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6. Kapitel

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Es dauerte dann doch ganze vier Wochen, ehe Bernd Wolf dann doch kam. Er hatte Helene gleich gesagt, dass er nicht lange bleiben wolle, denn was solle er in Gesellschaft zweier alter Herren bloß tun - damit könne er nichts anfangen.

"Du, die Gesellschaft zweier alter Herren ist mein Zuhause, das ist das, was ich an Familie habe", hatte sie gesagt, worauf er schließlich gesagt hatte, dass er mitkommen werde.

"Können wir uns denn dort auch so liebhaben wie bei mir?", hatte Bernd gefragt. Helene hatte lachen müssen, hatte aber nichts gesagt. Warum eigentlich nicht? Sie würde natürlich bescheid geben müssen, aber sie war sich sicher, dass die "beiden alten Herren" nichts dagegen einzuwenden hätten.

Bernd zog sich für diese Vorstellung nicht besonders "anständig" an. Er war in Jeans, in einem Hemd, in Turnschuhen - so, wie er auch in der Gärtnerei arbeitete. Helene wusste inzwischen, dass Bernd keine andere Kleidung hatte. Er hatte nie etwas anderes gehabt. Es waren immer Jeans, und immer ein T-Shirt oder ein Hemd - gewaschen, gewiss, aber andere Kleidung hatte er und wollte er nicht. Ihr war bewusst, dass sie Bernd nicht überall vorstellen konnte, zumindest nicht in seinem Räuberzivil. Aber, so sagte sie sich, Bernd war so, und sie wollte nichts daran ändern. Immerhin hatte Bernd versucht, seine Haare zu bändigen, und er war rasiert.

Bernd füllte mit seiner körperlichen Größe das Wohnzimmer der Wohnung. Aber es war nicht nur seine Größe, es war nicht nur sein lässiges Auftreten - es war das Ungewöhnliche an ihm, die sanfte Stimme, der muskelbepackte Körper und die warme Ausstrahlung, die auch auf Otto und Ralf nicht ohne Wirkung blieb. Schnell stellte sich für Ralf und Otto heraus, dass Helene hoffnungslos dem Mann verfallen war, der nichts gelernt hatte, und er nichts hatte außer seinem Körper, so zumindest schien es. Er arbeitete in der Gärtnerei, aber er war so etwas wie eine attraktive Aushilfskraft, sonst nichts. Bernd hatte kein Ziel, er lebte in den Tag hinein und genoss das Leben, wie es sich ihm bot. Er war nicht dumm, dieser junge Mann, aber er hatte keine Interessen außer dem, was er mit sich und seinem Körper tun konnte - das war der Eindruck, den Bernd zunächst machte.

Was ihn besonders interessiere, fragte Otto, und als Bernd nicht antwortete oder nicht richtig verstanden hatte, fragte Otto, welche Hobbys er habe. Keine, antwortete Bernd. Was er denn besonders gern tue, bohrte Otto weiter. Nach einer Pause sagte er, dass er schnitze - Holzschnitzereien seien es. Er sei glücklich, wenn er mit seinen Händen aus einem Stück Holz eine Figur herstellen könne. Zum Verkauf? Als Geschenk? Nein, für sich, und die Figuren seien seine Geschöpfe, geboren aus seinen Träumen. Sie seien nicht für andere Menschen bestimmt. Otto war sehr nachdenklich. Er hatte das Gefühl, als würde er Bernd verstehen können. Mehr noch, er glaubte zu spüren, dass Bernd mehr war als nur ein Körper. Aber war er der richtige Mann für Helene?

Schon bald nach dem Abendessen verschwanden Helene und Bernd - wohin? "Zu Bernd", hieß es lapidar. Ralf wollte etwas dazu sagen, aber Otto gab ihm indirekt zu verstehen, dass er den Mund halten sollte, und das tat er denn auch. Mit einem freundlichen Lächeln verabschiedeten die mittelalterlichen Freunde den Liebhaber der geliebten Helene - und Helene, die Bernd begleiten wollte.

"Was sollen wir tun?", fragte Ralf, als die beiden jungen Leute die Wohnung verlassen hatten.

"Nichts", entgegnete Otto ernsthaft, fast traurig. Er fuhr fort: "Du kannst nichts tun. Wenn du unserer Helene die Beziehung zu Bernd untersagst, wird sie zu ihm ziehen. Sie ist ihm ganz verfallen."

Die beiden Männer, die sich über viele Jahre um Helene gekümmert hatten, schwiegen lange. Es war Otto, der sagte: "Helene verfolgt nach wie vor ernsthaft ihre Studien, soweit ich es mitkriege."

Ralf bestätigte das.

"So, und dabei sollen wir sie unterstützen, wenn sie Unterstützung braucht, und die wird sie auch brauchen. Was hat sie in den Semesterferien vor? Ist sie in den Ferien immer noch in der Kanzlei?"

"Sie arbeitet bei Abelt, Abelt und Rossmer und Partner, ja, bei denen ist sie immer noch."

"Und was genau macht sie da?", fragte Otto. Ralf hatte keine Antwort. Er wusste, dass Helene dort gutes Geld verdiente, aber was sie dort genau tat, wusste er nicht.

"Nun, ich werde mich darum kümmern", erklärte Otto ganz bestimmt, aber er sagte nicht, was er tun werde. "Übrigens noch etwas: Dieser Bernd ist bestimmt kein schlechter Typ. Er raucht nicht, und ich glaube auch nicht, dass er Drogen nimmt. Für mich ist die Beziehung zu Bernd ein wenig seltsam, aber er ist kein schlechter Mann. Das sollte uns zufrieden stellen."

"Und was ist, wenn Helene schwanger wird?", fragte Ralf besorgt. Otto grinste und zuckte die Schultern. Er hatte keine Antwort darauf.

Die Wolf

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