Читать книгу Rote Linie - Jan Eickmann - Страница 12
ОглавлениеAls ich als kleiner Knirps in einem unbeobachteten Moment mal seine Schallplatten aus dem Schrank kramte und zur Musik, die nur in meinem Kopf lief, direkt auf seinen Platten herumtanzte, flippte er völlig aus. Meine Oma erzählte mir, dass er mich schon da geschlagen hat, als er eindeckte, was ich da tat.
Mit sieben Jahren wurde ich eingeschult. Ich war furchtbar aufgeregt, dass ich endlich in die Schule durfte, also ging ich an dem Abend vor der Einschulung früh ins Bett. Mein Vater saß mit seiner Lebensgefährtin auf dem Balkon und ließ den Tag in der Abendsonne mit einem Bier ausklingen. Zu seiner Freundin hatten wir ein angespanntes Verhältnis. Wir hatten für sie schnell einen Spitznamen und dachten immer, sie kannte diesen nicht. Doch Jahre später erfuhren wir, dass sie ihn wusste.
Ich muss an dem Abend vor der Einschulung sofort eingeschlafen sein, obwohl es draußen noch hell war. Nach kurzer Zeit wurde ich wieder wach und glaubte, dass es der folgende Morgen sei. Aufgeregt und voller Erwartung sprang ich aus dem Bett. Ich rannte voller Elan ins Bad, machte mich fertig und suchte meinen Bruder und meinen Vater, jedoch fand ich niemanden vor. Ich ging in die Küche und ins Schlafzimmer meines Vaters, doch auch hier war niemand. Irgendwann schaute ich vom Wohnzimmer auf den Balkon und sah dort meinen Vater mit seiner Lebensgefährtin sitzen. Beide sahen mich und schauten mich ziemlich verdutzt an. Ich erklärte beiden, dass wir jetzt losmüssen, denn heute wäre doch meine Einschulung. Mein Vater stutzte und erklärte mir, dass ich erst vor einer halben Stunde ins Bett gegangen sei und wir noch nicht den nächsten Morgen hätten. Er schickte mich wieder zurück in mein Bett. Ich war enttäuscht. Jetzt noch mal schlafen und bis morgen warten, ich war überhaupt nicht müde. Doch der nächste Morgen kam und ich konnte endlich zur Schule gehen. Begeistert war ich aber nicht, denn ich hatte mir das alles völlig anders vorgestellt. Ich kann mich noch an das Gefühl erinnern, dass ich meine Lehrerin nicht mochte.
Sie war bestimmt sehr freundlich, aber ich hatte beschlossen, sie nicht zu mögen.
Ich verbrachte das erste Schuljahr noch bei meinem Vater, bis auch dieser von mir genug hatte und sein eigenes Leben führen wollte, in dem mein Bruder und ich keinen Platz mehr hatten. So kamen wir zu unserer Mutter, die viel Spaß mit ihrem Suff hatte, aber weniger mit uns.