Читать книгу Occido - Jana Bacher - Страница 13
Cut
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„Okay, okay, Jungs, gar nicht schlecht. Ich glaube, das haben wir im Kasten.“
Mit fleischig befriedigter Miene trat Joe zwischen Charms und Peter, während die Kameras ringsum gemächlich abschwenkten wie interessensverlorene Passanten, die eine neue Attraktion zu ihrer Belustigung ausgemacht hatten.
Verwundert stellte Charms fest, dass Peters Unrast nach Ende der Szene weiter anhielt, er abgewandt weite Kreise um sich selbst zog, als drehten sich in seinem Kopf auch die Gedanken. Er wirkte nervös und unwillig und als er wieder endlich wieder zu ihnen sah, hatte sich etwas Drängendes in seinem Blick angestaut, dem Joe aber keine Beachtung schenkte. Stattdessen zog er zähnebleckend zwei sorgsam in Folien gehüllte Papierbögen hervor, die Charms sofort als Rahmenszenen erkannte.
„Ich wusste, du würdest das nicht bringen, Pete, also habe ich für alle Fälle eine Ersatzszene eingebaut. Glaub nicht, dass du mir so einfach davon kommst.“
Charms nahm seine Szene entgegen und stellte sofort fest, dass sie nahtlos an die letzte anknüpfte.
Szene 5
Setting: Café Del Mar, um die Ecke bei Charms‘ Wohnung
Zeit: 16 Uhr
Auftritt: Charms und Peter
Ausgangssituation: Nach Peters fluchtartigem Abgang trifft Charms seinen Bruder zur Klärung im nahe gelegenen Café.
Gut, dass Joe doch immer an alles dachte. Auf ihn konnte man sich verlassen.
Peter schien die Sache anders zu sehen: Nach einem kurzen Blick auf den Rahmen seiner Szene verwandelte sich das Begehren in seinen Augen in etwas zutiefst Gereiztes. Zu gerne hätte Charms gewusst, wie seine Vorgaben aussahen, inwiefern sie sich von den seinen unterschieden. Den Einblick in die Vorgaben der anderen Figuren hatte Joe ihnen entschieden untersagt.
„Schmeißen wir die Szene raus“, sagte Peter zu Joe, der ihn scheel belächelte. „Wie du schon sagtest, ich bring es nicht. Ich hab’s eben vergeigt und ich vergeig es in der nächsten Szene auch. Darauf können wir alle verzichten.“
„Wir können nicht darauf verzichten!“, entgegnete Joe, während die wachsende Ungeduld um ihn waberte wie die kampfbereiten Tentakel eines zornigen Kraken. „So sehr mir deine rotzige Attitüde auch auf den Geist fällt, Peter, baut sie doch einen gewissen Spannungsbogen auf. Dein Auftritt von eben steigert die Neugierde des Zuschauers. Wir lassen die letzte Szene drin und bauen in der nächsten aus, was du angefangen hast. Ich will nichts weiter zu dem Thema hören, haben wir uns verstanden?“
Aus irgendeinem Grund hatte Charms das Gefühl, dass Peter gerade um einiges mehr verstand als er selbst. Es schien eine unterschwelle Botschaft zu geben, die Joe ihm auf einer Ebene zusendete, die Charms nicht zugänglich war, in Tonebenen, die er nicht hören konnte, in einer Sprache, die er nicht verstand. Hinter der sperrigen Art und Weise, wie Peter sich Joes Willen beugte, nicht jedoch, ohne den Druck seiner Szene aus der Folie zu pulen und sie zerknüllt vor dessen Füße zu werfen lauerte eine für Charms neuartige, schreiende Aufforderung, er wusste nur nicht wozu. Beinahe war es, als wolle Peter Joe dazu bringen, auf ihn loszugehen.
Ein Schlottern ging durch Joes Miene und für einen Sekundenbruchteil drohte etwas zwischen Peter und ihm tatsächlich zu explodieren, doch dann kam eine kraushaarige Dame aus dem Kamerateam herbeigeeilt und verkündete, dass sämtliche Einstellungen für die nächste Szene vorbereitet seien und sie starten konnten.
Mit dem Unwillen eines geprügelten Hundes verließ Peter die Bühne, um sich seinem tatsächlich Auftritt zuzuwenden. Ebenso erleichtert wie betroffen sah Charms ihm hinterher, bis Joe ihm väterlich auf die Schulter klopfte.
„Mach dir keinen Kopf, Junge. Du weißt, was für ein sturer Bock dein Bruder ist, aber er spurt schon, wenn man mit ihm umzugehen weiß.“
„Ist es wirklich so übel, was er mir zu sagen hat?“ Aus irgendeinem Grund verspürte Charms das Bedürfnis, Joes Berührung abzuschütteln. „Es scheint ihm echt schwerzufallen. Wenn er nicht will, lassen wir es lieber.“
Die unsichtbaren Kampftentakel schienen wieder um Joe zu zucken und boten einen widersprüchlichen Tanz mit dem Lächeln, das er seiner unteren Gesichtspartie aufzwang. „Blödsinn, alles was er mal wieder will, ist aus der Reihe zu tanzen und sich wichtig zu machen. Du kennst deinen Bruder, da brauche ich dir nichts zu erzählen. Also, dann – dürfte ich bitten, Charms?“