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Kapitel 5

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Alain Marechal wartete in seinem Haus auf die Dame von France 3. Das Fernsehen hatte um ein Interview gebeten, da der Sender einen Bericht über die Zucht und Nutzung von Algen bringen wollte. Ökologie und Umweltschutz waren in aller Munde, und da passte die Algenzucht sehr gut ins Bild. Dass der Unternehmer aus Paris dafür die Insel Ouessant ausgesucht hatte, gab dem Ganzen einen weiteren, angenehmen Nebeneffekt. Die Insel, die gerade noch vier Fischer besaß und ansonsten nur noch von den geringen Mengen Honig und vom Tourismus lebte, war arm an Arbeitsplätzen. Die Jugend der Insel ging eher aufs Festland, und so lief Ouessant Gefahr, eine Insel von alten Menschen zu werden. Jetzt kam dieser Unternehmer und wollte mindestens zwanzig Arbeitsplätze schaffen.

Als es an der Haustür klingelte, war es kurz nach zehn Uhr am Vormittag. Alain Marechal rechnete um diese Zeit mit dem Team von France 3. Schließlich mussten auch die Filmleute mit dem Schiff von Brest, oder Le Conquet, auf die Insel kommen, falls sie nicht mit dem Flugzeug anreisten. Alain öffnete die Tür und ließ das Team ins Haus.

„Bonjour, Monsieur Marechal, Denise Vallone, wir haben miteinander telefoniert.

„Treten Sie ein, Madame Vallone. Ich freue mich, dass Sie sich für mein Unternehmen interessieren.“

Alain Marechal zeigte sich von seiner besten Seite und führte das Fernsehteam in sein Wohnzimmer.

Vor drei Jahren hatte er zwei nebeneinander liegende, alte Granithäuser erworben, hatte die Häuser miteinander verbunden und sie vollständig renoviert. Marechal war jetzt stolzer Besitzer des größten Hauses auf Ouessant. Von außen ähnelten die Häuser den alten Fischerhäusern der Insel. Die Fenster waren mit großen Granitblöcken eingefasst, das Mauerwerk war unverputzt, um die Granitsteine zur Geltung zu bringen. An den Giebelseiten ragten die zwei typisch bretonischen Kamine in den Himmel, die Fensterläden waren blau angestrichen. Das ganze Areal war von einer geschichteten Steinmauer umgeben, die es mit den Stürmen, die in den Wintermonaten über Ouessant hereinbrachen, aufnehmen konnte. Die Steine waren über und über mit Moos und Flechten bedeckt und leuchteten in den verschiedensten Rot- und Brauntönen. Hinter dem Haus lag der für hier übliche kleine Schafstall, den Marechal aber inzwischen zu einem Backhaus umgebaut hatte. Mit viel Geschmack, war so ein Kleinod entstanden, das Zeugnis eines gewissen Wohlstands war.

Die Filmleute begannen mit ihren Vorbereitungen. Lampen und Reflektoren mussten aufgebaut und die Helligkeit in dem Raum gemessen werden. Es dauerte beinahe zwei Stunden, bis der Kameramann Denise Vallone das Zeichen zum Start gab. Umgehend begann Denise Vallone mit dem Interview. Monsieur Marechal hatte bereits ungeduldig darauf gewartet.

„Monsieur Marechal, Sie züchten hier auf der Insel Algen im großen Stil. Haben Sie mit der Zucht erst hier begonnen, oder haben Sie schon an anderen Orten Erfahrungen sammeln können? Was beabsichtigen Sie mit den Algen zu produzieren?“

„Madame Vallone, ich darf Sie etwas korrigieren, ich züchte die Algen natürlich nicht auf der Insel, sondern im Meer.“

„Entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise, das habe ich natürlich gemeint.“

„Nun, zu Ihrer ersten Frage. Ich habe in der Tat bereits Erfahrungen gesammelt. Meine erste Versuchsanlage habe ich in Audierne, genauer gesagt in Esquibien, in der Nähe der Anlegestelle der Fähre zur Île de Sein, sammeln können. Aber die Gegend ist nicht so ideal gewesen. Hier auf der Insel Ouessant bieten sich andere Möglichkeiten. Sehen Sie, Madame Vallone, Algen sind ganz hervorragend zur Lösung eines Großteiles der Probleme, die in der Zukunft auf die Menschen zukommen, geeignet. Zum einen produzieren wir hier Nahrungsergänzungsmittel, die ich an die Nahrungsmittelindustrie verkaufen kann, zum anderen können verschiedene Bestandteile der Algen von der Kosmetikindustrie gebraucht werden. Meine Zuchtanlage ist im Augenblick noch in der Anfangsphase. Ich taste mich langsam an die verschiedenen Möglichkeiten heran, die die Algen bieten. Vielleicht werden wir eines Tages sogar unseren Bedarf an Treibstoff durch Algen lösen können.“

„Treibstoff aus Algen? Das müssen Sie unseren Zuschauern näher erklären.“

„Das ist schnell erklärt, Madame Vallone. Sehen Sie, einige grüne Algensorten haben einen Ölgehalt von bis zu 70%. Damit übertreffen diese Algen um ein Vielfaches den Ölgehalt von Mais oder Raps. Wir wissen inzwischen, dass man daraus Biodiesel herstellen kann. Wir müssen allerdings noch nach neuen und effizienten Aufzuchtmethoden suchen, um die Produktion wirtschaftlich nutzen zu können.“

„Das hört sich spannend an, das alles findet in den Gewässern rund um Ouessant statt?“

„Nun, für eine so groß angelegte Aufzucht von Algen, bietet die Insel zu wenige Möglichkeiten. Es geht bei einer solchen Anwendung um die Frage der Lagermöglichkeit und um die Flächen für die Anlage von Extraktionsanlagen. Aber daran forschen kann man hier auf der Insel natürlich ausgezeichnet.“

Das Interview dauerte noch eine weitere Stunde. Sicherlich würde ein großer Teil des Gesagten wieder herausgeschnitten werden. Aber Monsieur Marechal konnte sich durch diesen Beitrag gut präsentieren.

Nachdem das Fernsehteam sein Haus wieder verlassen hatte, fuhr er mit seinem Auto in den neu geschaffenen Betrieb, nach Feunteun Vélen, ganze 600 Meter von seinem Haus in Godec entfernt. Dort, in einem zweistöckigen Gebäude, arbeiteten bereits zwölf Männer und Frauen an der Verarbeitung des Rohstoffs Alge.










Schnee auf Ouessant

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