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Acht

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„Und? Wie sehe ich aus?“, wollte ich wissen, nachdem ich aus der Umkleidekabine trat und eine enge Röhrenjeans und eine blauweiß-gestreifte Bluse trug. Ich konnte mich kaum daran erinnern, wann ich das letzte Mal Jeansstoff so eng um meine Beine gespürt habe.

„Genauso gut wie bei den letzten sechs Outfits. Kein Wunder, die meisten habe ich ja schließlich ausgesucht.“

Brad saß direkt vor mir und begutachtete mich von oben bis unten. Wir befanden uns mittlerweile zwei Stunden in diesem Laden. Brad brachte mir die unmöglichsten Klamotten. Röcke, die kürzer kaum sein konnten. Pullover, die meine Brüste so sehr quetschten, sodass man denken konnte, ich würde eine Korsage darunter tragen. Ich lehnte alles ab, was ich nur konnte, denn Brad hatte es wirklich übertrieben.

Ich hingegen suchte mir einen grauen, knielangen Rock heraus und einen Rollkragenpullover in Olivgrün. Der Kommentar, den ich dafür erntete, enthielt irgendwas mit Oma und Steinzeit. Ich hatte es nicht ganz verstanden, denn bei seinem ersten Blick verschwand ich direkt wieder in der Umkleidekabine. Irgendwann hatten wir uns dann auf einen sportlichen und nicht zu aufreizenden Stil geeinigt, der uns beiden gut gefiel. Wer auch immer diese Rechnung bezahlen würde, konnte bald Insolvenz anmelden. Aber die ganze Umgebung, dieser Laden und Brad brachten mich dazu, einfach mal nicht nachzudenken, was sein könnte. Ich ließ den Klamottenhaufen einfach wachsen und wachsen. Er wurde bunter und größer. Ebenso wie ich. Ich fühlte mich größer.

„Ich denke, ich habe dann alles“, lachte ich verlegen, nachdem ich sah, wie viel ich bereit war, zu kaufen.

„Wenn du das meinst.“ Brad sah sich fragend den Haufen an und kratzte sich am Hinterkopf. „Ich glaube, du hast recht“, gab er schließlich zu, und kleine Fältchen unter seinen Augen wurden sichtbar. Wahnsinn, wie gut er noch nach einer ewiglangen Shoppingsession aussah. Ich versuchte mittlerweile, so gut es ging, den Blick in den Spiegel zu vermeiden. Meine Haare standen zu Berge und überhaupt wirkte ich, als hätte ich Nächte durchgemacht. Tiefe Furchen unter den Augen waren das Ergebnis des stundenlangen Anprobierens. Wie schafften es diese kleinen Modepüppchen nur immer, so frisch auszusehen beim Shoppen?

Wir verließen gut gelaunt und mit einem Lächeln im Gesicht den Laden.

***

„Heute Abend gehen ein Kumpel und ich etwas trinken. Ich dachte mir, du hast vielleicht Lust, mitzukommen?“, fragte Brad nebenbei, als wir gerade in Richtung Bushaltestelle liefen. Ich dachte einen Moment lang über diese Option nach. Ich hätte einen Grund, meine neuen Sachen anzuziehen und könnte sehen, wie ich mit meinem neuen Look auf andere Leute wirkte. Zuhause würde ich ja doch nur alleine rumsitzen. In letzter Zeit hatten wir immerhin so viel miteinander unternommen, da sollte mir so ein Kneipenbesuch nicht mehr viel ausmachen.

„Klingt gut“, lächelte ich ihn an und musste mich zusammenreißen, nicht zu sehr zu zeigen, dass ich einfach nur glücklich war. Was neue Sachen nicht alles bei einem bewirken konnten.

„Sehr schön, dann sage ich Mitch Bescheid, dass wir uns mit ihm um acht treffen. Ich hole dich dann um halb ab. Mitch wird dir gefallen, er ist ein super Typ“, schwärmte er beinahe, und ich sah wieder dieses fröhliche Strahlen in seinen Augen. Wahnsinn, wie glücklich dieser Mensch in sämtlichen Lebenslagen aussehen konnte. Von ihm konnte ich mir mehr als nur eine Scheibe abschneiden.

„Ich freu mich. Der Tag hat Spaß gemacht, aber jetzt muss ich los. Bis dann!“ Brad drückte mich kurz ganz fest, grinste und verschwand winkend zwischen ein paar Menschen, die gerade die Straßenseite wechselten, um zur gegenüberliegenden Bushaltestelle zu gelangen. Als er schließlich die andere Seite erreichte, stellte er sich mir direkt gegenüber und grinste frech zu mir rüber. Dann wackelte er ein bisschen mit seinem Körper, als wüsste er nicht, was er sonst tun sollte, ließ mich aber die Zeit über nicht aus den Augen. Ich hingegen kommentierte das Ganze nur kopfschüttelnd.

Plötzlich blieb er starr stehen, lachte breit und zeigte mir kurz den Mittelfinger und kratzte sich dann, als wäre nichts gewesen, am Hinterkopf. Ich machte ein entsetztes Gesicht und streckte ihm die Zunge heraus. Er musste einfach immer einen draufsetzen. Und so steckte er sich Stöpsel in die Ohren, während er auf seinen Bus wartete und begann, zu der Musik etwas auffälliger hin und her zu wippen. Seine Bewegungen waren chaotisch und doch gleichzeitig aufreizend. Er wusste sich in Szene zu setzen und kannte seine Wirkung auf andere Menschen.

Ich grinste verlegen und sah von links nach rechts, ob uns auch keiner beobachtete. Ein paar Leute standen um mich herum und warteten ebenso auf ihren Bus, beachteten mich aber nicht weiter, da die meisten mit ihren Kindern, Smartphones oder Hunden beschäftigt waren. Dann nickte ich übertrieben mit meinem Kopf, als wäre ich so ein Möchtegern-Gangster-Rapper und verschränkte im Hip-Hop-Stil die Arme lässig vor der Brust. Ich musste völlig bescheuert ausgesehen haben.

Brad wiederum fackelte nicht lange und legte plötzlich die wildesten Tanzschritte hin. Lachend legte ich meinen Kopf in den Nacken und schloss die Augen, bis mir Tränen über die Wangen liefen. Die Leute um uns herum schienen uns jetzt bemerkt zu haben. Einige grinsten verdutzt, andere wiederum schüttelten einfach nur genervt den Kopf. Brad war einfach nichts zu peinlich. Noch immer lachte ich laut und begann mich ebenfalls dermaßen dämlich zu bewegen, dass ich mich vor Lachen nicht mehr halten konnte. Auch Brad fand es tierisch lustig und tanzte sogar, als sein Bus kam, hinein in die schwitzende Menschenmasse, ohne auch nur ein kleines bisschen Rücksicht auf seine Mitfahrer zu nehmen. Dann fuhr er davon.

Ich wurde erst dann wieder klar im Kopf und hüpfte eilig in den Bus, als dieser endlich kam. Brad brachte mich einfach dazu, Seiten an mir zu zeigen, die ich teilweise selbst nicht kannte und irgendwie war es das, was mich an unserer Freundschaft so reizte. Brad war einfach toll!

***

An diesem Abend war es schwieriger für mich, zu entscheiden, was ich anziehen sollte. Auf meinem ungemachten Bett lag das schwarze Shirt, was ich den einen Abend in der Kneipe getragen hatte. Etwas zerknirscht nahm ich es in beide Hände und streichelte mit meinen Daumen drüber. Vor ein paar Wochen entsprach es total meinem Look. Und heute? Heute schaute ich meine alten Sachen an und stellte mich plötzlich infrage.

„Pass bloß auf!“, flüsterte ich mir selbst zu. Dann zerknüllte ich das Shirt und warf es in die Ecke. Aus meinen Massen von Einkaufstüten griff ich nach einer blauweiß gestreiften Bluse, der neuen Röhrenjeans und den schwarzen Ballerina. Als ich die Sachen an meinem Körper spürte, fühlte es sich so unrealistisch an. Nach etwas, was einerseits verboten, aber andererseits so reizvoll war, dass man mehr davon wollte, auch wenn das schlechte Gewissen einen früher oder später übermannen würde.

Nach einem langen Blick in den Spiegel nickte ich mir zufrieden zu und griff anschließend nach meiner Handtasche. Von Make-up würde ich mich aber fernhalten, und auch meine langweiligen Haare gehörten irgendwie zu mir. Das durfte sich niemals ändern!

Brad würde jeden Moment kommen und mein Leben ganz und gar auf den Kopf stellen. Doch das wusste ich in diesem Moment noch nicht.

Verliebt in deinen Freund

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