Читать книгу Achtsam durch den Tag - Jan Chozen Bays - Страница 22
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Die eigenen Hände wahrnehmen
DIE ÜBUNG: Beobachten Sie mehrmals am Tag Ihre Hände, als gehörten sie einem Fremden. Betrachten Sie sie sowohl in Aktion als auch im Ruhezustand.
Gedächtnisstützen
Schreiben Sie die Wörter „Sieh her!“ auf Ihren Handrücken.
Macht Ihre Arbeit das nicht möglich, dann tragen Sie einen Ring, den Sie gewöhnlich nicht tragen. (Ist es Ihnen nicht erlaubt, Ringe zu tragen, etwa weil Sie in einem Operationssaal arbeiten, dann können Sie die Zeit des Händewaschens benutzen, um Ihre Hände anzusehen, als gehörten sie zu einem Fremden.)
Wenn Sie üblicherweise keinen Nagellack tragen, könnten Sie sich selbst daran erinnern, Ihre Hände zu betrachten, indem Sie eine Woche lang Nagellack tragen. Lackieren Sie gewöhnlich Ihre Nägel, dann könnten Sie eine ungewöhnliche Farbe wählen.
Entdeckungen
Unsere Hände sind sehr geschickt darin, alle möglichen Aufgaben zu erledigen, und viele von diesen Dingen können sie ganz allein tun, ohne von unserem Geist sonderlich gelenkt zu werden. Es macht Spaß, sie bei ihrer Arbeit zu beobachten, so als führten sie geschäftig ihr eigenes Leben. Hände sind zu erstaunlich vielen Dingen fähig! Beide Hände können zusammenarbeiten oder zur gleichen Zeit Verschiedenes tun.
Beim Praktizieren dieser Übung fällt uns auf, dass jede Person charakteristische Handgesten besitzt. Wenn wir reden, fuchteln unsere Hände fast von selbst herum. Uns fällt auf, dass unsere Hände sich mit der Zeit verändern. Betrachten Sie Ihre Hände und stellen Sie sie sich so vor, wie sie aussahen, als Sie noch ein Baby waren. Stellen Sie sich anschließend vor, sie würden langsam älter, bis sie den gegenwärtigen Zustand erreicht haben. Danach stellen Sie sich vor, wie sie altern und dann, wenn Sie sterben, leblos werden und wieder zu Staub zerfallen.
Selbst während wir schlafen, sorgen unsere Hände für uns: Sie ziehen die Bettdecke herauf, halten den Menschen fest, der neben uns liegt, oder stellen den Wecker ab.
Vertiefung
Wir werden die ganze Zeit umsorgt. Einige Zen-Lehrer sagen, die Art und Weise, wie sich unser Körper um uns kümmere, ohne dass wir uns dessen bewusst wären, sei ein Beispiel für das wunderbare und durchgängige Funktionieren unseres Wahren Wesens, des uns innewohnenden Gutseins und der Weisheit unseres Daseins. Unsere Hand zieht sich vom Feuer zurück, noch ehe wir die Hitze wahrnehmen, unsere Augen blinzeln, noch bevor wir einen scharfen Knall hören, unsere Hände greifen zu und fangen etwas auf, noch bevor uns bewusst wird, dass es herunterfällt. Die rechte und die linke Hand arbeiten zusammen, wobei jede ihre Hälfte der Aufgabe erledigt. Wenn wir Geschirr abtrocknen, hält eine Hand den Teller und die andere das Handtuch. Wenn wir mit einem Messer schneiden, hält eine Hand das Gemüse, während die andere Hand schneidet. Und sie kooperieren beim Händewaschen.
Es gibt ein Koan (eine Zen-Geschichte als Herausforderung für die Meditation) über den Bodhisattva des Mitgefühls, der auf Japanisch Kanzeon und auf Chinesisch Kuanyin genannt wird. Diese in China und in Japan weibliche Figur wird oft mit tausend Augen dargestellt, die alle Menschen sehen, die der Hilfe bedürfen, sowie mit tausend Händen, die alle ein anderes Werkzeug halten, um diese Hilfe ausführen zu können. Manchmal befindet sich sogar in jeder der Handflächen noch ein Auge. Die Zen-Geschichte geht folgendermaßen:
Eines Tages fragte der Zen-Mönch Ungan den Zen-Meister Dogo: „Wie benutzt der Bodhisattva Kanzeon all die vielen Hände und Augen?“
Dogo antwortete: „Es ist wie bei einem Menschen, der mitten in der Nacht hinter seinem Kopf das Kissen greift.“
Einer meiner Schüler ist Gitarrist, und er kam mit dieser Geschichte zu einer Einsicht. Wenn seine Hände in einem Bereich der Gitarre aktiv waren, die er nicht sehen konnte, dann hatten sie, wie ihm klar wurde, „Augen“. Sie konnten die Fläche, die sie bearbeiteten, ganz genau sehen, selbst wenn es dunkel war. Sein inneres Auge und seine Hand arbeiteten wunderbar zusammen, so, wie ein Schlafender sein Kissen „sieht“ und seine Hände von selbst danach greifen, um es unter seinen Kopf zu ziehen. Im Zen sagen wir, dies zeige, auf welche Weise die uns angeborene Weisheit und das uns innewohnende Mitgefühl zusammenarbeiten, wenn unser Verstand nicht im Weg ist.
Wenn wir deutlich sehen, dass alles Existierende eins ist, dann wird uns klar, dass alle Dinge zusammenarbeiten, so wie die Hände und Augen. Und ebenso wie unsere Hände unsere Augen nicht verletzen würden, ist es ganz natürlich für unsere Natur, uns selbst oder andere Menschen nicht zu verletzen.
SCHLUSSWORTE: Zwei Hände arbeiten mühelos zusammen, um viele wundervolle Dinge zu vollbringen, und sie schaden einander niemals. Könnte dies auch für jegliches Paar von Menschenwesen wahr werden?