Читать книгу WBG Deutsch-Französische Geschichte Bd. II - Jean-Marie Moeglin - Страница 12
2. Politische Beziehungen
ОглавлениеDie umfassende Stabilität der Grenze zwischen regnum und imperium ist nicht vereinbar mit der Vorstellung einer aggressiven „Außenpolitik“ des Königs von Frankreich gegenüber dem deutschen König. Wenn man über drei Jahrhunderte hinweg die Entwicklung der politischen Beziehungen zwischen den beiden Königreichen verfolgt, stellt man auch tatsächlich fest, dass die Beziehungen, abgesehen von einigen sehr kurzen Episoden, nicht einer offensiven und auf Eroberung abzielenden Politik entsprechen.
Die militärischen Episoden im Verhältnis zwischen den beiden Herrschern sind in der Tat extrem selten, ja unbedeutend. Vor der großen Auseinandersetzung zwischen den Häusern Österreich und Frankreich, die nach dem Tod Karls des Kühnen im Januar 1477 begann, sind für drei Jahrhunderte insgesamt nur fünf kurze Konflikte zu nennen: derjenige, der sich 1214 in Bouvines regelte; eine schlecht bezeugte militärische Episode zwischen Philipp dem Kühnen und Rudolf von Habsburg; eine Kriegserklärung Adolfs von Nassau im August 1294 als Vorspiel seiner Allianz mit Eduard I.; eine Kriegserklärung Ludwigs des Bayern als eines Alliierten Eduards III. im Jahr 1338; eine Kriegserklärung Sigismunds an Karl VI. 1417–1418. Unter diesen Episoden ist die einzige von Bedeutung jene von Bouvines 1214, aber es handelt sich hierbei um eine Auseinandersetzung zwischen Kapetingern und Staufern auf der einen und Welfen und Plantagenêts auf der anderen Seite und nicht um einen Krieg des deutschen Reichs gegen das Königreich Frankreich. Selbst wenn man hier einige militärische Episoden ergänzt, in denen sich der König von Frankreich und ein Reichsfürst gegenüberstanden, bedeutet das recht wenig. In der Tat richtete sich die ganze Aufmerksamkeit der Könige von Frankreich in dieser Zeit auf das Königreich England; die Beziehungen zum Reich stellen lediglich einen Nebenschauplatz dar, der nur an Bedeutung gewinnt in direkter Verbindung mit dem großen französisch-englischen Konflikt.
Was die eigentlichen „diplomatischen“ Beziehungen betrifft, zeigt die Chronologie der von den französischen Königen mit den deutschen Herrschern, Fürsten oder Adligen besiegelten Bündnis- und Freundschaftsverträge (im weiteren Sinne), dass die Außenpolitik des Königs von Frankreich gegenüber dem Reich zutiefst darauf gerichtet war zu verhindern, dass die Öffnung nach Osten zu einer neuen Quelle der Bedrohung werden könnte.