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Box: Kommt ein »Klimaclub«?

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Auf Vorschlag des wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums hat das Bundeskabinett im August 2021 die Eckpunkte für die Gründung eines Klimaclubs verabschiedet. Die Idee an sich geht auf den US-Ökonomen und Nobelpreisträger William Nordhaus zurück, um das Trittbrettfahrerproblem im internationalen Klimaschutz in den Griff zu bekommen.

Die Mitgliedsstaaten der Klimaallianz sollen sich demnach auf gemeinsame Emissionsstandards sowie einen gemeinsamen Mindestpreis für Kohlendioxid festlegen, der auf jede Tonne CO2 anfiele, die in der Staatengruppe von Unternehmen ausgestoßen wird. Um einen möglichen Wettbewerbsnachteil gegenüber jenen Unternehmen auszugleichen, die in Staaten produzieren, die nicht Clubmitglied sind, soll beim Import aus diesen Ländern – vorausgesetzt sie halten sich nicht an die vorgegebenen Umweltstandards – ein Aufschlag (Klimazoll) anfallen.132

Um die vielfältigen, in globaler Abhängigkeit stehenden Akteure mit ihren unterschiedlichen Präferenzen trotz möglichem Trittbrettfahrer-Verhalten dennoch zu einem kooperativen Verhalten bewegen zu können, sind gewisse Anreize notwendig. »Ways and means must be found to make international cooperation an attractive, or at least, acceptable proportion for all.«133

Zunächst stellt sich jedoch die Frage, wie globale öffentliche Übel (bspw. der Klimawandel) überhaupt auf die internationale Tagesordnung kommen, nachdem die Ignoranz gegenüber dem Problem erst einmal überwunden ist.134 Voraussetzung ist ein fundierte wissenschaftliche Bestätigung der Existenz des globalen Problems, ein langfristiger Dialogprozess der Wissenschaftler mit den politischen Entscheidungsträgern, die Wahrscheinlichkeit, dass das Problem grenzüberschreitend ist, wenn sie große und/oder dramatische Risiken bergen oder gar eine unmittelbare Bedrohung für die Menschheit darstellen wie bspw. die Covid-19 Pandemie. Außergewöhnliche Ereignisse wie Atomreaktorunfälle, das Schaffen von Problembewusstsein und die Verbreitung von Kenntnissen durch internationale Nichtregierungsorganisationen sowie die Unterstützung internationaler Organisationen (bspw. durch die OECD) und jene durch mächtige und einflussreiche Staaten sind weitere Bedingungen dafür, dass die Korrektur global öffentlicher Übel auf die internationale Politikagenda kommen und die Bereitstellung korrigierender globaler öffentlicher Güter eingeleitet werden.135

Ist die Anzahl der Betroffenen und Beteiligten eher klein oder das Interesse an einer Lösung für einige wenige Länder besonders groß, so kommt es tendenziell auch eher zu konkretem kollektiven Handeln. Je kleiner die betroffene Gruppe ist, desto homogener dürften die Interessen und der Beitrag des Einzelnen für das Gelingen des gemeinsamen »Projekts« sein sowie genügend Vertrauen innerhalb der Gruppe vorliegen. Zudem ist es auch möglich, in kleinen Gruppen eher als in großen das Verhalten einzelner Mitglieder zu überwachen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es dann zu einem Trittbrettfahrer-Verhalten kommt und ein kooperatives Handeln ausbleibt, eher gering sein.136 Kollektives Handeln wird zudem begünstigt, wenn die beteiligten Akteure ohnehin in verschiedenen Politikfeldern miteinander kooperieren und/oder eine privilegierte Ländergruppen (sog. Clubs) bestehen, die einseitig die Kosten für die Bereitstellung globaler öffentlicher Güter tragen, weil sie selbst sehr stark davon profitieren.137

Um zu erreichen, dass sich möglichst viele Staaten an den internationalen Vereinbarungen beteiligen haben sich unterschiedliche Formen internationaler Regelbildungen in der Praxis etabliert.138 In erster Linie dienen hierzu völkerrechtliche Verträge, die nach Ratifikation des Vertrages durch die beteiligten Ländern eine Bindungswirkung für die Länder haben. Wie eine Vereinbarung durchgeführt wird, bleibt den Staaten allerdings selbst überlassen. Das »Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen« (GATT), das zwischenzeitlich in der Welthandelsorganisation aufgegangen ist, stellt ein typisches Instrument dieser Art dar.139 Ein weiteres Durchsetzungsinstrument das eine gewisse Bindungswirkung hat, sind die von internationalen Organisationen bspw. der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gesetzten Normen. An internationalen Verhaltenskodizes können sich Unternehmen orientieren und durch freiwillige Einhaltung (Selbstverpflichtung) solcher Kodizes ihr Image verbessern. Ein Beispiel hierfür ist der »Anti-Korruptionskodex« der Vereinten Nationen oder die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen.

Um die Befürchtungen von Staaten zu verringern, dass sich einzelne oder mehrere Staaten nicht an die Vereinbarungen halten, kommt u. a. als Durchsetzungsinstrumente internationaler Regelungen dem Reziprozitätsprinzip eine entscheidende Bedeutung zu. Dieses Prinzip sichert den betroffenen Staaten zu, dass die Leistungen wechselseitig erfolgen, was maßgeblich zur Vertrauensbildung beiträgt. Weitere Möglichkeiten durch Durchsetzung sind Retorsionen, Repressalien und Sanktionen. Alle drei Instrumente sind staatliche Gegenmaßnahmen, um sich als Opfer gegen ein rechtswidriges Verhalten eines anderen Staates »zu wehren«. Die WTO erlaubt bspw. einen Retorsionszoll; wirtschaftliche Sanktionen gehören zwischenzeitlich immer mehr zum geopolitischen Alltag.

Gerichtliche und schiedsgerichtliche Verfahren werden regelmäßig in Freihandelsabkommen integriert. Mit einem umfassenden Berichtssystem und Überwachungsverfahren, das sogar Sanktionsmöglichkeiten einschließt, versuchen die EU-Mitgliedstaaten die Durchsetzung ihrer Regelungen bspw. im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts sicherzustellen. Ein möglicher Reputationsverlust durch den Einsatz von »Naming and Shaming« kann ebenfalls zur Einhaltung international abgestimmter Regelungen beitragen. Ein Beispiel hierfür ist die »Schwarze Liste« der EU, auf der die bedeutendsten Steueroasen aufgeführt sind. In letzter Konsequenz bedarf es Kompensationszahlungen, um die Verantwortlichen zu regelkonformen Verhalten zu bringen.

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