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3.1.3 Ἀναγνωστικός

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Das selten bezeugte Adjektiv ἀναγνωστικόςἀναγνωστικός hat nach LSJ die folgenden Bedeutungsnuancen: a) capable of reading, a good reader (Epikt.Epiktet diatr. 2,18,2: lesefähigLese-fähigkeit (s. auch Literalität), gut im Lesen);1 b) fond of reading (Plut.Plutarch de garr. 22 [mor. 514a]: das substantivisch gebrauchte Adjektiv verweist bei Plutarch auf jemanden, der viel und gerne liest, also eine Leseratte, der in diesem Fall Geschichten, narrative Texte [ἱστορίαι] liest); c) suitable for reading (Aristot.Aristoteles rhet. 3,12,2 [1413b12]: zum Lesen geeignet). Während die ersten beiden Belege recht eindeutig sind, hat D. J. Allan gezeigt, dass die Interpretation der ἀναγνωστικοί bei Aristoteles im Sinne von „Dichter, die zum Lesen geeignet sind“2, also deren Texte gut aussprechbar wären (λεκτικός), aus philologischer Sicht falsch ist. Vielmehr spreche Aristoteles ganz im Sinne der beiden anderen Stellen davon, dass AutorenAutor/Verfasser, die selbst gute LeserLeser oder Vielleser sind, populär seien, weil sie leserorientiert schreibenSchreiben, wobei an dieser Stelle offen bleibe, ob Aristoteles auf kollektive oder individuelle Formen der Rezeption abzielt.3

Einen gut lesbaren Text beschreibt Aristoteles hingegen mit dem Adjektiv εὐανάγνωστοςεὐανάγνωστος (Aristot.Aristoteles rhet. 3,5,6 [1407b12]). Ein gut lesbarer Text ist nach der weiteren Spezifikation an dieser Stelle ein solcher, der gut erfassbar (εὔφραστος)4 ist, Konjunktionen (σύνδεσμοι) sparsam verwendet, der leicht punktiert (διαστίζω) werden kann und wenig Ambiguität in den Bezügen aufweist.5 Es geht ihm hier also stärker um das kognitivekognitiv Erfassen als um die lautliche Realisierung. Das Adjektiv εὐανάγνωστος kommt außerdem bei Demetr. eloc.Demetrios von Phaleron 4,193 vor. Hier legt der Kontext – die Gegenüberstellung von Stilen (λέξεις), die sich entweder besser zum Aufführen (ὑποκρίνομαι) oder zum Lesen (ἀναγιγνώσκωἀναγιγνώσκω) eignen – eine der Aristotelesstelle analoge Verwendung des Lexems nahe. Als Beispiele führt Demetrios an, Menander sei besser für die Aufführung geeignet, Philemon besser für die Lektüre. Die Ausführungen von Demetrios gleichen im Übrigen denjenigen von Aristoteles (Aristot. poet. 1462a101462b5), die unten noch zu diskutieren sind. Ferner wird dieses Lexem von Konstantin in seinem BriefBrief an Euseb verwendet, in dem er den Auftrag zur Beschaffung von Bibelausgaben gibt, um die Beschaffenheit der Schrift der PergamentkodizesKodex zu beschreiben (vgl. Eus.Eusebios von Caesarea vita Const. 4,36,2).

Lesen in Antike und frühem Christentum

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