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Dritter Sonntag

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Sie trug wieder das lange, bunte Sommerkleid und schlenkerte unternehmungslustig eine Segeltuch-Tasche.

"Guten Morgen, Rolf."

"Guten Morgen, Elke."

"Ist das nicht ein phantastisches Wetter?"

Das war es, wenn man baden gehen wollte, und deshalb hielt er ihr wie ein Kavalier alter Schule die Tür auf und verkniff sich die Bemerkung, dass es unbedingt bald regnen musste.

"Wo liegt dieses Bad eigentlich?"

"In Dreschbach. Etwa 30 Kilometer flussauf."

Erst fünf Minuten später gestand sie: "Weißt du, dass ich noch nie aus der Stadt herausgekommen bin?"

Ohne Auto, mit diesem Job, vorher auf der Suche nach einem unbekannten Mann - er konnte es sich gut vorstellen.

"Und wohin fahren wir jetzt?"

"In ein Seniorenheim. Haus Abendfrieden. In Werlebach."

"Und wie heißt der Mann, dem du mich vorstellen willst?"

"Baldur, Joachim Baldur." Der Name sagte ihr nichts, wie er aus den Augenwinkeln feststellte. Also hatte Kurt eisern geschwiegen, was ihm nur recht sein konnte.

Bis zur Uferstraße schwieg sie vergnügt. Noch ließ sich der Verkehr ertragen, und mit dem Auenpark auf der anderen Seite des Flusses bot das Tal wirklich einen Postkarten-Anblick.

"Ich hab' übrigens was für dich."

"Ja?"

"Meine Kollegin im Ferkel hat die Frau auf dem Bild auch wiedererkannt."

"Großartig!"

"Na, ich weiß nicht, für wen - Tina, meine Kollegin, will beschwören, dass diese Frau versucht hat, sie auszuhorchen. Und zwar über mich."

Vor Überraschung hätte er fast das Steuer verrissen, sie gikste, als das Auto schwankte, und schenkte ihm dann ein klägliches Lächeln.

Das "Haus Abendfrieden" betrachtete sie stumm, bis er sah, dass ihr eine Gänsehaut über die Schultern lief. Danach drehte sie rasch den Kopf zu ihm, und er zuckte hilflos die Achseln.

Die Hässliche riss das Fensterchen auf und schrillte: "He, Sie!"

"Meinen Sie uns?"

"Ja, Sie. Baldur sitzt im Garten."

"Herr Baldur sitzt im Garten", verbesserte er scharf. Am liebsten hätte sie ausgespuckt, begnügte sich aber, das Fensterchen mit unnötiger Wucht wieder zuzuwerfen.

"Nicht aufregen!", mahnte er die empörte Elke. "Sie liebt mich tief und innig und kann das nur nicht so zeigen."

Baldur saß auf der gewohnten Bank und hob für seine Verhältnisse richtig energisch den Kopf.

"Hallo, Herr Kramer!", grüßte er und musterte Elke erstaunt.

"Guten Tag, Herr Baldur. Ihnen geht's wieder sehr viel besser."

"Ja, ich dachte schon..." Den Satz brachte er nicht zu Ende.

"Darf ich Ihnen meine Freundin vorstellen? Elke Fröhling - Joachim Baldur."

"Guten Tag, Herr Baldur", sagte sie freundlich und gab ihm die Hand. "Ich freue mich, Sie kennenzulernen."

"Ganz meinerseits", erwiderte er, noch immer verwundert. "Sie entschuldigen, dass ich nicht aufstehe, aber..."

"Ich bitte Sie! Dürfen wir uns zu Ihnen setzen?"

"Ich bitte darum!"

Kramer zerkaute ein Schmunzeln. Altfränkische Höflichkeit, manchmal half's, und sie schien genug Herzlichkeit zu besitzen, mit einem alten, kranken Mann umzugehen. Ansonsten hatte sich nichts geändert. Der Strahl des winzigen Springbrunnens drohte noch immer jede Sekunde zu versiegen, die beiden alten Frauen kurvten schwankend und stolpernd durch den Park, warfen Elke giftige Blicke zu, als wollten sie ihr das Recht absprechen, jung und fröhlich und hübsch zu sein, und auf den Bänken in der Nachbarschaft entdeckte er die bekannten Gesichter. Hier blieb die Zeit stehen.

"Ich habe ein schlechtes Gewissen", begann Kramer vorsichtig und zündete sich eine Zigarette an. "Ich hätte Sie viel früher besuchen sollen, aber es war so viel los, ich bin einfach nicht dazu gekommen."

"Ja, das verstehe ich", schwindelte Baldur und drehte rasch wieder den Kopf zu Elke, die ihn anlachte.

"Einiges habe ich inzwischen herausgefunden. Ihr Bruder Ludwig lebt, aber er versteckt sich, er will nicht gefunden werden."

"Auch von mir nicht?"

"Ich fürchte, gerade von Ihnen nicht." Es war vielleicht hart, aber einmal musste es ausgesprochen werden, und viel Zeit, Baldur zu schonen, schien nicht mehr zu bleiben.

"Das ist - das tut weh, Herr Kramer."

"Ja, und es tut mir leid, Herr Baldur. In der nächsten Woche werde ich Ludwigs Versteck finden, und ich verspreche Ihnen, dass ich mit ihm rede und Ihren Wunsch erkläre. Aber was er dann tut...oder Ihnen ausrichten lässt..."

"Ja, ich verstehe. Das können Sie - das kann keiner...ja." Für Minuten versank er in Trübsinn. Kramer rauchte langsam, er wollte jetzt nicht den Eindruck erwecken, er habe es eilig, von hier fortzukommen, und er vertraute darauf, dass Baldur in Elkes Gegenwart nichts erzählen wollte. Auch für sein Mitleid gab es Grenzen. Elke schwieg unsicher.

Als er ausgeraucht hatte, stand er auf. "Ich komme bald wieder, Herr Baldur."

"Das wäre schön, Herr Kramer." Der kranke Mann flüsterte, als sei seine Kraft für heute erschöpft, und trotzdem lächelte er herzlich, als Elke vorsichtig seine Hand nahm. "Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Sonntag, Herr Baldur."

"Vielen Dank."

Im Auto schauderte sie. "Das ist ja grässlich."

"Ein reicher Mann, Elke, der bald sterben muss."

"Und vorher will er noch einmal mit seinem Bruder sprechen?"

"Ja, sich für eine fürchterliche Verfluchung entschuldigen. Oder rechtfertigen. Er war früher Geschäftsmann, und in seiner Diktion heißt das wohl: Er muss noch etwas glattstellen."

Wider Erwarten vertrugen sich die beiden Frauen. Bei der Begrüßung schien Anielda zwar bereit, jeden Moment loszufauchen wie eine Tigerin, der man die Beute wegnehmen wollte, aber weil Elke nicht wusste, was dieses leise Knurren zu bedeuten hatte, benahm sie sich völlig ungezwungen. Nach der unvermeidlichen Beschnupper-Phase lenkte Anielda ein und fand sogar zu ihrer alten Frechheit zurück. Kramer kannte sie gut genug, um ihre erstaunten Blicke zu verstehen: Während sie den knappsten aller gerade noch erlaubten Bikinis angezogen hatte, trug Elke einen züchtigen Einteiler, der viel von ihrer weißen Haut bedeckte.

Er schmunzelte diskret und amüsierte sich.

Endgültig entspannte sich das Biest, als die Decken ausgebreitet wurden. Er hatte sich wie immer für den Schatten einer alten Kastanie entschieden, Anielda packte sich in die pralle Sonne, und Elke schaute zwischen ihnen hin und her, bis sie sich für die halbe Strecke zwischen ihnen entschied: Etwas Schatten durch die äußeren Blätter des Baumes, und ein wenig direkte Sonne.

Na also, wer sagte es denn!

Das war der erste Akt, der zweite kam sogleich. Anielda wühlte ihre Cremeflasche heraus und drohte ihm mit der Faust: "Beweg' dich, du Faulpelz."

Also stolperte er auf ihre Decke zu und verteilte gewissenhaft größere Mengen Sonnencreme auf ihrem schönen Rücken; das zarte Fauchen ignorierte er. "Jetzt darfst du mir auch auf den Po hauen", bot sie ihm an.

"Du schreckst auch vor nichts zurück!"

"Hab' ich von dir gelernt!"

Von ihrem Angebot machte er keinen Gebrauch, sondern wartete auf seiner Decke gespannt, was nun passieren würde. Auch Anielda schielte zu Elke, die fleißig Sonnencreme verschmierte und dann zögerte, wieder zwischen ihnen hin- und herschaute. Die Sekunde der Entscheidung - sie stand auf, ging zu Anielda und redete mit ihr. Und Anielda, die notfalls die Unhöflichkeit neu erfand, rieb ihr treu und brav den Rücken ein, wobei sie mehr zu ihm blickte als auf Elke, die sich auf den Bauch gelegt hatte und von Anieldas stillem Triumph nichts mitbekam. Die ersten tausend Meter schwamm er ausgesprochen entspannt.

Nachmittags zogen giftig weiße Wolken auf, und er spürte die Schwüle. Zwei, drei Stunden hatten sie noch bis zu dem Gewitter, und auf seinen zweiten tausend Meter begleitete ihn Elke. Sie schwamm hervorragend, zügig und ausdauernd, sein Tempo schaffte sie lässig. Anielda hatte abgewinkt, von zuviel Arbeit am Sonntag hielt sie nichts, und weil es selbst ihr in der Sonne zu heiß wurde, war sie in den Schatten umgezogen und ächzend neben ihm auf ihre Decke geplumpst. Elke hatte nichts dazu gesagt und nur die Stirn gerunzelt.

"Ich wette, du warst einmal im Schwimmverein."

"Und ob!"

"Kurz- oder Langstrecke?"

"Zweihundert Meter Lagen."

"Respekt! Beim Butterfly saufe ich regelmäßig ab."

Bei der Vorstellung musste sie so lachen, dass sie Wasser schluckte.

Als sie aus dem Becken stiegen, hatte der allgemeine Aufbruch begonnen. Anielda drängte zur Eile: "Los, los, wir müssen noch Plätze bekommen."

"Wo?" fragte er verblüfft.

"Bei Mario. Ich hab' Hunger, ach was, ich hab' ein Loch im Bauch, willst du mich zusammenbrechen lassen?"

"Du bist ohnehin zu fett!"

"Quatschkopf. Mit so einer billigen Beleidigung kommst du um deine Pflichten nicht herum. Elke ist auch schon ganz schwach vor Hunger." Also nannten sie sich bereits beim Vornamen, das hätte er sich denken können, und Baldurs Vorschuss war schon so gut wie aufgebraucht. Wer mit Anielda befreundet war, fürchtete keinen Feind mehr.

"Okay, also Mario."

Bei Mario kochte bis Mitternacht die Mama, die von Speisekarten gar nichts hielt und böse keifte, wenn man eigene Wünsche äußerte, aber was sie auf den Tisch brachte, ließ immer alle Gäste verstummen. Allerdings bot Mario auch nicht allen zufälligen Besuchern Essen an, Kramer rechnete es sich als Ehre an, dass Mario ihn als "Freund" bezeichnete. Vor einiger Zeit hatte Kramer ihm geholfen, einen Küchengehilfen loszuwerden, der praktisch ohne Lohn Töpfe, Teller und Gläser spülen wollte; Mama knurrte, spuckte Gift und Galle, und Mario rang die Hände: Ein Verwandter, sicherlich, aber was für einer. Über seine Beziehungen zur Polizei hatte Kramer den Verdacht von Mutter und Sohn bestätigen können, da versteckte sich ein Mafiosi, ein ziemlich hochkarätiger sogar, den loszuwerden viel Geschick und Theater erforderte. Seitdem bekam er immer einen Platz.

Bei den eingelegten Feigen verabschiedete er sich: "Ich zahle, was auf dem Tisch steht, Anielda. Vergiss nicht, Mario gibt keinen Kredit."

"Verzieh dich, du Geizkragen. Ich schäme mich für Elke mit."

"Aber Anielda!"

"Du kennst diesen Muffel noch nicht. Ein Ausbeuter schlimmster Art. Ich weiß auch schon, wie wir ihm das heimzahlen."

Neugierig blieb er stehen, aber sie streckte ihm die Zunge heraus. Na schön, wenn sie zu Höchstform auflaufen wollte... Elke bedankte sich überschwänglich, was Anielda mit einem so breiten wie hinterhältigen Zähnefletschen registrierte. In den paar Stunden hatte Elke Farbe bekommen, und mehr als die leichte Bräune trug ihre gute, unbeschwerte Laune zu ihrem guten Aussehen bei. Die feine Art, sich von den Damen zu verabschieden, war es nicht, aber ihm war beim Essen noch etwas eingefallen, das er heute erledigen konnte, und er wollte nicht, dass Elke erfuhr, was er vorhatte. Und so gern er Anielda manchmal auf den Mond schießen mochte - auf ihre Verschwiegenheit durfte er sich verlassen. So lange er ihr kein grünes Licht gegeben hatte, würde sie mit keiner Silbe etwas von seiner oder ihrer Tätigkeit verraten.

Mario zupfte an seiner Unterlippe. "Ich habe verstanden, Herr Kramer. Mit manchen Frauen hat man es wirklich nicht leicht!" Dabei rollte er seine schönen schwarzen Augen gen Himmel und ließ die Scheine so flink wie diskret in seine Geldtasche gleiten.

Blitz und Donner hatten sich nicht in die Stadt getraut, aber es nieselte gleichförmig, und der Staub auf der Fahrbahn verwandelte sich in einen glitschigen Schmier. Die Temperatur war endlich gesunken. Im Haus Rosengarten 20 brannte Licht, er drückte sich die Daumen und klingelte.

Lilo Schultheiß erkannte ihn sofort wieder: "Der Herr Kramer, das zweibeinige Menetekel meiner Vergangenheit."

Weil ein leichter Hauch von Wein oder Sherry bei diesen Worten zu ihm herüberwehte, korrigierte er das Bild nicht.

"Das Menetekel hätte noch eine Frage, Frau Schultheiß."

"Aber immer, kommen Sie herein, helfen Sie mir, einen einsamen Abend zu überstehen!" Junge, Junge, das waren 0,3 Promille mehr, als er angenommen hatte. Außerdem lief sie auf nackten Füßen, hatte die Haare wild hochgesteckt und blinkerte ihn aus fröhlich-feuchten Augen an. "Ich bin versetzt worden! Am Sonntagabend! Ich lege Patience, weil dieses Schei...dieses blöde Fernsehen mal wieder nichts bringt. Sie schickt der Himmel!"

Auch dieser Behauptung widersprach er nicht, sondern folgte ihr schmunzelnd in den Wohnraum. Sie hatte tatsächlich eine Patience gelegt, die senkrechten Reihen nicht so ganz ordentlich, wie es sich eigentlich gehörte, und die Quelle ihrer Fröhlichkeit stand daneben, eine Flasche Sherry. Neugierig beugte er sich zu den Karten hinunter; diese Variante kannte er, und sie spielte eine Erleichterung, links sammelte sie vom As an aufwärts, rechts von den Königen abwärts.

"Sagen Sie bloß, Sie spielen auch Patience!"

"Nicht oft, aber manchmal hocke ich stundenlang im Büro und warte auf einen Anruf. Und dann..."

"Ja, das Warten. Ein guter Sherry verkürzt die Zeit und vertreibt die düsteren Gedanken. Trinken Sie einen mit?"

Normalerweise hätte er abgelehnt, erstens spürte er Marios guten Rotwein, und zweitens konnte er den süßen Crema nicht ausstehen. Warum er sie plötzlich mit dem Ellbogen anstieß, wusste er selbst nicht: "Wenn's diese Marke auch in muy seco gibt, bin ich dabei."

"Aber sicher doch!" Sie lachte triumphierend und eilte aus dem Zimmer - sie lief nicht, sie ging nicht, sie eilte, würdevoll und zielstrebig. Es führte sie ohne Kollision durch die Tür. Hoffentlich hatte sie seine Fragen beantwortet, bevor ihre Heiterkeit alle Erinnerungen überlagerte.

"So, sehr trocken. Bitte, bedienen Sie sich." Sie stellte Flasche und Glas hin, ließ sich auf die Couch sinken und klagte: "Mir zieht dieses trockene Zeugs die Schuhe aus."

"Die Gefahr besteht jetzt nicht mehr", bemerkte er beiläufig, und sie schaute tiefsinnig auf ihre Füße. Jede Wette, dass sie scharf überlegte, wann und wo sie ihre Schuhe verloren hatte. Er lachte und hob sein Glas: "Auf Ihr Wohl, Frau Schultheiß."

"Ich heiße Lilo. Ich hieß schon Lilo, als mich das Schicksal in eine Bar verschlug, der ich Ihren Besuch verdanke. Womit meine finstere Vergangenheit späte Rechtfertigung erfährt."

"Ich heiße Rolf!"

"Zum Wohl, verehrter Rolf. Oder heißt es: Zum Rohl, verehrter Wolf?"

"An Wochenenden bin ich Vegetarier."

"Und ich die Rose von Jericho, wie du unschwer siehst. Also, was kann ich für dich tun?"

Bei dem "Du" schaute er sie einen Moment scharf an, diese Vertraulichkeit gefiel ihm nicht, aber sie strahlte so Sherry-verklärt, dass er sich nichts anmerken ließ.

"Ich möchte dir ein Bild zeigen. Es ist dreißig Jahre alt, und ich würde von dir gern wissen, ob du diese Frau kennst. Oder schon einmal gesehen hast."

"Noch eine Kollegin aus der Kerze?"

"Nein."

"Dann sei es dir gestattet."

Sie hatte Mühe, sich auf die Aufnahme von Doris Weigand zu konzentrieren, aber plötzlich zuckte sie zusammen und sah für Sekunden fast nüchtern aus.

"Ja, ja, die kenne ich."

"Und woher, verehrte Lilo?"

"Von hier, aus dem Rosengarten - ich hab's. Natürlich, das ist die Sickert. Doris Sickert."

"Oha! Woher kennst du ihren Namen?"

Sie musste sozusagen erst den Sherry von ihrem Gedächtnis abschöpfen, es dauerte halt alles etwas länger. "Das ist - du hast mich doch nach dem Joachim Baldur gefragt. Der hier im Rosengarten gewohnt hat."

"Ja."

"Sie war seine - tja, was genau? Nicht Haushälterin, nein, sie wohnte nicht bei ihm, das nicht, aber wie eine Putzfrau benahm sie sich auch nicht. Seine Hilfe, tja, so kann man...einmal die Woche erschien sie bei ihm. Also, Hilfe ist schon - sie konnte ihn ganz nett herumkommandieren. Aber tüchtig war sie..."

"Hat dir Baldur das erzählt?"

"Nein, dem bin ich aus dem Weg gegangen. Irgendeine Nachbarin hat's mir erzählt. Richtig, so war das, ich suchte damals eine Hilfe, also hab' ich sie auf der Straße angesprochen. Ich kann dir sagen, die hat mich vielleicht von oben herab behandelt. Richtig abgebürstet. Nein, sie wär' ausgebucht, und zu Herrn Baldur käm' sie nur noch aus Gefälligkeit, dafür müsst' sie sowieso schon von Lattenburg hereinfahren, ich war voll und total eingeschüchtert."

"War sie lange bei Baldur?"

"Das weiß ich nicht. Ein Jahr vielleicht, aber er hat ja nicht lang hier gewohnt."

Also doch. Sie hatten ihn ein Leben lang unter Kontrolle behalten. Aber warum ein so ausgefallener Name?

"Übrigens eine attraktive Frau, Rolf. Nur ein bisschen älter als ich. Und fünfzehn Kilo leichter als ich." Dabei quetschte sie eine Speckfalte über dem Rockbund, und das Ergebnis betrübte sie so, dass sie rasch nach dem Glas griff. "Und soll ich dir noch was gestehen? - so, wie die angezogen war, also, da wusste ich in dem Moment wirklich nicht, wer von uns die Putzfrau ist." Sie trank zu schnell und stieß diskret auf.

"Weißt du zufällig, ob sie verheiratet war?"

"Verheiratet - Rolf, vergiss doch nicht, ich bin verwitwet."

"Verehrte Lilo, ich frage nur, weil ich sie unter einem anderen Namen kennengelernt habe."

"So, so, ein Mann, eine Ausrede. Weiß nicht, ob sie verheiratet war." Sie grollte richtig.

"Ich habe nicht vor, mit Vollgas zu ihr zu preschen."

"Nein? - dann schütt' dir noch ein Glas ein!"

"Das ist aber das letzte, ich muss noch fahren."

Zehn geschlagene Minuten brauchte er, um sich zu verabschieden, und dass sie ihm sogar noch nachwinkte, schrieb er einzig und allein seinen diplomatischen Fähigkeiten zugute. Und seiner fast übermenschlichen Geduld.

Die Horst Bieber Krimi Sammlung 2021: Krimi Paket 8 Romane auf 1500 Seiten

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