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Bindung: „Gott ist mein guter Vater.“

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Das System der persönlichen Beziehungen ist entstanden, um zu gewährleisten, dass Mütter und ihr Nachwuchs sich sicher und schützend aneinander binden. Im Gehirn von Säugetieren ist das Bindungssystem so organisiert, dass es Motivation, emotionale und Gedächtnisprozesse unter Berücksichtigung von bedeutenden Bildern des Nährens und Pflegens steuert. Kinder und Eltern werden jeweils dazu angetrieben, gegenseitige Nähe zu suchen, sobald sie Gefahr oder Unsicherheit spüren (Siegel 1999). Genauso lenkt dieses Bindungssystem auch die Beziehungen zwischen Gott und Mensch.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelte John Bowlby (1973) eine Theorie der Bindungen, und zwar ursprünglich, um die unterschiedlichen Belastungsmuster bei Kindern zu erklären, die während des Luftangriffs auf London von ihren Eltern getrennt worden waren. Als Hauptelemente des Bindungssystems stellte Bowlby heraus: (1) „Nähe“, da das Kind die Nähe einer Hauptbezugsperson sucht; (2) „Schutzraum/sichere Basis“, da ein Kind nur dann unbeschwert spielt und seine Umgebung erkundet, wenn sich eine Bezugsperson in greifbarer Nähe befindet; und (3) „der sichere Hafen“, da das Kind nach einer Bezugsperson Ausschau hält, sobald es sich bedroht oder unsicher fühlt. Wenn Gott für einen Menschen eine wichtige Bezugsperson ist, werden die Themen Nähe, sichere Basis und sicherer Hafen in der Beziehung zu diesem persönlichen Gott ausgelebt.

Während Bindungen bei anderen Säugetieren nur auf die körperliche Nähe zu einem Elternteil gegründet sind, bilden sich menschliche Bindungen über die gefühlte Präsenz und die emotionale Ansprechbarkeit der Betreuungsperson aus (Bowlby 1973). In einer engen Verbindung zwischen Menschen sind die Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen in hohem Maße auf die Beziehung selbst ausgerichtet. Die frühe Bindung an die Eltern oder andere Hauptbetreuungspersonen wird in ein dauerhaftes Muster für das Ausbilden von Beziehungen internalisiert, an dem sich die Haltung gegenüber Beziehungen, ihre Bedeutung und wie sie gehandhabt werden müssen ablesen lassen. Bei problematischen Beziehungen in der frühen Kindheit kann das Fehlen des Gefühls einer sicheren Basis zu einem Bindungsstil führen, der von Unsicherheit gekennzeichnet ist und von unkonzentriertem Spielen und Erkunden der Umwelt, Ausbeutung und unsicheren sozialen Interaktionen begleitet wird (Siegel 1999).

Für viele religiöse Menschen ist Gott eine ihrer wichtigsten Bezugspersonen. Kirkpatrick (2005) bemerkte, dass „die empfundene Verfügbarkeit und Ansprechbarkeit einer übernatürlichen Bezugsperson eine fundamentale Dynamik ist, die das Christentum und viele andere theistische Religionen durchzieht. Ob es sich bei der Bezugsperson um Gott, Jesus Christus, die Jungfrau Maria, einen von vielen Heiligen, Schutzengel oder andere höhere Wesen handelt, immer ist die Ähnlichkeit auffallend.“ Bei ihren Untersuchungen verschiedener Gebetsarten haben Hood, Spilka, Hunsberger und Gorsuch (1996) bemerkt, dass einige Gebetstypen sich vor allem mit der Ansprechbarkeit Gottes beschäftigen statt mit der Bitte, Gott möge einem handelnd zur Hilfe kommen. Das kontemplative Gebet ist z.B. ein Versuch, seinem Gott nahe zu kommen und sich eng mit ihm zu verbinden, und das meditative Gebet spiegelt vor allem die Sorge um die Art und Weise der eigenen Beziehung zu Gott wider.

Menschen, deren Bindung an ihren Gott unsicher ist, sind möglicherweise anfälliger für Demoralisierung, wenn sie in Not geraten. Eine sichere Bindung an einen persönlichen Gott kann ein wirksamer Schutz vor Verzweiflung sein und selbst das Scheitern in menschlichen Beziehungen ausgleichen, wenn dort die Bindungen unsicher sind (Griffith & Dsouza, im Druck; Rizzuto 1979).

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