfenen an die Stelle des Freigesprochenen bestimmt“ (§ 33, 182). Gegenüber der langen Tradition heilspartikularistischer Positionen (Augustinus, Calvin) wirkte Barths Universalismus befreiend; ebenso haben seine Überlegungen zur Universalität Christi Bedeutung für das für eine Theologie der Religionen zentrale Thema „Christus extra muros ecclesiae“ (Kühn/62: 264). Doch bleibt die Frage, ob Barths streng prädestinationstheologisch begründete Erwählungslehre die Geschichte Gottes mit den Menschen in ihrer Heilsdramatik ernst genug nimmt.

„Christologie von unten“

Bei Emil Brunner († 1966), der das für die dialektische Theologie zentrale Werk „Der Mittler“ (1927) veröffentlichte, in welchem der Gedanke der Menschwerdung des Gottessohnes im Mittelpunkt steht, finden sich erste Ansätze einer „Christologie von unten“. Vor allem im zweiten Band seiner Dogmatik fordert Brunner, beim Verständnis der Person Christi von seiner Menschheit auszugehen, wofür er sich auf keinen Geringeren als Luther beruft: „Der Weg der Erkenntnis Jesu führt vom Menschen zum Gottessohn und zur Gottheit … Man muß unten anheben und darnach hinaufkommen“ (Brunner/48: 341). Das biblische Bekenntnis, dass Jesus der Messias, Herr und Sohn Gottes sei, führt nach Brunner notwendig zur Lehre von der Menschwerdung des Gottessohnes (372).

Jesus Christus als Antwort auf die existentialen Fragendes Menschen

Rudolf Bultmann († 1976) wurde zunächst zur Richtung der dialektischen Theologie gerechnet, rückte aber schon bald von Barth ab und ging eigene Wege. Der große Gegenspieler zu Barth sieht in Jesus Christus die Antwort auf die existentialen Fragen des Menschen. Das Evangelium ist die christliche Antwort auf die Suche des Menschen nach sich selbst. Nicht der historische Jesus ist Gegenstand des Glaubens und der Theologie, sondern der Christus des nachösterlichen apostolischen Zeugnisses; der historische Jesus gehört nur zu den religionsgeschichtlichen Voraussetzungen des Glaubens (Bultmann/106: 35–39). Mit seinen zeitgebundenen mythologisch-metaphysischen Aussagen geht es dem Evangelium darum, die Bedeutung der Person Jesu für die Eigentlichkeit menschlicher Existenz herauszustellen (107: 7–20). Im Sinne einer „Entmythologisierung“ geht es Bultmann um die konsequente „existentiale Interpretation“ der christologischen Aussagen (Prä existenz, Jungfrauengeburt, das leere Grab etc.) des Neuen Testaments (108: 23f.). So ist die Auferweckung Jesu kein geschichtliches Ereignis, sondern nur „der Ausdruck der Bedeutsamkeit des Kreuzes“ (108: 58). Die letzte Wirklichkeit ist das Ereignis des Wortes Gottes, das für uns (pro nobis) in der Person Jesu ergeht. Doch wie kann uns im Menschenwort das Wort Gottes selbst begegnen? Der Grund dafür kann letztlich nur in der Person Jesu selbst liegen.

Die theologische Bedeutung der Frage nach dem historischen Jesus wurde von dem Bultmann-Schüler Ernst Käsemann († 1998) herausgestellt: Gott hat gehandelt, ehe wir gläubig wurden, weshalb der neutestamentliche Osterglaube die irdische Geschichte Jesu mit einbezieht. Käsemann leitete mit seinen Arbeiten zum historischen Jesus die entscheidende Wende in der exegetischen Diskussion der Nachkriegszeit ein. Dass in der Christologie „ontologische“ Aussagen über Jesus und sein Verhältnis zu Gott nicht zu vermeiden sind, zeigte sich in der „Systematischen Theologie“ (1951–1963) Paul Tillichs († 1965). Die Darstellung seiner stark soteriologisch ausgerichteten Christologie ist von der Methode der Korrelation bestimmt: hier der „gefallene“ Mensch in seiner Entfremdung von Gott, dort das „Neue Sein“ in Jesus Christus. Gott wird von Tillich als das „Sein selbst“ beschrieben und Jesus Christus als die „letztgültige Offenbarung“ des göttlichen Seins: Er ist die Manifestation des „Neuen Seins“ des von Gott gemeinten ursprünglichen unverstellten Wesens des Menschen, an dem die Menschen als „neue Kreatur“ Anteil gewinnen. Vor allem Tillichs Christologie zeigt, dass sein Offenbarungsverständnis von einem Symbolbegriff geprägt ist, der einseitig den negativen, kataphatischen Charakter des Symbols betont (Tillich/87:193–198.273–280/88:107–194). So versteht Tillich Kreuz und Auferstehung als christologische „Symbole“ für die zerstörerischen Mächte und die Macht des Neuen Seins (88:167–170).

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