Читать книгу Die Tote im Dominastudio - Isabella Bach - Страница 23
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ОглавлениеDIE Queen of Pain betrat den Aufenthaltsraum. »Meine Freundin hat mir gestern Abend einen Witz erzählt.«
Die drei Frauen drehten ihre Köpfe.
»Ein kleines Mädchen fragt seine Mutter: Mama, was ist ein Sklave? Mutter: Eine Person, die tun muss, was du willst. Mädchen: Kann ich einen haben?«
Alle prusteten los. Jazz schlug sich mit den flachen Händen auf die Schenkel.
Felicitas hüstelte. »Nora, gut, dass du kommst. Mädels, ich will etwas mit euch besprechen.« Sie grinste wie ein Spitzbube. »Ich möchte gerne meiner Großmutter – wenn sie zustimmt – an unserem nächsten Schließtag – also vor dem Tag der deutschen Einheit – das Studio zeigen. Ist das in Ordnung für euch?«
Die anderen Frauen starrten die Domina verblüfft an.
Felicitas lachte laut auf. »Was ist? Wollte ich katholischen Nonnen Präservative verkaufen?«
Die Chefin kicherte. »Und wenn schon. Ich habe nichts dagegen. Zeig deiner Großmutter den Sündenpfuhl.«
Jazz grinste. »Meine Fresse.«
Daniela zwirbelte einer ihrer rabenschwarzen Haarsträhnen zusammen. »Du traust dich was. Weiß deine Oma, was du treibst?«
Lady Caprice schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Habt ihr es euren Familien erzählt?«
Die Queen of Pain setzte sich neben Felicitas auf die Couch. »Ich habe schon als junges Mädchen SM praktiziert. Meine Mutter hat unter meinem Bett den alten Koffer von meinem Großvater entdeckt, in dem ich heimlich mein Zubehör aufbewahrte: Bondage Tape3, Bizarr-Maske, Klemmgeräte, Flogger4, Peitsche, Knebel, Rohrstock, Gerte – das ganze Programm. Sie kam damit in die Küche gelaufen. Ich löffelte gerade mein Müsli und die Erziehungsberechtigte meinte mit ihrer Samtstimme, die sie zu besonderen Gelegenheiten herausholte: ›Nora, ich glaube, du bist sexuell auf dem falschen Weg.‹«
Alle kicherten.
Daniela betrachtete die Buddha-Tätowierung auf ihrem Arm und fühlte so etwas wie Stolz. Mit jedem Stich hatte sie ihren Körper ein Stück mehr zurückgewonnen. »Meinen Eltern bin ich egal. Wenn der Nachbarjunge mich nicht gefunden hätte, wäre ich mit sieben Jahren an Lungenentzündung gestorben. Ich könnte vom Fernsehturm springen und Mutter würde sich vor den Beerdigungskosten drücken. Vater würde sie mit unbewegter Miene gewähren lassen.« Daniela wusste, dass ihre Eltern Recht hatten. Ich bin ein nutzloses Nichts, eine namenlose Sklavin – eine, die keinen göttlichen Herrn und Meister verdient.
Jazz nestelte an ihren Pulswärmern herum, ballte ihre rechte Hand. »Ach Gott, ja.« Sie lachte laut auf, öffnete die Faust, kratzte sich an der Innenseite des Handgelenks.
Daniela sah, wie Felicitas’ inquisitorischer Blick auf den hochgerutschten Pulswärmern der Freundin ruhte. Jazz bemerkte es auch. Hektisch verbarg sie ihre Handgelenke, massierte mit stoischer Wut ihren Zeigefinger. »Meine Familie ahnt nichts. Wenn mein Alter wüsst, was ich treib, würd er mich aus dem Haus peitschen.«
Die Namenlose konnte den traurigen Ton der Freundin nicht ertragen. Daniela legte einen Arm um ihre Schultern und streichelte ihre Hand. Jazz rückte von ihr ab, schüttelte sich wie ein Hund, der gerade aus dem Wasser gelaufen kam. »Nicht, das kitzelt!«
»Entschuldige.«
Daniela schaute auf die Bahnhofsuhr an der Wand. Zehn Minuten vor sechs. Wie die anderen Frauen richtete sie ihre Aufmerksamkeit in Erwartung einer weiteren Beichte auf Felicitas. Aber das Gesicht der Domina war zu einer Maske erstarrt. Sie stand mit einem Ruck auf. Daniela runzelte die Stirn. Was hat die denn plötzlich?
Jazz hob den Kopf. »Und, Felicitas, was stellst du jetzt mit dem Minister an?«
»Mumifizierung.5« Die Stimme der Lady Caprice hatte Eisschranktemperatur.
Die Switcherin strahlte. »Wow, Baby, mach ihn fertig!«
Nora erhob sich. »Na, denn viel Spaß!«
Die beiden Dominas verließen den Raum.
Jazz bückte sich nach ihrer Tasche. Das knappe T-Shirt über dem Mini rutschte nach oben.
Daniela blickte auf die von einer Sonnenbank gebräunte Haut. Dort, wo viele Mädchen ein Arschgeweih trugen, sprangen sie sechs Großbuchstaben an: KAJIRA. Sie waren zwar nur aufgeklebt und noch nicht eintätowiert, aber für die junge Frau machte das keinen Unterschied. Dark Raven dokumentierte mit dieser Geste innerhalb der SM-Szene seinen exklusiven Besitzanspruch an einer neuen Gespielin. Das eigentliche Tattoo bekam das jeweilige Hauptspielobjekt, wenn die individuelle Bewährungsprobe zu seiner Zufriedenheit ausfiel. Die namenlose Sklavin griff sich an den Hals. Einsamkeit, Leere und Hilflosigkeit schnürten ihre die Kehle zu.
Jazz drehte sich um, folgte Danielas Blick auf die Abzieh-Tätowierung, zog eine Augenbraue nach oben. »Was?«
Die Verstoßene starrte sie an. »Du bist doch meine Freundin.« Ihre Stimme klang brüchig.
Jazz zuckte mit den Schultern. »Komm schon. Sei nicht sauer. Dark Raven gehört dir nicht. Er gehört niemandem.«
Daniela brachte vor Entsetzen kein Wort heraus.
Jazz lachte. »Hast du etwa geglaubt, er liebt dich? Du Schaf!«
Wut kroch Danielas Hals hinauf, mischte sich mit Verzweiflung und Eifersucht. Ihr Gesicht lief dunkelrot an. Die Lippen bebten, wurden schmal und blass. Die ehemalige Kajira stürzte sich mit einem Schrei auf Jazz.
3SM-Fesselband.
4SM-Auspeitschinstrument
5Mumifizierung = SM-Fesselspiel, bei dem der passive Part wie eine Mumie eingewickelt wird.