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Vorwort

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In ihrem herausragenden Werk Die Kraft der Kriegsenkel stellt Ingrid Meyer-Legrand in eindrucksvoller Klarheit das komplexe Spektrum der psychologischen Herausforderungen dar, denen sich die sogenannten Kriegsenkel und -enkelinnen, d.h. die Generation der Menschen, deren Eltern die Kriegskinder des Zweiten Weltkriegs gewesen sind, gegenübersahen und bis heute gegenübersehen. Bis zum Ersten Weltkrieg einen weiten Betrachtungsbogen ziehend, der ein Jahrhundert epochaler Katastrophen und im Gefolge aufgetretener tief greifender gesellschaftlicher Veränderungen umfasst, beschreibt Ingrid Meyer-Legrand – unterstützt durch bewegende Selbstzeugnisse und klinische Beobachtungen – erschütternde, lang anhaltende traumatische Auswirkungen auf familiäre Systeme und führt lebhaft vor Augen, welchen traumatischen, oft chronisch andauernden Belastungen Kriegsenkel ausgesetzt gewesen sind, obgleich sie selbst keine direkten Kriegseinwirkungen erlitten, aber eben in die Nachwehen des dunkelsten, blutigsten, mörderischsten und zerstörerischsten Kapitels deutscher Geschichte hineingeboren wurden, und zugleich in das große Spannungsfeld zwischen diesen Nachwehen und der neu sich formierenden »Multioptionsgesellschaft«.

Sosehr die umfassende Wahrnehmung, die traumapsychologische Behandlung und Bewältigung dieser so zahllosen, viele Menschen bis heute leidvoll betreffenden Kriegsverwüstungen ein Anliegen von Ingrid Meyer-Legrand sind, so ist ihr Buch zugleich auch eine große, leidenschaftliche, an die Kriegsenkel gerichtete Anregung und Ermutigung, transgenerationell übertragene Traumen zu überwinden und zu heilen und in sich selbst, den Kriegsenkeln, verschüttete, verborgene und noch nicht zur Entfaltung gekommene Ressourcen und Kräfte aufzuspüren, zu erkennen und zu aktivieren, um sich den sich ihnen bietenden Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten der Gegenwart öffnen zu können.

Ingrid Meyer-Legrands ausführliche Darstellung ihrer psychologischen Arbeit im Endteil ihres Buches gewährt einen faszinierenden Einblick, wie es gelingen kann, mithilfe von Feingefühl, Achtung, Wahrnehmungsfähigkeit, ruhiger Beharrlichkeit und einem Wissen um die psychologischen Prägungen von Kriegsenkeln die sichtbaren, aber auch unsichtbaren, unbewussten und ungelösten Knoten und Netze der Verstrickung an die Vergangenheit vorsichtig zu lösen, um freie Bewegungsspielräume für die eigene Lebensgestaltung zu schaffen und damit auch die Chance, anstelle von Leidmodellen der nächsten Generation lebenszugewandte, konstruktive Leitmodelle anzubieten, einer Generation, die dann in Zukunft vielleicht einmal mit dem Begriff der Friedenskinder bedacht werden wird.

So wünsche ich diesem so wichtigen, wertvollen und inspirierenden Buch, einer wahren Fundgrube, eine große Leserschaft. Möge es vor allem auch für die Kriegsenkel und -enkelinnen ein hilfreicher, Verstehen vermittelnder und die Seele aufmunternder Begleiter sein, ja, zu einem Vademekum für den Aufbruch in ein neues erfülltes, den weiteren Lebensweg bestimmendes und erhellendes Lebensgefühl werden.

Peter Heinl

Autor von Maikäfer flieg, dein Vater ist im Krieg … Seelische Wunden aus der Kriegskindheit

»Eine Gesellschaft,

die diese Erinnerung nicht vereinzelt,

sondern als große Erzählung

quasi im kollektiven Bestand hat,

erträgt Veränderungen (…) leichter,

weil die Erfahrung des Neuen

und des Anderen positiv wirkt.«

M. HÜTHER

In diesen Tagen, während ich dieses Buch zu Ende schreibe – im Frühling 2016 –, versucht Europa, eine Antwort zu finden auf eine Anzahl von Flüchtenden, wie wir sie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gesehen haben.

Der Grund, aus dem erneut unzählige Menschen alles, was sie haben, ihr Zuhause, ihre gewohnte Umgebung, ihre Freunde und Verwandten, ihre Arbeit und ihr soziales Netz hinter sich lassen, um in eine ungewisse Zukunft aufzubrechen, heißt wieder einmal Krieg.

Das Wissen, das wir heute über die Auswirkungen von Krieg, Flucht und Vertreibung haben, das ich auch in diesem Buch zusammentrage, sollte es uns ermöglichen, in einen Dialog mit den neuen Geflüchteten zu treten und ihnen Wege zu einer neuen Heimat anzubieten.

Die Kraft der Kriegsenkel

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