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10.
ОглавлениеLene Klemke hatte ihren Tag wie immer früh begonnen, und das Frühstück für sich und ihren Lebensgefährten bereits abgeräumt. Während dieser noch in der Küche klappernd mit dem Aufräumen beschäftigt war, stand sie wie so oft hinter der Gardine und blickte nach draußen in der Hoffnung, irgendein ungewöhnliches Ereignis möge ihren grauen Rentneralltag aufhellen.
Heute wurde sie nicht enttäuscht: „Du, Achmed, komm doch mal! Schau dir das an! Was machen die da?”
Achmed war die Unterbrechung seiner Küchenarbeit willkommen. Sekunden später stand er neben ihr, ebenso sorgfältig darauf bedacht, von außen nicht gesehen zu werden. Doch nach einem kurzen Blick wandte er sich enttäuscht ab: „Kinder spielen, na und?”
„Na, guck doch mal, guck doch mal! Das ist doch was nicht in Ordnung, die greifen einen Erwachsenen an!”
Er kam wieder zurück: „Wo? Ich sehe nicht!”
„Ihr Männer seht immer nichts! Da, hinter dem Strauch, jetzt kommt er nach vorne, die kämpfen miteinander!” Ihre Hand fingerte nach dem perlmuttbesetzten uralten Opernglas neben dem Kissen für ihre Ellenbogen, das so verstellt und zerkratzt war, dass es ihre Sicht auf die Ereignisse der Welt auch nicht merklich verbesserte.
„Sollen sie doch, da ist doch nichts dabei! Die spielen miteinander!”
„Spielen! Spielen? Eine Horde Kinder und ein Erwachsener? Die haben Pistolen...”
„Wasserpistolen werden das sein...”
„Und... O Gott, jetzt fällt er ja um! Na, mach doch mal was! Hilf ihm doch mal! Es ist doch ein Schwarzer wie du!”
Das gefiel Achmed gar nicht. Sie hätte es wissen müssen. Seine dunkle Hautfarbe war schließlich ganz anders, und das brachte er wieder einmal zum Ausdruck: „Er ist nicht wie ich, ich bin Marokkaner, nicht Schwarzer, er ist Schwarzer, ein Neger aus Kongo oder weiß ich! Er ist nur Neger, hat keine Kultur, wir haben Kultur, fünftausend Jahre, er ist nur Neger...”
„Aber deswegen kannst du doch nicht... er ist doch auch ein Mensch! O Gott, jetzt liegt er da! Und die hauen ab! Und er liegt da! Mach doch was! Ruf die Polizei!”
„Ich rufe nicht Polizei. Ich habe genug von Polizei. Wie mich hat letzte Mal behandelt! Nur weil ich bin aus Marokko und Muslim...”
„Dann rufe ich eben an!”
„Nein, das geht uns nicht an, wir haben nicht gesehen.”
„Aber wir müssen doch...”
„Wir müssen nicht!”
„Wir müssen doch! Ich rufe jetzt an! Ich muss mich ja nicht melden, ich sage nur sie sollen kommen...”
„Dann mach, was du richtig hältst! Aber sage nicht den Namen! Ich will nicht Ärger!”
Es war kurz nach zehn Uhr, als sie zum Hörer griff: „Hier... äh, äh... ein Mann liegt auf der Straße, Kastanienallee fünfundsechzig, kommen Sie doch mal, schnell, auf Wiederhören!”