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3. Kapitel

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DES DOKTORS HEIM

Es war an einem Montagnachmittag gegen Ende April‚ als mir mein Vater auftrug‚ Schuhe‚ die er geflickt hatte‚ in ein Haus der andern Stadthälfte zu bringen. Als ich sie zu Oberst Bellows‚ einem sehr unfreundlichen Herrn‚ gebracht hatte‚ fiel mir ein‚ ich könnte‚ bevor ich nach Hause ginge‚ noch einmal nachsehen‚ ob der Doktor zurück wäre. Ich war am Morgen schon dort gewesen‚ aber ich wollte gern noch einmal nachsehen. Meinem Eichhörnchen ging es gar nicht besser‚ und ich begann‚ mir Sorge zu machen. So bog ich in die Oxenthorp-Straße ein und ging zu des Doktors Haus. Unterwegs bemerkte ich‚ daß sich der Himmel bewölkte‚ als wollte es regnen.

Das Tor war noch verschlossen‚ was mich sehr entmutigte‚ denn eine Woche lang war ich nun täglich hergekommen. Traurig kehrte ich um‚ stieg die Stufen hinunter und machte mich auf den Heimweg.

Ich überlegte‚ ob wohl schon Abendbrotzeit wäre. Natürlich hatte ich keine Uhr‚ aber ich sah einen Herrn die Straße herunter kommen‚ und als er näher kam‚ sah ich‚ daß es der Oberst war. Ich bat ihn‚ mir zu sagen‚ wie spät es sei.

Er blieb stehen‚ brummte etwas und stierte auf mich herunter‚ sein rotes Gesicht rötete sich immer mehr‚ und als er sprach‚ hörte sich’s an‚ als ob ein Korken aus einer Ingwerbierflasche knallt.

„Hast du dir wirklich eingebildet‚ ich werde alle meine Mäntel aufknöpfen‚ um einem kleinen Jungen wie dir zu sagen‚ wie spät es ist?“ polterte er und stapfte die Straße hinunter‚ wobei er lauter als je vor sich hinbrummte.

Ich blieb einen Augenblick stehen und überlegte‚ wie alt ich wohl sein müßte‚ damit er sich die Mühe nähme‚ die Uhr herauszuziehen. Plötzlich begann es in Strömen zu gießen. Ich hatte noch nie einen solchen Regen erlebt. Es wurde dunkel wie die Nacht‚ der Wind blies‚ der Donner rollte‚ die Blitze zuckten‚ und im Nu waren die Rinnsteine zu Flüssen angeschwollen. Da ich in der Nähe keinen Unterschlupf fand‚ stemmte ich mich gegen den Sturm und begann mit gesenktem Kopf nach Hause zu laufen.

Ich war noch nicht sehr weit gekommen‚ als ich mit dem Kopf in etwas Weiches stieß und plötzlich auf dem Pflaster saß. Um zu sehen‚ in was ich gerannt sei‚ blickte ich auf. Vor mir auf dem nassen Weg saß ein kleiner dicker Mann mit einem sehr freundlichen Gesicht. Er trug einen abgeschabten Zylinderhut und in der Hand eine kleine schwarze Reisetasche.

„Ich bitte vielmals um Verzeihung“‚ sagte ich‚ „ich bin gebückt gelaufen und habe Sie daher nicht kommen sehen.“

Zu meinem großen Erstaunen fing der kleine Mann an zu lachen‚ anstatt ärgerlich zu sein‚ daß er niedergerannt worden war.

„Das erinnert mich an Indien“‚ sagte er. „Bei einem Gewitter habe ich dort einmal eine Frau über den Haufen gerannt‚ die einen Krug mit Melasse auf dem Kopf trug. Ich hatte das süße Zeug noch wochenlang nachher in den Haaren‚ so daß mich die Fliegen überall verfolgten. Ich habe dir doch nicht weh getan‚ nicht wahr?“

„Nein‚ durchaus nicht.“

„Es war genau so meine Schuld wie deine“‚ sagte der kleine Mann‚ „auch ich bin mit gesenktem Kopf gelaufen. Aber wir dürfen hier nicht sitzenbleiben und uns unterhalten. Du mußt ja durchweicht sein‚ ich bin es auch. Wie weit hast du es bis nach Hause?“

„Wir wohnen auf der andern Seite der Stadt“‚ antwortete ich‚ als wir uns aufrappelten.

„Herr im Himmel‚ das Pflaster ist aber naß gewesen“‚ rief er‚ „und bestimmt kommt noch viel mehr herunter! Komm mit mir nach Haus und laß dich trocknen. Ein solches Unwetter kann nicht lange dauern.“

Er nahm mich bei der Hand‚ und wir liefen zusammen wieder die Straße zurück. Unterwegs überlegte ich mir‚ wer dieser komische kleine Mann sein könnte und wo er wohne. Er kannte mich nicht‚ und doch nahm er mich mit nach Hause‚ damit ich meine Sachen trocknen könnte.

Wie anders war er als der alte rotnäsige Oberst‚ der mir nicht einmal sagen wollte‚ wieviel Uhr es sei! Plötzlich blieben wir stehen. „Hier wären wir“‚ sagte er.

Ich sah hoch und fand mich am Fuße der Stufen‚ die zu dem kleinen Haus mit dem großen Garten führten. Mein neuer Freund lief die Treppe hinauf und öffnete das Tor mit ein paar Schlüsseln‚ die er aus der Tasche zog.

Das ist nicht der berühmte Doktor Dolittle‚ dachte ich bei mir.

Nach dem‚ was ich von ihm gehört hatte‚ stellte ich ihn mir immer als einen großen‚ starken und prächtigen Mann vor. Dieser komische kleine Mann mit dem gutmütigen Lächeln konnte es nicht sein. Und doch war er es sogar ganz bestimmt. Er öffnete das Tor‚ vor dem ich so viele Tage gewartet hatte. Der Hund Jip kam gerannt‚ sprang mit Freudengebell an ihm hoch‚ und der Regen strömte stärker hernieder denn je.

„Sind Sie Doktor Dolittle?“ rief ich‚ als wir den kurzen Gartenweg hinauf liefen.

„Ja‚ ich bin Doktor Dolittle“‚ sagte er und öffnete die Haustür mit dem gleichen Schlüsselbund.

„Herein mit dir! Du brauchst nicht die Füße abzuwischen. Kümmre dich nicht um den Schmutz. Nimm ihn nur mit herein. Mach‚ daß du aus dem Regen kommst.“

Ich huschte hinein‚ beide folgten mir‚ und der Doktor warf die Tür hinter uns zu. Das Gewitter hatte draußen schon alles verdunkelt‚ aber im Haus bei geschlossener Tür war es schwarz wie in der Nacht. Und der merkwürdigste Lärm‚ den ich je gehört hatte‚ begann. Es klang‚ als ob alle Arten und Gattungen von Tieren und Vögeln zur selben Zeit riefen‚ quakten und kreischten. Ich hörte sie die Treppe hinuntertrudeln und Gänge entlang eilen. Irgendwo im Dunkeln schnatterte eine Ente‚ krähte ein Hahn‚ gurrte eine Taube‚ schrie eine Eule‚ blökte ein Schaf‚ und Jip bellte. Ich fühlte Vogelschwingen flattern und um mein Gesicht streichen. Andere Tiere liefen mir zwischen den Beinen durch und brachten mich beinahe zu Fall. Die ganze Halle schien sich mit Tieren zu füllen. Der Lärm‚ vermischt mit dem strömenden Regen‚ war ungeheuer‚ und ich fing an‚ mich etwas zu fürchten‚ als der Doktor meinen Arm nahm und mir ins Ohr schrie:

„Fürchte dich nicht‚ hab’ keine Angst. Es sind nur einige meiner Lieblingstiere. Ich War drei Monate fort‚ und sie freuen sich‚ daß ich wieder nach Haus gekommen bin. Bleib’ stehen‚ wo du bist‚ bis ich Licht mache. Herrgott‚ was für ein Unwetter! Hör nur den Donner!“

Da stand ich in tiefster Finsternis‚ während alle Arten Tiere‚ die ich nicht sehen konnte‚ sich um mich drängten und lärmten. Es war ein seltsames und komisches Gefühl. Wenn ich bisher durch das Gitter sah‚ hatte ich mir überlegt‚ was für ein Mensch der Doktor wohl sein möge‚ und wie das kleine Haus innen aussähe. Aber so hatte ich’s mir nie vorgestellt. Nachdem ich des Doktors Hand auf meinem Arm spürte‚ ängstigte ich mich nicht mehr‚ sondern war nur noch etwas verstört. Es schien alles wie ein seltsamer Traum‚ und ich begann gerade zu zweifeln‚ ob ich wach sei‚ als der Doktor wieder zu sprechen anfing. „Meine verflixten Streichhölzer sind alle naß‚ sie wollen nicht brennen. Hast du welche bei dir?“

„Nein‚ leider nicht“‚ rief ich zurück.

»Schadet nichts“‚ sagte er‚ „vielleicht kann uns Dab-Dab Licht machen.“

Der Doktor schnalzte einige Male komisch mit der Zunge‚ und ich hörte jemand die Treppe hinaufrollen und in den oberen Räumen umhergehen. Dann warteten wir eine ganze Weile‚ ohne daß irgend etwas geschah.

„Kommt bald Licht?“ fragte ich. „Ein Tier sitzt auf meinem Fuß‚ und meine Zehen fangen an einzuschlafen.“

„Nur eine Minute“‚ sagte der Doktor‚ „sie wird gleich zurück sein.“

Da sah ich grade den Schein eines Lichtes an der oberen Brüstung‚ und plötzlich schwiegen alle Tiere.

„Ich dachte‚ Sie wohnten allein“‚ sagte ich zum Doktor.

„Das tue ich auch“‚ erwiderte er‚ „Dab-Dab bringt das Licht.“

Ich sah die Treppe hinauf. Über das Geländer konnte ich nicht sehen‚ aber ich hörte wunderliche Tritte auf dem oberen Absatz. Es hörte sich an‚ als hopste jemand eine Stufe nach der andern herunter und gebrauchte dabei nur ein Bein.

„Ach endlich!“ rief der Doktor. „Die gute alte Dab-Dab!“

Und dann glaubte ich‚ daß ich wirklich träumte. Denn den Hals über die Windung des Geländers gestreckt‚ kam auf einem Fuß eine fleckenlos weiße Ente die Stufen heruntergehüpft. Und in ihrem rechten Fuß trug sie eine brennende Kerze!

Doktor Dolittles schwimmende Insel

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