Читать книгу Verliebt in meinen Freund - Jennifer Lillian - Страница 17
Elf
ОглавлениеGanz so, als wäre nie etwas gewesen, drückte Brad mich zur Begrüßung und zwinkerte mir verschmitzt zu, als niemand anderes es sah. Ich spürte, wie ich feuerrot anlief. „Alles klar?“, stellte er mir unsere typische Frage, um den Stand der Dinge abzufragen. Ich lächelte und nickte zustimmend. Puh, die erste Begegnung war schon mal geschafft und sie war nicht so schlimm, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Nachdem wir dann Mitch sein Geschenk überreicht hatten und er sich wirklich sehr darüber freute, bedankte er sich bei uns und wir stießen auf ihn an. Viele Leute hatte Mitch nicht eingeladen, da die Wohnung einfach nicht genug Platz hergab. So tummelten sich die üblichen Verdächtigen wie Thomas, Daph, Adrian, Maria, Tara und Brad hier. Ein bisschen später kamen noch drei weitere Freunde von Mitch, die ich aber nicht kannte, dazu. Er stellte sie als seine Kommilitonen aus der Uni vor und bot auch ihnen was zu trinken an. So nerdig Benjamin, Christopher und Gale aussahen, sie waren alle drei wirklich nett und lustig drauf. Benjamin und Gale trugen eine viel zu große Brille, während sich Christopher in eine Jeans gezwängt hatte, die ihm die eine oder andere Nummer zu klein war. Das Hemd, was er dazu trug, hatte er bis zum Hals zu geknöpft, und er versuchte sich zwischendurch immer wieder seine störrischen Locken zu richten. Es war entgegen meinen Erwartungen ein wirklich lustiger Abend. Brad und ich saßen nebeneinander gequetscht auf der Couch. Immer wieder streifte Brads Bein meines und ich spürte, dass es mir auf eine seltsame Art und Weise unangenehm war. Ich konnte die letzte Nacht nicht einfach so abschütteln, von daher trank ich lieber noch ein Glas Wein, um ein bisschen lockerer zu werden. Manchmal konnte das ja bekanntlich ganz gut helfen. Allerdings würde in dieser Situation vermutlich ein Glas kaum reichen, damit ich mich locker machen konnte.
„Ist wirklich alles gut bei dir?“, fragte Brad irgendwann leise neben mir. Ich nickte heftig und bemühte mich um ein sicheres Lächeln. „Es ist alles in Ordnung, Brad. Mach dir mal keinen Kopf.“ Ich schaute wieder zu Thomas, der gerade dabei war ein paar Spielregeln für das geplante Trinkspiel zu erklären. „Hoppla, seit wann bist du denn so gelassen?“
„Seitdem du mir gesagt hast, dass unsere gemeinsame Nacht ja schließlich nichts Besonderes war.“
„Gut aufgepasst“, antwortete er in einem spaßigen Ton und stieß mich leicht in die Seite. „Aber dennoch kannst du aufhören, den Atem anzuhalten, sobald ich dich anspreche. So locker wie du tust bist du nämlich nicht. Immerhin kenne ich dich inzwischen besser als du denkst.“ In Brads Stimme schwang so viel Überschwänglichkeit mit, dass es mir erneut den Atem verschlug. Verdammt, er hatte es also bemerkt. Ich versuchte mir ein Lächeln zu verkneifen und schaute konzentriert zu Thomas. „Du bist ein sehr guter Beobachter, aber hat dir schon mal jemand gesagt, dass das echt gruselig ist?“
Brad lachte leise neben mir. „Das sagst du mir ständig.“
Ich schaute mich verstohlen um. Keiner der anderen hatte etwas von unserer kleinen Unterredung mitbekommen. Daph schwebte schon wieder in anderen Sphären und tanzte mit meiner kleinen Schwester durch das Wohnzimmer. Ich lachte, als ich die beiden beobachtete und schaute zu Adrian. „Du musst unendlich stolz sein.“
Adrian verzog lächelnd die Mundwinkel und warf ebenfalls ein Blick auf Daph, die ihm sowas wie einen Kussmund entgegenwarf, während sie tanzte. Jetzt schaute er mich fragend an. „Ist das immer so, wenn sie angetrunken ist?“
„Als Trinken kann man das bei ihr ja nicht unbedingt bezeichnen. Sie nippt an ihrem Weinglas und wenige Momente später flippt sie aus.“ Gerade war Daph dabei, eine Pirouette wie eine Ballerina zu drehen. Allerdings kamen andere merkwürdige Bewegungen dabei heraus, als geplant.
„Du gewöhnst dich schon noch dran“, sagte ich aufmunternd zu Adrian. Vermutlich war er damit ein bisschen überfordert, aber das würde er noch lernen.
Das Trinkspiel hatte begonnen und irgendwie musste trotz einiger komplizierter Regeln jeder zu jeder Zeit trinken. Irgendwann spürte ich, wie sich um mich herum alles leicht zu drehen begann und ich goss mir ein Glas Wasser ein, was ich hastig herunterstürzte. Ein paar Minuten später kam Adrian mit Daph im Schlepptau an meinen Platz. „Ich nehme sie besser mal mit nach Hause“, sagte er, während Daph laut kicherte. Ihr Blick war schon glasig und ihre Nasenspitze leicht gerötet. Sie sah völlig zerstört aus, hatte aber noch immer Spaß dabei.
„Ist gut. Bei dir ist sie bestimmt besser aufgehoben, als alleine in ihrem Zimmer. Passt auf euch auf“, sagte ich zum Abschied und trank schnell wieder einen Schluck Wasser. Der Alkohol war auch mir inzwischen etwas zu Kopf gestiegen und die Heimreise war in greifbare Nähe gerückt. Mit wackeligen Beinen und einem beginnenden Schluckauf erhob ich mich. „So Freunde, ich verschwinde dann auch mal.“ Brad schoss neben mir ebenfalls in die Höhe und schaute mich skeptisch an. „Du willst doch jetzt nicht allen Ernstes alleine nach Hause gehen?“
Ich blinzelte ihn einige Male an und lächelte zaghaft. Vermutlich war mein Lächeln extrem schief. „Schon gut Brad. Ich bin ein großes Mädchen und finde alleine den Weg.“ Ich schlug mir eine Hand auf den Mund, um so zu verhindern, dass ich noch mehr hickste. Leicht wankend wandte ich mich von Brad ab, doch er hielt mich zaghaft am Arm fest. „Dass du ein großes Mädchen bist, das weiß ich, aber du bist heute auch ein heftig betrunkenes Mädchen und manchmal ein bisschen verpeilt. Außerdem ist es mitten in der Nacht. Ich werde dich nach Hause bringen“, sagte er fest entschlossen. Ich zog meine Stirn in Falten und wollte gerade etwas erwidern, doch es schien mir in diesem Moment sinnlos. Brad würde mich so oder so begleiten, egal, wie sehr ich mich wehrte. Wir verabschiedeten uns von den anderen und von Mitch, ehe wir den Heimweg antraten. Auf dem Weg stolperte ich einige Male und lachte ein wenig hysterisch, während Brad mich ermahnte, ein bisschen mehr auf mich zu achten. Gefühlte hundert Stunden später kamen wir an meinem Apartment an und blieben am Bürgersteig stehen. Die Luft hatte mir sehr gutgetan und den Alkohol ein wenig abflachen lassen. Auch wenn ich noch Schwierigkeiten hatte, still zu stehen, so wurde es in meinem Kopf ein bisschen klarer. „Danke fürs Bringen“, sagte ich, als ich mich gerade von ihm losmachen wollte.
„Kann ich dich so alleine lassen?“, fragte Brad und musterte mich skeptisch.
Ich nickte. „Klar, ich trinke noch ein Glas Wasser und setze mich vielleicht noch kurz vor den Fernseher, um ein bisschen runter zu fahren.“
„Hast du auch ein Glas für mich?“
„Sicher, komm mit rein“, antwortete ich und ging vor. Auf dem Weg zur Tür, kam mir jedoch ein komischer Gedanke. Bilder vom vergangenen Wochenende kamen mir in den Sinn und in mir zog sich alles zusammen. Schlagartig drehte ich mich um und zeigte drohend mit dem Finger auf ihn. „Brad, es wird aber nichts zwischen uns laufen!“
Erschrocken sah er mich durch seine wunderschönen Augen an. Ganz langsam zuckten seine Mundwinkel und er brach in schallendes Gelächter aus. Skeptisch beäugte ich ihn. „Was ist so lustig?“
Brad wischte sich kurz über die Augen. „Du denkst wirklich, dass ich in jeder Sekunde über dich herfallen würde, oder?“
Entsetzt schüttelte ich den Kopf. „Nein, nur … ich dachte … ach, ist ja auch egal! Willst du nun ein Glas Wasser oder nicht?“
Brad grinste mich an. „Sehr gerne, liebe Sally. Wenn es dir nichts ausmacht.“
„Und ob es mir was ausmacht“, gab ich murrend von mir und schloss die Tür auf. Ich schälte mich aus meinem Parka und ließ ihn achtlos auf den Boden sinken, bevor ich uns zwei Gläser Wasser holte. Brad ließ sich müde auf dem Sofa nieder und beobachtete mich. Genervt drückte ich ihm das Glas in die Hand und setzte mich etwas entfernt von ihm aufs Sofa.
„Himmel nochmal, Sall. Was bist du denn jetzt so? Scheinbar lässt dich das doch nicht so kalt, wie du vorhin getan hast, oder?“
„Es ist eben ein bisschen komisch“, gab ich schließlich zu und blickte verbissen auf mein Glas Wasser.
„Aha! Hab ich es doch gewusst.“ Brad lachte wieder.
Mit den Augen rollend trank ich einen Schluck. „Du wolltest eigentlich was genau hier?“, fragte ich genervt.
„Dich ausquetschen“, antwortete er.
„Hast du ja jetzt. Ich habe doch zugegeben, dass ich die ganze Sache ein bisschen befremdlich finde. Ich muss mich halt noch dran gewöhnen, dass es passiert ist. In ein paar Tagen habe ich es ohnehin schon wieder vergessen, okay?“
„Okay.“ Unschuldig schaute Brad sich um, als wolle er mir so zeigen, dass er mir kein Wort glaubte. Er rückte ein bisschen näher ran und legte mir seine Hand auf mein Bein. Unter seinem Griff spürte ich etwas, was ich auf keinen Fall spüren sollte. Ich versuchte das Gefühl, das sich in meinem Unterleib breitmachte, so gut es ging zu ignorieren. Du bist einfach nur betrunken!
„Sall, hör auf dich so verrückt zu machen. Immerhin haben wir nichts getan, was wir ohnehin nicht schon getan haben.“ Brad blickte nun ernster drein. Meine Haut unter seiner Hand begann zu kribbeln.
Ich sagte nichts, sondern schaute ihm ebenso tief in die Augen, wie er mir.
„Wir haben gesagt, dass es nicht mehr passieren wird“, setzte er hinzu.
„Haben wir.“ Meine Stimme war leise.
„Wir haben auch gesagt, dass wir es wieder vergessen werden“, erinnerte mich Brad weiter.
Ich nickte. „Haben wir.“
Ich hatte das Gefühl, als würde der Abstand zwischen Brad und mir immer geringer werden. Mir wurde heiß. Mein Körper begann zu kribbeln, dennoch konnte ich meinen Blick nicht von ihm lösen.
„Wir haben auch gesagt, dass wir es keinem erzählen.“
„Ja“, hauchte ich und konnte diesem Drang, ihn zu packen und ihm die Klamotten vom Leib zu reißen, kaum noch unterdrücken.
Brad schaute auf meine Lippen. Ich presste sie zusammen, um ihm deutlich zu machen, dass wir auf dem völlig falschen Weg waren. Aber irgendwie wollte ich einen Moment lang mich auf diesen Weg begeben. Nur einmal falsch abbiegen. Und sofort wieder umkehren.
„Wir haben auch gesagt, dass wir kein großes Ding draus machen wollen“, erklärte Brad weiter, als wolle er verharmlosen, was passiert war.
Und plötzlich überkam es mich.