Читать книгу WBG Deutsch-Französische Geschichte Bd. II - Jean-Marie Moeglin - Страница 16
Оглавление3.1. Die Zeit der Champagne-Messen (um 1200 bis um 1300)
Die Händler aus deutschen Städten auf den Messen der Champagne68
Die Beziehungen zwischen Köln und den Messen der Champagne sind alt. Es ist möglich, dass die Kölner schon seit dem 12. Jahrhundert, als in der Stadt am Rhein der Aufschwung einsetzte, die Champagne-Messen besucht haben69. Das erste ziemlich sichere Zeugnis einer Kölner Beteiligung stammt auf jeden Fall aus dem Jahr 1178: In einer Kölner Urkunde werden Geschäftsbeziehungen mit Verdun erwähnt, einer Stadt, die auf der Route in die Champagne lag.
Es war sicherlich nur eine begrenzte Anzahl Kölner, die in der Zeit der großen Blüte der Champagne-Messen hier Handel trieben. Jedoch hört man 1255 von einem Kölner Kaufmann, Wilhelm aus Köln, der sich in Provins niedergelassen hatte und einer der neun Repräsentanten des lokalen Tuchhandwerks gewesen zu sein scheint. Das heißt, dass Kölner an dem durch die Champagne-Messen ermöglichten Aufschwung des Tuchgewerkes beteiligt waren. Zur selben Zeit beklagte sich ein Kaufmann aus Paris bei den „Messewächtern“ über die Kölner Konkurrenz. Die Wächter verboten den Kölnern den Messebesuch und den Aufenthalt in der Champagne. Aber die Bedeutung der Messen für Köln bewegte im Oktober 1260 den Erzbischof Konrad von Hochstaden dazu, einen Bittbrief an Graf Theobald den Jungen zu schreiben: Er möge die Verbote aufheben und die Kölner mit dem früheren (!) Wohlwollen auf seinem Gebiet empfangen. Konrads Ersuchen scheint erhört worden zu sein und wieder sind dauerhafte Niederlassungen von Kölnern belegt.
Was die Aachener betrifft, ist ein spätes Zeugnis ihrer Messebeteiligung eine Garantie aus dem Jahr 1313: Die Messeverantwortlichen gewährten den Kaufleuten aus Aachen, die sich zu den Messen von Bar, Provins und Troyes aufmachten, Sicherheit und Freizügigkeit. Noch am 31. Juli 1349 bestätigte Kaiser Karl IV. den Aachenern, die Luxemburg durchquerten, ihre Zollfreiheit auf deutschem Gebiet und begünstigte damit ihren Zugang zu den Messen, die allerdings nur noch Schatten ihrer selbst waren. Im Falle von Mainz wissen wir, dass ein Coletus (Colot) aus Mainz vor 1276 ein Haus in Provins besaß und ein Arnulf aus Mainz dem Grafen der Champagne 1276 –1278 einen nicht unerheblichen Zins von 9 Pfund für ein Zimmer in Troyes zahlte.
Aus der Moselregion, genauer gesagt aus Trier, sind in Provins 1276 ein Henriez von Trier und 1294 ein Pietrement von Trier bezeugt. Ebenso ist 1294 in Provins ein Guarnier von Luxembourg nachgewiesen. Luxemburgisches Tuch begegnet 1296 in den Zolltarifen von Paris, und 1335 kaufte der Herzog von Burgund in Saint-Omer von diesem Luxemburger Tuch.
Metz war für die aus Deutschland stammenden Kaufleute eine Etappe auf dem Weg in die Champagne und nach Paris70. Wenn man nur die Dokumente aus der Champagne berücksichtigt, scheinen die Einwohner von Metz keine große Bedeutung auf den Messen gehabt zu haben; sie erschienen dort jedoch im Laufe des 13. Jahrhunderts und besuchten die Messen auch weiterhin, während die Kaufleute aus dem Reich sie schon wieder verließen. Johann von Joinville verschaffte sich vor seinem Aufbruch zum Kreuzzug 1246 Geld, indem er seine Güter an Bankiers aus Metz verpfändete. Es waren vielleicht die Gronnais, die mit ihm in Handelsbeziehung standen. Dieses Haus schaltete sich auf jeden Fall in die Regelung der Mitgift ein, die Theobald IV. von Champagne seiner Tochter Margarete mitgab, als diese Herzog Friedrich III. von Lothringen heiratete. In dem Lied „Hervis von Metz“ wird der Held, der nach dem Willen seines Vaters Kaufmann werden soll, nach Provins geschickt, um Tuch und Goldschmiedearbeiten zu erstehen. Es scheint also, dass die Händler von Metz vor allem Luxuswaren auf den Messen suchten, um sie anschließend an Kunden in Metz zu verkaufen. Man weiß nicht, was sie selbst dort im 13. Jahrhundert zum Verkauf anboten; der Dichter des „Hervis von Metz“ lässt seinen Helden jedenfalls Geld und nicht Handelsware mitnehmen. Die Beziehungen der Bewohner von Metz zu den Messen der Champagne sind dank einer ganzen Reihe von Protesten und Konflikten, in die Metzer involviert waren, besser bekannt für jene Zeit, in der die Messen bereits im Niedergang begriffen waren. 1294 ließen sich zwei Metzer Patrizier aus der Familie Louis, die so vom Konflikt zwischen Philipp dem Schönen und Adolf von Nassau profitierten, als Ausgleich für eine niemals zurückgezahlte Anleihe, die im Jahr 1221 Graf Theobald IV. und seiner Mutter Blanca von ihren Vorfahren gewährt worden war, einen gewissen Jean Soler ausliefern, einen Kaufmann aus Troyes. Die Angelegenheit provozierte einen langen Konflikt zwischen der Stadt Metz auf der einen Seite und den Wächtern der Messe und dem König von Frankreich auf der anderen; sie wurde erst im November 1297 durch die Vermittlung von Bischof Bouchard von Metz geregelt. Allerdings gab es auch im Laufe der folgenden Jahrzehnte noch Reibungen, in den Jahren 1302, 1319 und 1353.
Was Straßburg betrifft, bestimmte eine Anweisung aus dem Jahr 1229 angesichts eines Konflikts mit Saarburg in Lothringen, dass der Konflikt beigelegt werden sollte, indem eine Steuer auf von beiden Seiten mitgebrachte Güter in nundinis erhoben wurde. Man kann sich denken, dass es dabei um die Messen der Champagne ging.
Die Beziehungen von Freiburg im Breisgau zu den Champagne-Messen sind 1264 bezeugt, als in einer Quelle die meison de Friibor (das Freiburg-Haus) genannt wird, womit Freiburg im Breisgau gemeint sein dürfte.
Zwei Urkunden des Jahres 1289 beinhalten die Vorschriften des Rates von Konstanz für den Handel mit in Konstanz gefertigtem Leinen auf den Tuchmessen71. Es sieht so aus, als hätten die Händler aus Konstanz über je ein Haus in den vier Messestädten verfügt. Man kann annehmen, dass die Händler aus Konstanz, Lindau und Kempten, die Ende des 13. Jahrhunderts in Tirol Tuche aus den Niederlanden, vor allem aus Ypern, Gent und Poperingue, verkauften, diese in der Champagne erworben hatten. Auf die gleiche Weise kann man erklären, dass Tuche aus Paris, Valenciennes, Saint-Quentin, Châlons, Douai, Arras und Tournai in Tirol in Umlauf waren.
Die Städte im Inneren Deutschlands beteiligten sich ebenfalls am Handel mit der Champagne. In einem Zolltarif aus Speyer vom Anfang des 14. Jahrhunderts werden Fuhrwerke, Karren und Packtiere erwähnt, die sich zu den Messen der Champagne begeben und die offensichtlich zu einem guten Teil auf der Durchreise durch Speyer waren. Es fällt auf, dass der Zolltarif für die Fuhrwerke höher ist, die aus Frankreich zurückkehren, als für die, die sich dorthin begeben, zweifellos weil die Ladung an Tuchen für besonders wertvoll erachtet wurde. Frankfurt wird 1200, dann 1227, dann erneut 1304 in Metz als zollfrei bezeichnet, was sicherlich nicht nur für den Handel mit Metz, sondern auch mit der Champagne galt. Man kann dasselbe für Nürnberg annehmen, das 1227 ebenfalls in Metz von Zöllen befreit war und das sich 1304 dieses Privileg nach den Schwierigkeiten mit den Bewohnern von Metz ausdrücklich bestätigen ließ. 1250 wird von deutschen Händlern berichtet, die in der Nähe von Neufchâteau beraubt wurden, als sie sich zu den Champagne-Messen begaben. Sie verloren acht Goldmark, mehrere Tausend Eichhörnchenfelle, 100 Ellen deutscher Leinentuche und fünf graue Laken72. Möglicherweise handelte es sich um Händler aus Nürnberg. Die Wahrscheinlichkeit von Beziehungen zwischen Nürnberg und den Champagne-Messen wird noch durch die Tatsache unterstrichen, dass 1330 nicht nur für Metz, sondern auch für Verdun, Saint-Mihiel, Saint-Nicolas-du-Port und Neufchâteau Zollfreiheit vereinbart wurde, die sicherlich Transitorte für die Nürnberger Händler auf dem Weg in die Champagne waren. Für Würzburg gibt es einen sicheren Nachweis über die Beziehungen mit Frankreich, denn eine Urkunde aus dem Jahr 1246 erwähnt einen Bürger von Würzburg mit Namen Wolfmar, „der die Gewohnheit hatte, sich für seine Geschäfte nach Frankreich zu begeben“73. 1282 kennt der Zolltarif der Wertachbrücke in Augsburg Bürger dieser Stadt, die nicht nach Venedig, sondern tatsächlich nach Frankreich reisen74. Die Händler aus Regensburg waren ebenfalls anwesend75: Der Zolltarif von Abbach, flussaufwärts von Regensburg an der Donau, erwähnt um 1270 ausdrücklich Handelswaren, die nach Frankreich gehen, wie Pelze und Wachs, Kupfer und Blei. Die Händler, die hier vorbeikamen, waren sicherlich Händler aus Regensburg, denn diese Stadt dominierte wirtschaftlich den ganzen Donauraum und ihre Kaufleute waren sehr umtriebig. Die Händler aus Regensburg, aber auch aus München und Ulm scheinen somit Rohprodukte nach Frankreich transportiert zu haben, die sie selbst in Österreich-Ungarn, Böhmen und Polen besorgt hatten: Wachs, Häute und Pelze, Kupfer, Zinn und Blei und auch Gold. Sie kehrten mit Wolltuchen aus Tournai, Ypern und Gent zurück, die sie anderswohin wieder exportierten (Tuch aus Ypern ist 1290 in Laibach nachgewiesen).
Die Teilnahme der oberrheinischen Städte und der Schweiz an den Messen der Champagne ist ebenfalls nachgewiesen oder wahrscheinlich. Seit 1223 hört man von den Zollrechten, die der Bischof von Basel auf die aus Italien kommenden Produkte erhebt, die Basel passieren, um zu den Messen der Champagne zu gehen, oder auch auf die Produkte, die aus Francia kommen. Die Aktivität der Basler selbst ist erst ab 1276 nachgewiesen, wo in Bar-sur-Aube ein „Basler Haus“ erwähnt wird. Hinsichtlich der Städte der inneren Schweiz haben wir keine direkten Hinweise auf ihre Beziehungen zur Champagne; es könnte jedoch sein, dass die Tuche aus Ypern und Châlons, die in dem älteren Buch des Rates von Luzern vor 1310 erwähnt werden, und sogar die Tuche aus Châlons in der Champagne und Louviers in der Normandie, die noch im Zolltarif von Schaffhausen 1363 genannt werden, dank der Champagne-Messen in die Schweiz gekommen sind.
Schließlich waren die Hansestädte in Norddeutschland ein nicht zu vernachlässigender Akteur im Handel mit der Champagne. Die Kaufleute aus Lübeck und anderen Hansestädten im Norden siedelten sich im Laufe des 13. Jahrhunderts in Flandern an; von da an suchten sie auch die Champagne-Messen auf. 1290 schreibt ein Lübecker aus Brügge an den Rat seiner Stadt, dass er dabei sei, seine Reise nach Frankreich fortzusetzen76. Tuche aus Reims sind Teil der Beute eines 1292 begangenen Diebstahls an Hansekaufleuten, die zwischen Pleskow und Nowgorod verkehrten. Solche Tuche wurden nach Russland und selbst nach Schweden importiert, sind sie doch Teil eines 1340 erstellten Inventars von König Magnus Eriksson. 1294 erlaubt Philipp der Schöne den Kaufleuten aus Lübeck und Elbing, sich mit ihren deutschen Waren auf allen Wegen, die ihnen zusagen, zu den Messen der Champagne zu begeben. Für den Transport von flämischen Produkten mussten sie jedoch die Zollstation von Bapaume passieren, die den gesamten flämischen Handel nach Frankreich kanalisierte. Diese Privilegien wurden 1297 erneuert und erweitert. 1302 wurde ein Kaufmann aus Lübeck als Bürger von Troyes bestätigt; er hatte seine Stadt in einem Prozess vertreten. Bezüglich Magdeburgs wissen wir, dass die Stadt 1239 an römische Bankiers in der Champagne eine Anleihe von 350 Mark zurückzahlen musste. In Erfurt werden 1315 Weber als „Schaluner“ bezeichnet, zweifellos Handwerker, die gelernt hatten, Tuche in der Art von Châlons-sur-Marne herzustellen, und ein Hanseschiff, das solche Tuche transportierte, hatte 1287 vor Lynn Schiffbruch erlitten; sie sind ansonsten in diesen Jahren in Tirol, Luzern und Wien nachgewiesen77.