Читать книгу Zivilprozessrecht - Irmgard Gleußner - Страница 166
b) Bedingungsfeindlichkeit
Оглавление172
Prozesshandlungen sind anders als materielle Rechtsgeschäfte grundsätzlich bedingungsfeindlich. Sie dürfen daher nicht vom Eintritt einer Bedingung (§ 158 BGB) oder Befristung (§ 163 BGB) abhängig gemacht werden.[8] Mit den Interessen einer geordneten Rechtspflege wäre es kaum vereinbar, wenn Mona die Klagerücknahme „unter der Bedingung, dass mein Vater die Prozesskosten übernimmt“ erklären könnte. Dass derartige Handlungen unwirksam sind, leuchtet ein. Eine Ausnahme wird für sog. innerprozessuale Bedingungen gemacht.[9] Hier wird die Handlung von einem Ereignis abhängig gemacht, das unmittelbar im Prozess (vor den Augen des Richters) stattfindet. Das Ereignis kann eine bestimmte Entscheidung des Richters sein oder die Beurteilung einer dafür erheblichen Rechtsfrage. Zulässig sind daher sog. Hilfsanträge, die nur unter der Bedingung wirksam werden sollen, dass das Gericht den Hauptantrag abweist.[10] Denn dies betrifft Vorgänge im bestehenden Prozessrechtsverhältnis. Prozesshandlungen, die ein Prozessrechtsverhältnis erst begründen sollen, können nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden. Unzulässig ist demzufolge die bedingte Einlegung der Klage, der hilfsweise erklärte Parteiwechsel, die hilfsweise Klageerhebung gegen einen Dritten, die bedingte Einlegung eines Rechtsmittels, die bedingte Rücknahme eines Rechtsmittels oder der bedingte Parteibetritt zu einem selbstständigen Beweisverfahren.[11]
Beispiel
Mona verklagt die V-GmbH auf Kaufpreisrückzahlung wegen eines Mangels der Fliesen aufgrund Rücktritts (§§ 437 Nr. 2, 323, 346 BGB). Kommt der Richter nach einer Beweisaufnahme zu dem Schluss, dass der Mangel der gekauften Sache unerheblich ist, würde Mona den Prozess verlieren. Daher stellt Mona einen zweiten (Hilfs-)Antrag bei Gericht. Hilfsweise beantragt sie Minderung (§§ 437 Nr. 2, 441 BGB) für den Fall, dass das Gericht die Erheblichkeit des Mangels verneint. Hier werden zwei Anträge so miteinander verbunden, dass über den zweiten nur entschieden werden soll, wenn der erste nicht erfolgreich ist. Das ist zulässig, da es sich um eine innerprozessuale Bedingung handelt. Das Gericht hat den Eintritt der Bedingung „selbst in der Hand“. Die Hemmung der Verjährung (§ 204 Abs. 1 BGB) erstreckt sich auch auf den Hilfsantrag.[12]