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Kapitel 13

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Als sie am nächsten Morgen zum Frühstück in die Bar kamen, in der ein kleines Frühstücksbuffet angerichtet war, sah Ewen aus dem Fenster, und ihm fiel der Wetterumschwung auf, den er vor wenigen Minuten beim Blick aus seinem Zimmerfenster noch nicht bemerkt hatte. Ein rauer Wind wehte, schwarze Regenwolken und ein leichter Nebel hingen über den Dächern der Häuser.

Das Hotel war zwar nicht ausgebucht aber dennoch gut belegt. Acht Personen saßen an verschiedenen Tischen. Tanguy Kerlann hatte auf den kleinen Tisch beim Fenster das Schild Reserviert gestellt, so dass der Lieblingstisch von Paul und Ewen frei geblieben war. Sie nahmen ihre Tassen und holten sich Kaffee aus dem Automaten. Der Kaffee war heiß und schmeckte ausgezeichnet. Die Bedienung, vielleicht knapp über 20 Jahre alt, trat an ihren Tisch und brachte ihnen die Croissants, die nicht am Buffet lagen. Ewen genoss den heißen Kaffee, und auch Paul war froh über das heiße Getränk.

„Auf so einer Insel muss man früher durchaus erfinderisch gewesen sein“, meinte Ewen, als er seinen Kaffee trank. Heute können wir mit Strom heizen, aber vor 100 Jahren haben die Menschen auf der Insel auch Brennmaterial zum Heizen gebraucht, und Bäume hat es damals ebenso wenige gegeben wie heute. Bäume gibt es hier ja nicht. Kerlann hatte uns bei unserem Urlaub erzählt, dass die Frauen getrocknete Farne, Stechginster, getrocknete Kuhfladen und Algenwurzeln benutzt haben, um Feuer anzuzünden. Eine ganz schön harte Arbeit.“

„Bekommen die Insulaner den Strom heute per Unterwasserkabel vom Festland?“

„Da bin ich mir nicht sicher. Ich weiß aber, dass es ein kleines Kraftwerk auf der Insel gibt. Ich vermute, dass man es mit Öl oder Gas betreibt. Wir sind bei unserem Urlaub daran vorbeigekommen. Es liegt nur wenige 100 Meter vom Hotel entfernt.“

Die Unterhaltung der beiden Kommissare wurde jäh durch das Schrillen von Ewens Handys unterbrochen.

„Guten Morgen Dustin, was gibt es Neues zu so früher Stunde?“

„Ich glaube, ihr wollt so schnell wie möglich die ersten Ergebnisse von mir haben?“

„Und ob wir die haben wollen.“

„Also, fangen wir mit den Spuren auf der Leiche an. Die Hautpartikel und das Blut unter den Fingernägeln reichen für eine DNA-Analyse aus, sagt Yannick. Das Ergebnis werden wir morgen haben. Ich habe an den Sandkörnern kleine Mengen von Fäkalien gefunden. Daraufhin habe ich sie unserem Biologen gegeben. Der hat mich vor zehn Minuten angerufen und gemeint, er könne es zwar nicht mit absoluter Sicherheit sagen, aber er vermutet, dass es sich um Ausscheidungen von Austernfischern handelt. Ich habe mir den lateinischen Namen sogar gemerkt, Haematopus ostralegus. Das Interessante daran ist, dass der Vogel die kleine Insel, die Île de Keller, an der Nordseite von Ouessant bevölkert. Das könnte bedeuten, dass Callac oder seine Mörder auf der Insel gewesen sind. Allerdings, ein wenig muss ich eure eventuell aufkommende Freude dämpfen, der Vogel kommt auch vereinzelt auf Ouessant vor.“

„Egal, Dustin, das ist wenigstens ein erster Hinweis. Wir werden uns das Boot von Callac ansehen, dann wissen wir vielleicht mehr. Danach nehmen wir uns dann die Île de Keller vor.“ Ewen legte auf und berichtete Paul von den Neuigkeiten.

„Ewen, wir können doch überprüfen ob Callac auf seinem Boot auch dieses AIS-System installiert hat. Dann werden wir schnell feststellen, ob sich sein Boot dort aufgehalten hat.“

„Stimmt, damit würden die Befunde unseres Labors einen anderen Stellenwert erhalten.“

Sie beendeten ihr Frühstück und machten sich auf den Weg zur Gendarmerie. Dort konnten sie auf dem Computer die Positionen aus dem AIS-System ansehen. Vielleicht war das Boot von Callac dort verzeichnet.

„Bonjour Monsieur Leriche“, begrüßte Ewen den Kommandanten der Gendarmerie von Ouessant.

„Bonjour Messieurs les Commissaires“, begrüßte der die zwei Kommissare.

„Gibt es bereits neuere Erkenntnisse?“, fragte er Ewen.

„Durchaus, unser Labor ist der Meinung, dass Monsieur Callac oder sein Mörder auf der Île de Keller gewesen sein könnten. Sie haben Hinweise auf den Austernfischer gefunden, einem Vogel, der wohl auf der Île de Keller vorkommt.“

„Da kann ich nicht weiterhelfen, ich kenne mich mit Vögeln nicht aus.“

„Aber Monsieur Leriche, Sie kennen sich mit Ihrem Computer aus. Können Sie sich mit dem AIS-System verbinden und nachsehen, ob auf Callacs Boot ein solches System installiert gewesen ist?“

„Das ist kein Problem, wir können uns das gleich gemeinsam ansehen.“

Leriche ging auf die Website von Marine Traffic und steuerte Ouessant an. Er vergrößerte die Ansicht rund um den Port du Stiff und schon sahen sie, dass drei Boote im Hafen lagen, die an das AIS-System angeschlossen waren. Die Enez Eussa 3, die Fähre von Brest, lag am Pier, eine blaue Linie zeigte die Route an, die das Schiff genommen hatte. In kurzen Intervallen war ihre jeweilige Reisegeschwindigkeit, das Datum und die exakte Uhrzeit eingetragen. Leriche zeigte jetzt auf das Boot von Callac, das in einer Entfernung von ungefähr 100 Metern von der Fähre entfernt lag. Auch hier war die letzte Fahrt eingetragen. Sie folgten dem angezeigten Routenverlauf und verschoben den Kartenausschnitt auf dem Bildschirm. Dann hatten sie die Île de Keller erreicht. Dort war die kleine Yacht vor zwei Tagen verzeichnet. Die AIS-Daten ergaben auch, dass die Yacht um 18:37:11 Uhr die kleine Insel verlassen und um 19:03:15 Uhr wieder im Hafen von Ouessant angelegt hatte. Ewen war sichtlich zufrieden.

„Das passt doch exakt zu den Ergebnissen unseres Labors. Wir sollten uns die Insel ansehen.“

„Ewen, da müssen wir aber mit dem Boot hin. Der Hubschrauber ist in Quimper.“

„Gefällt mir natürlich weniger, bei dem Wind der da draußen bläst, ist die See ziemlich aufgewirbelt. Wir warten entweder ab, bis sich das Wetter wieder gebessert hat, oder wir rufen den Hubschrauber.“

Paul musste lachen, er kannte die Abneigung seines Freundes gegen Schifffahrten. Er musste aber auch zugeben, dass eine Fahrt mit einem Boot zur Île de Keller bei dem erwarteten Wellengang kein einfaches Unterfangen war. Sie benötigten auf jeden Fall jemanden, der sich rund um Ouessant bestens auskannte. Der Ruf von Ouessant, eine der gefährlichsten Regionen auf See zu sein, war legendär. Die Anzahl an Schiffskatastrophen, die es rund um die Insel in den vergangen Jahrhunderten gegeben hatte, sprach eine deutliche Sprache.

„Monsieur le commissaire, es gibt auf Ouessant eine ganze Reihe von Personen, die Sie bestimmt sicher auf die Insel bringen können. Sie müssen nur etwas seefest sein. Es schaukelt ganz schön rund um Ouessant, bei einem Wetter wie heute.“

„Ich glaube, es ist viel einfacher den Hubschrauber anzufordern, der kann in einer dreiviertel Stunde hier sein, und wir müssen nicht abwarten, bis sich das Wetter bessert.“






Schnee auf Ouessant

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