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Gemeinschaftsbildung: „Als Mitglied meiner Religionsgemeinschaft fühle ich mich sicher.“

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Ebenso wie Wölfe und Hunde scheinen auch Menschen so geartet zu sein, dass sie in der Zugehörigkeit zu einer Herde Sicherheit suchen. Und anders als andere Säugetiere, die auf Gesten und Hinweise beschränkt sind, können Menschen zudem ihre Sprache benutzen, um den Wunsch nach Zusammensein zu signalisieren. Religiöse Überzeugungen, Rituale, Zeremonien und andere Praktiken ermöglichen gleichermaßen, sich als Mitglied einer Gruppe zu fühlen.

Die Gemeinschaftsbildung bezieht sich auf die geschwisterlichen Bande, die normalerweise nicht die Intensität oder Beständigkeit der Bindung an die Eltern aufweisen, aber dafür flexibler, durchlässiger und austauschbarer sind. Bei der Gemeinschaftsbildung geht es um die Verbundenheit durch gesellschaftliche Gruppen, Rollen, Verantwortlichkeiten und die Loyalität gegenüber der eigenen Gruppe. Die religiöse Identifikation dient für die, die sie teilen, oft als Mittel, die Zusammenarbeit zu vereinfachen, Verbindungen einzugehen oder Koalitionen zu bilden.

Aus seinen Forschungen zur Zugehörigkeit zu einer Kultgemeinschaft hat Marc Galanter (1999) eine auf dem menschlichen Bedürfnis nach Gruppenbildung basierende Theorie der Religion abgeleitet. Religiöse Gruppen sind typischerweise durch einen engen sozialen Zusammenhalt charakterisiert, so dass die persönlichen Lebensumstände des Einzelnen eng mit denen anderer Gruppenmitglieder verwoben sind. Innerhalb der gesamten Gruppe teilt man die gleichen Absichten. In Kultgemeinschaften ist dieser soziale Zusammenhalt sehr intensiv, bis hin zu einem gleichförmigen Kleidungsstil, einer charakteristischen Sprache und einem gemeinsamen Anteil an materiellen Besitztümern. Eine derartige Gegenseitigkeit fördert einen reziproken Altruismus, den die Gruppenmitglieder sich gegenseitig freigebig gewähren, weil sie sicher sein können, die gleiche Großzügigkeit im Gegenzug auch selbst gewährt zu bekommen. Für viele Menschen ist eine Kirche, Synagoge, ein Tempel oder eine Moschee der Mittelpunkt ihres sozialen Netzwerks. Ken Pargament (1997) hat die vielen verschiedenen Arten, wie Menschen sich innerhalb ihrer Religionsgemeinschaft gegenseitig unterstützen, detailliert aufgezeigt.

Ein Mensch, der sich einer Kultgemeinschaft anschließt, hat zuvor häufig eine schwächende Einsamkeit und Demoralisierung erfahren. Wie bereits oben erwähnt hat Galanters (1999) klinische Studie bei Anhängern eines religiösen Kultes ein reziprokes Verhältnis zwischen dem Abnehmen von vor dem Anschluss an den Kult bestehenden Ängsten und depressiven Symptomen und dem Anstieg des sozialen Zusammenhalts innerhalb der Gruppe beobachtet, den sogenannten „Erleichterungs-Effekt“. Diese Beobachtung wird zudem durch Sozialwissenschaftler gestützt, die die Bedeutung der Zugehörigkeit zu einer nationalen oder ethnischen Gruppe für die Selbstachtung des Einzelnen belegt haben (Kirkpatrick 2005).

Die Gemeinschaftsbildung scheint also geeignet zu sein, das Selbstwertgefühl in Notzeiten zu schützen. Die Stärke des Zusammenhaltes kann jedoch von dem Errichten einer starren Grenze zwischen denjenigen innerhalb der religiösen Gruppe und denjenigen außerhalb abhängig sein. Dies hat negative Auswirkungen, wenn diese Grenze zu einer Barriere für das Mitgefühl mit Außenstehenden wird, Stigmatisierung oder im schlimmsten Fall Feindseligkeit, Ausbeutung oder Gewalt rechtfertigt.

Religion hilft, Religion schadet

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