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Kapitel 8

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Es war schon beinahe 16 Uhr 30, als Callac endlich sein Motorboot löste, um sich auf den Weg zur Île de Keller zu machen. Die See war ruhig, als er den Hafen am Stiff verließ und Ouessant von der östlichen Seite umrundete, um die im Norden gelegene Insel zu erreichen. Er hatte inzwischen recht gute Kenntnisse über den Küstenverlauf der Insel gewonnen. Im Gegensatz zu den alten Fischern von Ouessant, die das Meer rund um die Insel bestens kannten, war er nicht so erfahren gewesen und hatte sich nur mühsam das Wissen angeeignet, das es brauchte, um gefahrlos an den zahlreichen Felsen und Untiefen vorbeizuschiffen.

Für die vielleicht sieben Kilometer, brauchte er etwas mehr als eine halbe Stunde. Von seinem Ankerplatz aus, legte er die verbleibenden Meter bis zum Strand mit seinem Beiboot zurück. Heute hatte er nicht so viel Material bei sich. Er wollte hauptsächlich seine neuen Bienenstöcke überprüfen und nach weiteren guten Standorten für die nächsten drei Stöcke suchen.

Das Haus der Besitzer lag auf einer kleinen Anhöhe. Rund um den Besitz hatte der damalige Schäfer, der seine Schafe auf der Insel frei herumlaufen ließ, eine Natursteinmauer gebaut. Didier folgte der Mauer, die in 150 Metern Abstand rings um das Haus verlief, und die den von den jetzigen Besitzern gewünschten Abstand zwischen seinen Bienenstöcken und dem Wohnhaus markierte. Strickt hielt er sich an die Abmachung, um die Besitzer nicht zu verärgern und damit ihre positive Entscheidung nicht zu gefährden.

Die Eigentümer weilten zurzeit nicht auf der Insel. Umso erstaunter war er, als er neben dem Haus Menschen sah. Wer war auf der Insel? Waren die Besitzer vielleicht doch zurückgekommen? Didier Callac näherte sich dem Haus um nachzusehen, wer die Leute waren. Sollte es der Eigentümer sein, würde er ihm einen guten Tag wünschen. Und wenn es Fremde waren?

Er blieb stehen und überlegte. Die Mauer bot ihm nur wenig Sichtschutz. Er duckte sich hinter die Mauer, verharrte ruhig und beobachtete, was rund um das Haus vorging. Es dauerte eine ganze Weile, bis er wieder jemanden ausmachen konnte. Jetzt erkannte er das Gewehr, das die Person über der Schulter trug. Bewaffnete auf der Insel? Es war eindeutig nicht die Gendarmerie, die hier um das Haus spazierte. Jetzt tauchte eine zweite Person auf, die zwei gut verschnürte Pakete trug. Was zum Teufel ging hier vor? Callacs Neugierde war geweckt. Er wollte näher an das Haus herankommen. Als die beiden Männer wieder aus seinem Blickfeld verschwunden, und jetzt vermutlich auf der Rückseite des Hauses waren, kletterte Callac über die Mauer und rannte über das weiche Gras auf das Haus zu. Er musste das Haus erreichen, bevor die beiden wieder auf die Vorderseite traten.

Er hatte gerade einen Mauervorsprung erreicht, als er Stimmen vernahm.

„Wie lange soll das Zeug hier liegen bleiben?“

„Höchsten bis übermorgen. Der Chef will es dann abtransportieren.“

„Bist du sicher, dass niemand auf die Insel kommt?“

„Absolut sicher, wer soll schon auf diese gottverdammte, menschenleere Insel kommen. Außer diesem einen Haus, das sicher auch in den kommenden Wochen noch leer steht, ist hier nichts.“

„Doch, ich habe zwei oder drei Bienenstöcke gesehen.“

„Jetzt meinst du, dass die uns bei der Gendarmerie verpfeifen?“

„Quatsch, aber wenn es Bienenstöcke gibt, dann gibt es auch einen Imker.“

„Der Chef hat gesagt, dass außer den Besitzern der Insel niemand hierherkommt. Ich glaube dem Boss. Der kennt sich aus.“

Didier Callac wagte einen Blick um den Mauervorsprung. Nur wenige Schritte neben seinem Standort hatten die Männer einen eisernen Deckel hochgehoben und erneut zwei Pakete in den darunter liegenden Hohlraum gelegt. Wieder verschwanden sie hinter das Haus, die Bodenöffnung wurde nicht geschlossen. Callac schlich sich hin und sah hinein. Der Raum darunter maß vielleicht zwei auf einen Meter und hatte eine Tiefe von höchstens 50 Zentimetern. Das Loch war mit Holzdielen verkleidet, und darin lagen acht Pakete. Alle in Ölpapier eingewickelt und mit Nylonfäden verschnürt. Schritte näherten sich wieder. Callac rannte die wenigen Meter bis zum Mauervorsprung zurück und versteckte sich wieder dahinter.

„So, das sind die letzten beiden Pakete gewesen. Lass uns verschwinden. Ich will nicht unbedingt noch einmal jemanden umlegen müssen.“

„Ich mach noch schnell zu.“

Didier sah, wie einer der Männer die Öffnung mit dem schweren Eisendeckel verschloss und die daneben liegenden Grassoden sorgfältig darüberlegte. Das Versteck war nicht mehr zu sehen. Dann holte er die alte Holzbank und stellte sie wieder über den kaschierten Deckel.

„So, sieht doch aus wie immer!“

Die beiden Männer verschwanden. Callac schlich ihnen nach. Wer waren die beiden? Was hatten sie hier versteckt?

Didier Callac blieb vorsichtig. Er blickte um die Hausecke und beobachtete die Männer auf ihrem Weg zum Wasser. Sie stiegen in ein kleines Ruderboot und ruderten damit zu einer Yacht, die vielleicht 150 Meter vom Ufer entfernt vor Anker lag. Didier Callac meinte, die Yacht zu erkennen. Lag sie nicht auch im Hafen von Lampaul?

Er drehte sich um und ging zurück zur Vorderseite des Hauses. Er wollte unbedingt wissen, was in den Paketen war. Die alte Holzbank war schnell zur Seite gestellt und die Grassoden wieder vom Deckel genommen. Er hob den Deckel hoch und entnahm dem Versteck ein Paket. Mit seinem Taschenmesser schnitt er die Nylonverschnürung auf und wickelte das Paket aus. Zehn kleine Plastiktüten mit einem weißen Inhalt lagen jetzt vor ihm. Er musste nicht lange raten, hierbei handelte es sich um Rauschgift. Vor ihm auf dem Boden lag Heroin. Er nahm einen Beutel an sich. Die restlichen Tüten wickelte er wieder in das Papier und legte sie, ohne sie erneut zu einem Paket zu verschnüren, zurück ins Bodenversteck. Er verschloss die Öffnung und legte die Grassoden wieder darüber, schob die Holzbank an ihren Platz und machte sich auf den Weg zu seinem Boot.

Schnee auf Ouessant

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