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1.4.2 Global Governance: Strukturen und Instrumente
ОглавлениеBei Global Governance handelt es sich um das »Regieren jenseits des Nationalstaates«121 oder um eine Form des »Regierens ohne Regierung«122 im internationalen Kontext, in der staatliche und nichtstaatliche Akteure zusammenwirken, in dem Bemühen »to bring more orderly and reliable responses to social and political issues that go beyond capacities of states to address individually.«123 Governance umfasst dabei den zu regelnden Inhalt wie auch die Normen, die den Prozess beschreiben, über den eine Regelung zustande kommt und durchgesetzt wird.124
Nach Boughton u. a. ist «the ideal of global governance (…) a process of cooperative leadership that brings together national governments, multilateral public agencies, and civil society to achieve commonly accepted goals. It provides strategic direction and then marshals collective energies to address global challenges. To be effective, it must be inclusive, dynamic, and able to span national and sectoral boundaries and interests. It should operate through soft rather than hard power. It should be more democratic than authoritarian, more openly political than bureaucratic, and more integrated than specialized.125
Global Governance bedeutet auch, dass staatliche wie nichtstaatliche Akteure zur Norm- und Regelsetzung bzw. deren Umsetzung beitragen. Politische Regulierung findet dabei auf verschiedenen, miteinander interagierenden Ebenen statt. Internationale Politik ist nicht mehr nur horizontale Politik zwischen Staaten, sondern besitzt auch vertikale Komponenten zwischen internationalen Institutionen einerseits und Staaten sowie Individuen andererseits. Internationale Normbildungsprozesse werden auch durch lokale Akteure angestoßen, und globale Normen wirken auch lokal bzw. werden auf lokaler Ebene entsprechend angepasst. An die Stelle des hierarchischen Regierens tritt zunehmend die horizontale Steuerung.126
Dieser Trend und die Zunahme an relevanten Akteuren in den internationalen Beziehungen sowie die damit einhergehenden immer komplizierteren Wirkungsketten, die zunehmenden Interdependenzen und die Machtdiffusion erschweren das Regieren der Welt. Interessenausgleich wird schwieriger, Problemlösungen werden komplexer und politische Steuerung wird aufwendiger.127 Hinzu kommt, dass sich über die Jahrzehnte eine Vielzahl von Formen globalen Regierens etabliert hat.
Dabei ist Governance nicht zwingend an Staaten gebunden. Neben »Governance by Government« gibt es auch »Governance with Governments«, Staaten verpflichten sich im Umgang miteinander auf bestimmte Normen und Regeln, ohne dass diese von einem übergeordneten Akteur beschlossen und durchgesetzt werden können, und »Governance without Government.«128 In diesem Fall legen sich gesellschaftliche Akteure in Form der Selbstregulierung ohne Beteiligung von Staaten selbst Normen und Regeln auf, wie z. B. den Verhaltenskodex für multinationale Unternehmen oder die Domain-Namen im Internet, die ohne formale Beteiligung von Regierungen durch ICANN vergeben werden.
In einer Mischform gehen Staaten sog. öffentlich-private Partnerschaften (Public Private Partnerships) als Teil eines transnationalen Arrangements ein. In diesen Fällen erbringen gesellschaftliche Akteure eine Reihe von Governance-Leistungen oder produzieren globale öffentliche Güter, die allein von Staaten nicht bereitgestellt werden können. Schließlich sind noch Elitenetzwerke wie bspw. das jährlich in Davos stattfindende World Economic Forum (WEF) zu nennen. Hier treffen sich Individuen, Staaten, Unternehmen, Medien, Verbände und Nichtregierungsorganisationen, um informell auszuloten, was im globalen Geschehen wichtig oder weniger wichtig ist und entsprechend mehr oder weniger politische Aufmerksamkeit bedarf.129
Neben den internationalen Organisationen wie der UN, dem IWF oder der WTO gewinnen zunehmend sog. Clubs Einfluss in der Weltpolitik. Clubs sind eher flexible, relativ schwach institutionalisierte vergleichsweise unverbindliche Zusammenkünfte von Staatengruppen. Die »Clubs der Lobbyisten« agieren innerhalb der bestehenden internationalen Organisationen (z. B. G33 innerhalb der WTO), »Clubs der Willigen« außerhalb. Primär verfolgen diese Clubs eigene Interessen (z. B. OPEC; Anti-Irak-Koalition). Die »Clubs der Relevanten« agieren ebenfalls außerhalb internationaler Organisationen. Darin finden sich für eine Problembewältigung relevante Akteure, die über entsprechende Ressourcen und Macht verfügen, wie die G8 und G20. Vor allem diese neuen Formen von Global Governance – bezeichnet auch als »open method of governance« oder als »Ad-hoc-Kooperation« – werden zum bestimmenden Muster der Zusammenarbeit von Staaten des 21. Jahrhunderts.130 Sie oder gelten als flexibel gestaltbar und effektiv. Allerdings fehlt es ihnen an repräsentativer Legitimität.131