Читать книгу Der Schnüffel-Chip - Jay Bates - Страница 10
7.
ОглавлениеJetzt begriff Okambo Ozamba langsam den Ernst der Situation. Das waren keine normalen spielenden Kinder, die sich einen etwas zu weit gehenden Spaß mit einem Erwachsenen machen wollten. Vielleicht war ihnen die Situation nur entglitten, aber das sah nicht so aus. Vielleicht war das aber auch ihr Spiel, einen jedem einzelnen von ihnen überlegenen Gegner durch ihre schiere Anzahl niederzuringen. Aber wie weit würden sie gehen?
Sie sahen auch anders aus als andere Kids dieses Alters, die mit Designer-Schlappen, MP3-Ohrstöpseln und grellbunten Smartphones durch die Gegend stolzierten. Diese hier sahen aus wie kleine verfettete malaiische Dschungelkrieger, bereit, ihren Job zu tun, mit ausdruckslosen Gesichtern.
Er hatte jetzt wenig Zeit, sich das alles zu überlegen. Er musste nun möglichst ohne weitere Verletzungen aus dieser Situation entkommen. Wenn der Bus jetzt käme, könnte er losrennen und die dreihundert Meter bis zur Haltestelle schaffen. Aber der Bus kam nicht, er war ihm ja gerade vor der Nase weggefahren.
Inzwischen hatten sie ihn ganz umringt, eine Gruppe von vielleicht zehn Gestalten. Noch hielten sie Abstand, aber der verringerte sich drohend. Eine vorrückende Angriffsarmee. Der Kleine, der ihm den Schnitt an der Hand beigebracht hatte, hatte seine Waffe wieder verschwinden lassen.
Er beschloss, zu verhandeln.
„Okay, ihr habt gewonnen”, versuchte er in ruhigem Ton zu sagen, doch er fürchtete, sie würden das leichte Beben in seiner Stimme hören. „Nun ist’s gut, lasst mich gehen, ich muss zum Bus”. Mit diesen Worten wandte er sich in Richtung zur Haltestelle.
Doch der Belagerungsring wich nicht zurück. „Ich glaub’ es nicht”, vernahm er die bekannte Stimme des Anführers. Er war einzige, der bisher irgendeinen Ton von sich gegeben hatte.
„Du hast keinen Respekt, du Opfer! Du hast das irgendwie nicht gecheckt und so. Laber hier nicht rum. Rück’ mal etwas Kohle raus!”, war seine Forderung, locker und fast kumpelhaft vorgetragen. Unüberhörbar ein sanfter Unterton, eine kleine Andeutung, eine versteckte Aussage: versuche nicht, es abzulehnen!
Gott sei Dank besaß Okambo keine Brieftasche, sondern trug das wenige Geld, das er mitnahm, in der Hosentasche. Er fingerte es heraus und hielt dem Sprecher ein paar Scheine, die eigentlich für sein Auto bestimmt waren, hin. Eddie würde das verstehen.
„Ich glaube nicht, dass das reicht!”
„Aber ich habe nicht mehr!”
Lapidar, gleichmütig und doch endgültig: „Pech für dich!”
Der Anführer machte zwei drohende Schritte auf ihn zu. In seiner Not griff sich Okambo wieder einen dieser fetten Knirpse und hielt ihn wie eine Geisel vor sich.
Das hätte er besser nicht tun sollen.