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Kapitel 7 – 27 Jahre früher

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Gedankenverloren kaute Maggie an ihren Nägeln, während Abby vor dem Spiegel stand und Make-up auftrug.

„Erzähl schon, was ist los mit dir?“, wollte Abby wissen. Fragend blickte Maggie auf. „Was soll los sein?“

Abby hörte auf, ihre Wimpern zu tuschen, und wandte sich dem Häufchen Elend auf dem Bett zu. „Na, sieh dich doch mal an. Du sitzt da und bläst Trübsal, als hättest du eben erst erfahren, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt.“

Maggie seufzte und rang sich ein Lächeln ab. „Es geht mir gut. Es ist nur … ich habe mich sehr auf die Party heute Abend gefreut. Ich hatte mir vorgestellt, wie ich Arm in Arm mit Warren tanze und wir einfach Spaß haben.“

„Ach, wie romantisch“, feixte Abby und setzte sich Maggie gegenüber auf ihr eigenes Bett. Sie teilten sich ein kleines Zimmer, das lediglich Platz für zwei Einzelbetten, zwei Schreibtische und zwei kleine Kleiderschränke bot. Neben der Eingangstür hatten sie sich einen Frisiertisch aus einem klapprigen Holztisch hergerichtet, den überwiegend Abby in Beschlag nahm.

„Glaub mir, es wird noch viele Partys geben, bei denen du mit deinem Geliebten die Tanzfläche unsicher machen kannst. Aber heute Abend wirst du wohl mit mir vorliebnehmen müssen. Und wenn du unbedingt tanzen gehen willst, dann gehen wir eben tanzen.“

Maggie kaute an ihrer Unterlippe. „Schon gut. Ich freue mich auch, wenn wir uns einen Film ansehen.“ Sie dachte an Warrens Worte, die ihr verständlich gemacht hatten, dass sie sich nicht herumtreiben sollte.

„Und uns danach gegenseitig die Haare flechten? Komm schon, Mags! Es ist Freitagabend, und ich habe mich chic gemacht. Dasselbe werden wir übrigens gleich noch mit dir anstellen müssen“, fügte sie hinzu und musterte Maggie skeptisch. „Lass uns was erleben. Ich kenne ein paar gute Klubs hier in der Gegend. Wir können ein bisschen was trinken gehen, und du wirst sehen, der Abend geht ruckzuck vorbei und umso schneller kannst du deinem Göttergatten wieder in die Arme fallen. Was hältst du davon?“ Abby schaute sie mit einem geschminkten und einem ungeschminkten Auge an, was Maggie zum Lachen brachte. Sie hatte eigentlich nicht vorgehabt, in einen Klub zu gehen, zumal sie ein schlechtes Gewissen bekam, denn sie hatte Warren immerhin erzählt, dass sie sich nur einen Film anschauen würde. Aber sie konnte es ja bei einem Getränk belassen und früh wieder nach Hause gehen.

„Na gut“, gab sie schließlich nach. „Aber ich ziehe nicht so einen Fetzen an wie du.“ Maggie deutete mit einem Kopfnicken auf die Netzstumpfhose und den rot karierten Rock, der Abby gerade einmal bis zu den Oberschenkeln reichte.

„Süße, das würde dir auch gar nicht stehen“, neckte diese zurück und erhob sich schwungvoll vom Bett. „Für dich habe ich etwas anderes im Sinn.“

Warren saß auf der weißen Couch, einen Becher mit süßlich schmeckender Bowle in der Hand und langweilte sich zu Tode. Sein Vorsatz, es heute Abend krachen zu lassen, verflüchtigte sich beim Anblick auf die Leute um ihn herum immer mehr. Viele kannte er gar nicht, und er war sich nicht einmal sicher, ob sie auf dieselbe Uni gingen. Den Klamotten nach zu urteilen eher nicht. Das Haus, in dem sie feierten, war groß. Aber so wie er die Einrichtung einschätzte, hatte William maßlos übertrieben, wenn er erzählte, dass seine Eltern wohlhabend waren. Sein Vater war zwar bei der Bahn tätig und angeblich ein hohes Tier und seine Mutter arbeitete bei der Bank und war – laut Williams Aussage – Mitglied der Geschäftsleitung. Nachdem er jedoch das Haus betreten hatte, konnte er sich das kaum vorstellen. Die Musik war lahm, genauso wie die Gesellschaft um ihn herum. Einzig Harrison, der neben ihm auf der Couch saß und einen abschätzigen Blick durch die Menge schweifen ließ, sorgte dafür, dass Warren vor Langeweile nicht komplett verkümmerte.

„Es ist zum Kotzen langweilig“, moserte Harrison und trank seinen gefüllten Becher mit billiger Bowle in einem Zug leer. „Die Mädels sehen aus, als lebten sie im Kloster, und die meisten Typen hier kenne ich nicht mal. Tut mir leid, aber wenn du mich fragst, hat William maßlos übertrieben.“

„Du musst es ihm nachsehen“, begann Warren und schwenkte andächtig seinen Becher in der Hand, als befände sich teurer Scotch darin. „Er versucht dazuzugehören. Aber nächstes Mal sollte er uns die Party planen lassen.“

„Dann würden wir hier wenigstens nicht veröden. Was meinst du, sollen wir verschwinden?“

Warren dachte einen Moment nach, nickte einer jungen Frau zu, die ihm ein kokettes Lächeln schenkte, und wandte sich wieder an Harrison. „Wir geben William noch eine halbe Stunde. Dann haben die Leute gesehen, dass wir zu seinem Freundeskreis gehören, und fressen ihm aus der Hand. Das war doch der Grund, warum er diese Party überhaupt schmeißt. Ist dir noch nie aufgefallen, wie er sich bei allen Leuten einschleimt? Er und James sind sich da sehr ähnlich. Sieh dich mal um. Absolute Mittelklasse. Aber er hat sich Mühe gegeben, und das sollten wir ihm gönnen. Immerhin noch eine halbe Stunde, dann haben wir unser Soll erfüllt.“

„Und welchen Klub hast du dir vorgestellt?“ Maggie hatte sich den Kragen ihrer leichten Sommerjacke hochgeschlagen, da sich die warme Luft am späten Abend deutlich abgekühlt hatte. Irgendwie war es eine blöde Idee gewesen, nicht wie geplant ins Kino zu gehen, sondern sich von Abby überreden zu lassen, irgendeinen Klub zu suchen, wo sie ohnehin niemanden kennen würde. Außerdem drückten die Stöckelschuhe, die Abby ihr aufgeschwatzt hatte. Maggie staunte insgeheim noch immer über die große Schuhsammlung, die Abby in ihrem schmalen Kleiderschrank untergebracht hatte. Zudem fühlte sie sich unwohl in der engen Jeans, die sie sonst niemals angezogen hätte. Maggie war jemand, die sich mehr hinter ihren Klamotten versteckte, und bevorzugte weit geschnittene Blusen oder Pullover. Das schwarze Spaghettiträger-Top, das gerade so ihren Bauch bedeckte, fühlte sich falsch auf ihrem Körper an. Sie hoffte nur, dass der Abend nicht allzu lang werden würde.

„Die Straße runter gibt es ein paar Pubs und Klubs. Ich dachte, wir schauen da mal vorbei. Keine Sorge, es sind nicht solche abgeranzten Schuppen, wie du vielleicht glaubst“, antwortete Abby freudestrahlend und machte elegante Schritte mit ihren Pfennigabsätzen. Maggie wünschte sich, dass sie nicht so unsicher wäre und neben Abby nicht allzu sehr wie eine Witzfigur wirkte.

„Um ehrlich zu sein, kenne ich mich hier kaum aus. Schon gar nicht in Bezug auf das Nachtleben. Ich bin erst zu Beginn des Studiums hergezogen und nachts noch nicht viel rumgekommen“, musste Maggie gestehen. Bei näherem Umsehen wurde ihr bewusst, wie wenig sie sich tatsächlich auskannte. Überall reihten sich Bars und Restaurants aneinander. Immer wieder kamen ihr torkelnde junge Leute entgegen. Während manche Frauen mühsam versuchten, sich auf ihren hohen Absätzen auf den Beinen zu halten und dabei noch eine gute Figur zu machen, grölten junge Männer ihnen anerkennend hinterher. Es war eindeutig nicht Maggies Welt.

„Ich weiß“, kicherte Abby, „denn immerhin finde ich dich am Wochenende meistens brav in deinem Bett, wenn ich nachts nach Hause komme. Keine Sorge, ich bringe dich nicht in irgendwelche Rockerbuden. Hast du vergessen, wo wir studieren? Wir haben unsere eigenen Klubs. Zumindest könnte man das meinen, denn wo man hinsieht, findet man Studenten. Es ist so, als würdest du in eine Vorlesung gehen, nur dass nebenbei laute Musik gehört und Alkohol getrunken wird.“

Maggie lächelte beruhigt. Ein bisschen hatte sie Abby zugetraut, sich in sämtlichen Klubszenen auszukennen. Sie mochte ihre Mitbewohnerin gerne, aber in vielen Dingen unterschieden sich die beiden sehr. Maggie wunderte sich manchmal, dass sie überhaupt ein Wort miteinander wechselten.

„Und wenn es dir nicht gefällt, dann machen wir uns wieder auf den Heimweg, in Ordnung?“, hakte Abby nach und legte einen Arm um Maggie.

„In Ordnung“, antwortete sie erleichtert und beobachtete eine Gruppe von drei jungen Männern, die direkt auf die Mädchen zusteuerten. Maggie wollte gerade vorschlagen, die Straßenseite zu wechseln, da kreischte Abby vergnügt auf und fiel einem groß gewachsenen jungen Mann um den Hals. „Stuart!“

Maggie beobachtete, wie Abby diesen Stuart umarmte und dabei auf und ab hüpfte. „Ich glaub es ja nicht! Ich dachte, du machst ein Praktikum und bist gar nicht in der Stadt?“

Die anderen beiden Jungs warfen Abby und Maggie neugierige Blicke zu und sahen nicht so aus, als würden sie für ihr Taschengeld großartig etwas tun müssen. Gerade Stuart wirkte in seiner schicken Cordjacke so, als würde er auf den Weg in einen Country Club sein.

Nachdem Abby von ihm abgelassen hatte, zupfte Stuart sich sein Jackett zurecht. „Ich habe ein paar Tage frei und dachte mir, dass es nicht schaden könnte, alte Freunde zu treffen. Dass ich dich nun auch noch sehe, beweist mir, dass es die richtige Entscheidung war, hierherzukommen.“ Stuart wandte sich kurz zu seinen beiden Begleitern um. „Das sind George und Charles. Und mit wem haben wir das Vergnügen?“ Er zog seine Augenbrauen in die Höhe und warf Maggie einen fragenden Blick zu. Maggie straffte ihre Schultern und hoffte, dass sie nicht allzu unsicher in diesen verdammt wackeligen Schuhen wirkte und lächelte höflich.

„Oh, das ist Maggie“, kam Abby ihr zuvor. Stuart reichte ihr die Hand, und Maggie erwiderte den Gruß. „Freut mich“, sagte sie endlich, bevor die Jungs womöglich noch dachten, dass sie ihre Stimme verloren hatte.

„Maggie“, wiederholte Stuart ihren Namen und nickte höflich. „Nun, wenn die Damen nichts weiter vorhaben, dann würde ich mich freuen, wenn ihr uns begleitet.“

Am liebsten hätte Maggie den Kopf geschüttelt, doch Abby klatschte aufgeregt in die Hände. „Tolle Idee! Wo geht es denn hin?“

„Wir waren gerade auf den Weg ins Paradise. Wenn ihr uns also begleiten möchtet?“ Stuarts Augen wanderten zwischen den beiden Frauen hin und her. Maggie mochte diesen Stuart nicht, das konnte sie immerhin schon nach wenigen Augenblicken behaupten, denn die Art, wie er sprach und sich gab, hätte auch von einem fünfzig Jahre alten Geschäftsmann stammen können. Sie mochte solch überhebliche junge Männer nicht, die dachten, dass sie sich mit dem Geld ihrer Eltern alles kaufen konnten. Sie war froh, dass Warren da ganz anders tickte.

Abby riss ihre Augen erstaunt auf. „Ins Paradise? Meinst du, dass wir dort überhaupt reingelassen werden?“

„Das Paradise?“, hakte Maggie fragend nach, wobei sie versuchte, ihre Ahnungslosigkeit mit einem neugierigen Lächeln zu überspielen. Abby sah sie von der Seite an. „Da gehen nur die reichen und stadtbekannten Leute hin. Nobodys wie uns lassen die dort nicht rein.“

Na, dann haben wir da auch nichts zu suchen, hätte Maggie am liebsten gesagt, doch Stuart kam ihr zuvor. „Wenn ihr mit mir hingeht, dann habt ihr nichts zu befürchten.“ Er hielt Abby seinen Arm hin, in den sie sich begeistert einhakte. Sie nickte ihrer Mitbewohnerin euphorisch zu, während sich Maggie an Abbys Seite stellte und somit Stuart aus dem Weg ging. Mit ungutem Gefühl machte sie sich auf den Weg in eine ihr völlig fremde Welt.

Das Geheimnis um die Madfield Tochter

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