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Vier

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Auf dem Weg in den Hörsaal lief er wie ein kleiner Dackel neben mir her. Wenn er doch nur nicht so gut aussehen würde! Zu gut für mich.

„Ach, komm schon, irgendetwas musst du doch gerne machen“, forderte er mich heraus. Die Mädchen, die an uns vorbeigingen, sahen erst ihn, dann mich an. Mit ungläubigem Gesicht zogen sie weiter. Wie eingebildet die doch waren, dachte ich mir im Stillen. „Ich sagte doch bereits, was ich gerne mache. Ich koche, ich backe, ich lese.“

„Sag, wie alt bist du eigentlich? Hundert? Das kann doch nicht ernsthaft dein Lebensinhalt sein. Und sonntags gehst du wahrscheinlich brav in die Kirche, oder?“

Ich rollte mit den Augen und blieb abrupt stehen. „Doch, ist es. Überraschung: Das ist mein Leben. Und du hast recht, eigentlich müsste ich Hundert sein“, zickte ich ihn an, was mir sofort wieder leidtat. Aber die Kommentare über meine Hobbys hingen mir mittlerweile zum Halse raus. Zum einen, weil ich mich ertappt fühlte, und zum anderen, weil es mich verletzte.

„Okay, aber es muss doch noch etwas anderes in deinem Leben geben“, bohrte Brad weiter und musterte mich dabei eindringlich. „Hörst du gerne Musik?“

Nachdenklich nickte ich. „Ja, Musik höre ich schon gerne.“

„Gut, darauf bauen wir auf. Und was hörst du so?“

Ich wollte gerade antworten, als ich einen Ruck hinter mir spürte und gegen Brads harte Brust geschubst wurde. Dabei fiel meine Brille auf den Fußboden.

„Oh mein Gott“, presste ich hervor und drückte mich sofort von ihm weg. Allerdings hatte er noch schützend seine Hände um meine Arme gelegt. Er war vermutlich genauso perplex wie ich gewesen. Brad ließ von mir ab und bückte sich eilig, um meine Brille aufzuheben, die durch den Fall wohl kaputtgegangen war. Verwirrt blickte ich nach links und erkannte verschwommen, dass mich eine Tussi angerempelt hatte, da ich vermutlich mal wieder im Weg stand.

„Verdammte Schlampe!“, schimpfte ich und hörte Brads empörtes Lachen.

„Wow, du kannst ja richtig aufbrausend sein. Solche bösen Wörter aus deinem Mund.“

„Tut mir leid. Aber manchmal ist man für die Zickenüberbevölkerung hier an der Uni einfach nur unsichtbar und das kann echt nerven. So ein blödes Miststück!“, fügte ich noch hinzu, als ich nach der Brille griff, die Brad mir hinhielt. Zu meinem Entsetzen stellte ich fest, dass die Gläser zersplittert waren. Ich musste, als sie mir runterfiel, noch einmal draufgetreten sein.

„Oh nein!“, wimmerte ich leise.

„Mist, das ist ärgerlich. Die ist hin“, stellte Brad fest, nachdem er sich die Brille genauer ansah.

„Scheint so.“ Seufzend schüttelte ich den Kopf. „Dann werde ich wohl mal zum Optiker eilen“, grinste ich wehmütig und wandte mich ab zum Gehen. Ohne meine Brille sah ich alles nur verschwommen, was mir nicht gerade einen eleganten Abgang bescherte und so tastete ich mich nur langsam voran.

„Warte!“, hörte ich ihn hinter mir mit einem Lachen in der Stimme. „Verdammt, so kann ich dich doch nicht auf die Menschen loslassen. Ich begleite dich dorthin.“

„Oh nein, lass mal besser. Es reicht, wenn einer von uns den Unterricht verpasst“, lehnte ich ab und sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Mir war die Situation schon peinlich genug, und vermutlich war mein Gesicht bereits komplett rot angelaufen.

Wieder lachte er. „Und du glaubst, dass mir das so wichtig ist? Oh Mann, du bist nicht nur ein Nerd, sondern auch naiv.“

„Herzlichen Dank“, entgegnete ich trotzig und wandte mich wieder ab.

„Tut mir leid. Ich reiße mich ab jetzt zusammen. Keine Nerd-Witze mehr. Versprochen.“

Ich sah mich kurz hilflos um und atmete schließlich tief durch. Ohne ihn würde ich vermutlich nicht einmal den Ausgang der Uni finden. „Okay, dann los. Aber keine Witze mehr über mich, hörst du?“ Ich zeigte drohend mit dem Finger an ihm vorbei.

Er hob die Hände und zeigte sowas wie einen Pfadfindergruß. „Ich schwöre!“

***

Wir erreichten endlich den Optiker, nachdem ich mich wie eine Blinde durch die Stadt gekämpft hatte. Brad hielt mich die ganze Zeit über am Arm. Als wir dann endlich den Laden betraten, ging ich schnurstracks auf eine Frau zu, die in Schwarzweiß gekleidet war, und räusperte mich. „Entschuldigen Sie, ich brauche Ihre Hilfe“, begann ich und lächelte freundlich. Ich streckte ihr meine kaputte Brille entgegen.

Verschwommen erkannte ich, dass sie sich zu mir drehte. „Wie bitte?“

„Na, also meine Brille, die …“

„Verzeihen Sie bitte“, griff Brad plötzlich ein und zog mich beiseite. „Sie kann ohne ihre Brille leider nichts sehen“, hörte ich ihn mit einem entschuldigenden Lachen sagen.

„Oh mein Gott“, flüsterte ich, als mir klar wurde, dass ich keine Verkäuferin angesprochen hatte, sondern eine wildfremde Frau und legte erschrocken meine Hand auf meine Stirn. „Ist das peinlich“, flüsterte ich aufgeregt.

„Kein Problem“, hörte ich sie in einem mitleidigen Ton sagen und spürte wieder Brads Hand auf meinem Arm. „Komm mit, und setz dich am besten hier hin. Dann kannst du keine armen Kunden belästigen“, flüsterte er und drückte mich sanft auf einen der Besucherstühle.

„Gib mir deine Brille“, sagte er dann und ich legte sie ihm nach dem dritten Versuch endlich in die offene Hand, die er mir hinhielt.

„Mein Pass mit meinen Werten ist in dem Etui“, erklärte ich und reichte ihm auch die blaue Hülle.

„Ich bin gleich wieder da. Und du bleibst am besten hier sitzen, okay?“

Ich nickte schüchtern, und hatte das Gefühl, als würde ich nur peinliche Momente mit Brad erleben. Erst der Eklat in der Vorlesung, dann der peinliche Schubser gegen ihn in der Uni und jetzt der Vorfall mit der fremden Frau. Ich sollte einfach brav hier sitzen bleiben und mich nicht vom Fleck rühren. Was Daph wohl dazu sagen würde? Wo sie wohl gerade war? War sie schon angekommen? Wie lange flog sie überhaupt? Sie würde die Hände über den Kopf schlagen und sich vermutlich darüber amüsieren, was mir ohne sie bereits am ersten Tag passiert war. Brad hätte mich hier nicht einfach so sitzen lassen dürfen, denn so wurde mir nur wieder bewusst, wie schwierig es anscheinend für mich war, ohne Daph klarzukommen. Kaum war sie außer Landes, schon heftete ich mich an einen mir eigentlich unbekannten Typen – oder heftete er sich an mich? –, verlor meine Brille und veranstaltete dazu noch beim Optiker ein Riesenaufstand. Ich konnte es kaum erwarten, ihr alles haarklein zu erzählen. Insgeheim war ich jedoch auch ein bisschen stolz auf mich. Immerhin verlief mein Leben nicht so, wie ich es mir vor der Reise von Daph ausgemalt hatte: Trist und einsam. Im Gegenteil, ich war nicht einsam, sondern in Begleitung –, was ich noch immer nicht wirklich fassen konnte – und erlebte verrückte Dinge. Himmel nochmal, wenn ich nach Hause komme, würde ich eine ganze Menge zum Nachdenken haben.

Verliebt in deinen Freund

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