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1.4.1 Probleme bei der Bereitstellung globaler öffentlicher Güter

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Die Nichtausschließbarkeit auch hinsichtlich der Bereitstellung108 und nicht nur des »Konsums« bringt daher die Risiken mit sich, die für öffentlich Güter typisch sind: ein Trittbrettfahrer-Verhalten« und die Verschleierung der »wahren Präferenzen«, wenn es darum geht, die Kostenbeteiligung bei der Bereitstellung dieser Güter festzulegen. Staaten, die nicht bereit sind, Maßnahmen zur Begrenzung der Klimaerwärmung zu ergreifen, profitieren trotzdem von den Anstrengungen anderer Länder. Sie haben daher wenig Anreize, sich selbst aktiv für den Klimaschutz einzusetzen (das Kollektivgut zu konsumieren, ohne für einen Teil der Kosten aufkommen zu wollen109 – sie agieren als Trittbrettfahrer. So kommt es zu einer unzureichenden Korrektur von Global Public Bads bzw. es wird zu wenig für Global Public Goods getan. Es geschieht etwas, aber niemand hat es getan oder es geschieht etwas und niemand tut etwas dagegen.

»This is the story about four people: Everybody, Somebody, Anybody and Nobody. There was an important job to be done and Everybody was asked to do it. Everbody was sure Somebody would do it. Anybody could have done it, but Nobody did it. Somebody got angry about that because it was Everybod´s job. Everybody thought Anybody could do it, but Nobody realized that Everybody wouldn´t do it. It ended up that Everybody blamed Somebody when actually Nobody asked Anybody«. Eine Trittbrettfahrermentalität eines Landes ist dabei umso wahrscheinlicher, je mehr Länder betroffen sind, da der Beitrag des einzelnen Landes i. d. R. unbedeutender wird, das opportunistische Verhalten weniger auffällt, je heterogener die Interessen sind, es an Bereitschaft fehlt, nationalstaatliche Souveränität110 aufzugeben und es keine effektiven Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten nach einer freiwilligen Kooperation gibt. Außerdem sind auch die Transaktionskosten umso höher, je mehr Länder betroffen sind.111

Das Trittbrettfahrer-Verhalten von Staaten bei globalen Belangen wird zudem begünstigt durch jenes der Bürger (Wähler), für die globale Probleme kaum fühlbar und interessant sind. Sie verlassen sich im Zweifelsfall auf die eher kleine Gruppe aktiv engagierten Mitbürger, in der Erwartung, dass diese Lösungen für die globalen Übel einfordern werden, von denen sie dann auch profitieren. Von den nationalen Politikern werden die globalen Übel daher auch nicht als wahlentscheidend angesehen. Die Regierungen der Nationalstaaten verlassen sich ebenfalls auf die Gegenmaßnahmen anderer Staaten zur Beseitigung oder Einschränkung der Probleme. Da zukünftige Generationen an der Entscheidung nicht beteiligt sind, und altruistisches Verhalten eher unwahrscheinlich ist, geht Trittbrettfahrer-Verhalten der Staaten zudem häufig zu Lasten nachfolgender Generationen. Auf diese Weise kommt es zu einem mehrstufigen Trittbrettfahrer-Verhalten.112

Da sich Staaten aufgrund ihrer Souveränität und unterschiedlicher Präferenzen als Trittbrettfahrer verhalten können, liegt für die Bereitstellung öffentlicher Güter eine Situation vor, die in einem Dilemma enden kann, da sich für ein Land ein nicht-kooperatives Verhalten113 als dominante Strategie darstellt. Zwar würden alle am meisten profitieren, wenn jedes Land seinen Beitrag zur Bereitstellung leistete, doch für den das einzelne Land lohnt sich das Free-Rider-Verhalten, denn es kann sich dadurch in eine relativ bessere Position bringen. Zur Analyse nicht-kooperativen Verhaltens wird u. a. das sog. »Gefangenendilemma« herangezogen.114

Abbildung 1.14 stellt beispielshaft die Auszahlungsmatrix für ein Gefangenendilemma dar und modelliert eine Situation wie sie etwa für zwei Staaten in der internationalen Umweltpolitik anzutreffen ist. Das typische beim Gefangenendilemma ist die strategische Interdependenz des Verhaltens. Der Beitrag der beiden Akteure beruht sowohl auf der eigenen Strategie als auch auf derjenigen des anderen Akteurs.

So wäre es die insgesamt beste Lösung, wenn beide Staaten sich für ein kooperatives Verhalten entscheiden würden, um aktiv das Klima zu schützen oder Korruption zu bekämpfen (Lösung I). Da es sich jedoch für den einzelnen Akteur lohnt, weiterhin die Umwelt zu verschmutzen, wenn der andere Akteure Einsparungen von Treibhausgasemissionen erreicht, wird dieser rational aufgrund ökonomischer Erwägungen vom kooperativen Verhalten abweichen (II bzw. IV). Demjenigen Akteur, der zwar aktiv Klimaschutz betreibt, jedoch wirtschaftlich dafür bestraft wird, bleibt somit als einzige Möglichkeit, um wirtschaftlich nicht schlechter gestellt zu sein, dass er ebenfalls nicht kooperiert. Somit wird bei (III) ein sog. »Nash-Gleichgewicht« erreicht, da sich an diesem Punkt die beiden dominanten Strategien treffen.115 Die für beide Länder beste Lösung (I) wird deswegen verfehlt, weil beide kein Vertrauen in die Aufrichtigkeit des anderen haben. Das Vertrauensproblem verschärft also die Schwierigkeiten, ein Kollektivgut bereitzustellen.


Akteur A

Abb. 1.14: Auszahlungsmatrix für Gefangenendilemma116

Die Probleme bei der Bereitstellung globaler öffentlicher Güter lassen sich mithin wie folgt zusammenfassen: Ein einzelner Staat versagt bei der Lösung eines globalen Problems, da dies seine Kompetenzen überschreitet.117 Aufgrund der nationalen Souveränität der Staaten und dem Fehlen einer Weltregierung mit Machtmonopol kann die internationale Entscheidungsfindung nur auf dem Prinzip der Freiwilligkeit beruhen. Die Staaten treffen dabei ihre Entscheidungen unabhängig voneinander darüber, ob sie einem Abkommen über die Bereitstellung globaler Güter beitreten werden oder nicht; zwischen den Staaten besteht jedoch eine Abhängigkeit bezüglich der Folgen ihrer unabhängig getroffenen Entscheidungen, so dass eine Entscheidung für oder gegen die Teilnahme mit wichtigen Implikationen sowohl für die eigene als auch für die gesamte Wohlfahrt verbunden ist.

Hinzu kommt, dass sich die Staaten aufgrund ihrer Souveränität nicht nur vor, sondern auch nach einem freiwillig eingegangenen Vertragsabschluss noch unkooperativ verhalten. Die nachfolgende Abbildung zeigt die ganze Dimension und Problematik der Etablierung und Umsetzung internationaler Abkommen zur Bereitstellung eines globalen öffentlichen Gutes auf.

Allein das Erkennen und die klare Abgrenzung eines globalen Problems, das einer Lösung bedarf, scheitern mitunter schon an der unterschiedlichen Prioritätensetzung der (betroffenen) Länder. Dasselbe gilt für die Festlegung geeigneter Maßnahmen für die Problembewältigung. Allein der Vertragsabschluss garantiert noch keine Vertragserfüllung durch die Unterzeichnerstaaten, weshalb es kluger Überwachungsmechanismen und irgendwelcher Sanktionsinstrumente bedarf.


Abb. 1.15: Die Schaffung und Durchsetzung von Regeln im Zeitablauf118

Tatsächlich sind in der Praxis immer wieder Fälle zu beobachten, in denen einzelne Staaten oder Staatengruppen mehr oder weniger erfolgreich versuchen, gemeinsam gefundene, globale Regeln zu unterlaufen.

Um eine kontinuierliche Problembearbeitung globaler Herausforderungen und grenzüberschreitender Phänomene zu ermöglichen, bedarf es mithin der Entwicklung von Institutionen und Mechanismen internationaler Kooperation, die globales Regieren im Sinne einer Weltinnenpolitik erlauben.119 Letztlich geht dabei um die Frage, wie die zunehmende internationale Verflechtung »politisch so gestaltet werden kann, dass deren Risiken minimiert und Chancen optimiert sowie existierende Fehlentwicklungen korrigiert werden können.«120

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