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ALS GABRIEL die Falltür öffnete, erschrak die Sklavin. Sie hatte seine Schritte nicht gehört. Kajira hob eine Hand. Das Licht der Fackel schmerzte. Sie schloss die Augen, wartete auf seinen Befehl. Ihre Zunge fuhr über die aufgeplatzten Lippen. Dark Raven stieg in das Verlies hinunter. »Es ist Sonntagabend. Du hast 48 Stunden ausgehalten. Ich bin sehr stolz auf dich.« Seine Stimme klang schleppend.

Kajira blinzelte, strahlte, vergaß alle Qualen, Durst und Hunger. Tiefe Dankbarkeit erfüllte sie.

Der Dunkle Rabe hob sie auf seinen Armen aus dem Tiefkerker. Sie schämte sich für ihren sauer stechenden Körpergeruch. Alle Glieder fühlten sich taub an. Aber noch mehr lähmte Daniela die Tatsache, dass ihr Herr nackt war, zum ersten Mal. Ihr Kopf lehnte an seiner Brust. Gabriels Atem roch nach scharf-süßen Beeren. Sein Gang wirkte unsicher. Kajira hatte ihn noch nie Alkohol trinken sehen. Sie verspürte erbärmlichen Durst.

Was wird er mit mir machen?

Dark Raven legte die Sklavin auf den Latexbezug, fesselte sie nicht an die Pfosten. Er setzte sich auf die Bettkante und hob ihren Kopf. Vier Fackeln erleuchteten das Gewölbe. Auf einem Tisch stand eine Zinnschale. Gabriel tauchte einen luftigen Schwamm in klares Wasser und tupfte ihre ausgetrockneten Lippen ab, das Gesicht. Er lächelte.

Sie sog den Atem scharf in die Lungen, saugte an der Feuchtigkeit.

Der Dom wusch ihren Hals, Schultern, Arme.

Danielas Lider flatterten. Seine ungewohnte Zärtlichkeit und der glasige Blick verwirrten sie. Drogen?

Dark Raven stand auf, glitt mit dem Schwamm über ihre birnenförmigen Brüste zum Bauch, ihrer Scham, hinunter zu den Beinen, zu ihren Füßen.

Der Feuerschein fiel auf seine durchtrainierte Gestalt. Kajira sah die fehlende Brustbehaarung und lächelte in sich hinein. Eine Nacktschnecke. Sie mochte Männer nicht, die sich einbildeten, der Pelz mache aus ihnen einen echten Kerl. Auf seinem Rücken entdeckte sie eine Landschaft aus zahllosen Erhebungen, die sich über den Hintern bis zu den Fersen fortsetzte. Narben. Die Vorderseite seines Körpers war verschont geblieben – und sein Gesicht.

Gabriel flößte ihr Wasser ein. Sie trank gierig. Er fütterte die Sklavin mit kleinen, weichen Brotstückchen ohne Rinde. Sie kaute. Noch nie hatte jemand ihr so viel Aufmerksamkeit geschenkt. Kajira pickte mit der Zunge eine Krume von ihrer Unterlippe.

Gabriels Pupillen weiteten sich. Er stellte den Teller auf den Boden und bettete sich vorsichtig neben seine Sklavin. Die tigergelben Augen glänzten unnatürlich. Sie wollte seinen Blick auffangen, aber er sah an Kajira vorbei und seufzte. Dann rollte er sich auf sie, liebte sie unendlich langsam. Daniela empfand nichts. Sie dachte an Heiko. Als der Dunkle Rabe kam, weinte er. Kajira zuckte wie unter einem Hieb zusammen. Wie ist das möglich? Sie wagte kaum zu atmen. Er schlief in ihren Armen ein. Flüsterte ein paar Mal in englischer Sprache »666«. Daniela konnte mit den Zahlen nichts anfangen. Sie fühlte sich wie paralysiert.

Nach einer Stunde wachte Dark Raven auf, schaute sich um. Der Schleier über seinem Blick war verschwunden. Er zog seine Brauen zusammen und senkte sie. »Was zum Teufel tust du hier?« Er stieß Kajira von sich, schlug ihr mit der flachen Hand ins Gesicht.

Ihre Wange brannte. Sie spürte Erleichterung. Willkommen, süßer Schmerz! Daniela starrte ihn an. »Ich weiß es nicht.«

Er starrte zurück, blähte die Nasenflügel. »Du verdammtes Miststück! Luzifer wird dich für deine Dreistigkeit bestrafen. Du stehst vor deinem Abgrund, und ich werde dich bestrafen.«

Er stieß Kajira aus dem Bett. Sie kniete sich vor ihn und senkte den Kopf. »Es tut mir leid, Herr, wenn ich Ihnen missfallen habe!«

»Auf die Streckbank!«

Daniela rappelte sich auf.

Er schlug ihre Arme und Beine in Ketten, peitschte sie aus. Ihr Körper erwachte aus einem langen Schlaf. Jeder Millimeter Haut pochte vor Lust. Kajira war geschwebt, war das letzte Mal unter seinen Händen geflogen.

Das Klappern eines Schlüssels riss Daniela aus ihren Erinnerungen. Die verwirrende Session mit Dark Raven vor zehn Tagen und ihre Degradierung zur namenlosen Sklavin vor drei Stunden erschienen ihr wie ein Traum - eine Ewigkeit her.

Hausmeister Charly öffnete die Tür zur Böttgerstraße. Er schob seinen massigen Körper zu dem Mädchen auf die Treppe. Sein Grinsen breitete sich quer über das gutmütige Gesicht aus. »Ach ne, Kleene, haste dir mal wieder ausjesperrt?«

Daniela nickte erschöpft.

Binnen weniger Minuten war sie in ihrer Wohnung in einen todesähnlichen Schlaf gefallen. Die nächsten beiden Tage verbrachte das Mädchen im Dämmerzustand, aß und trank kaum etwas, stellte das Telefon in den Stummmodus.

Die Tote im Dominastudio

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