Читать книгу Das Geheimnis um die Madfield Tochter - Jennifer Lillian - Страница 13
Kapitel 8 – 27 Jahre früher
ОглавлениеDicke Rauchschwaden, dicht an dicht gedrängte Körper, muffiger Gestank und abgenutzte Möbel – so hatte sich Maggie zumindest die Klubs vorgestellt, in die Abby sie hatte schleppen wollen. Doch das genaue Gegenteil war der Fall. Schicke Sessel und Sitzgruppen, die so gemütlich aussahen, dass sie sich am liebsten mit einem guten Buch hineingekuschelt hätte, köstlich aussehende Drinks in bunten Farben und angenehme Musik, die nicht zu sehr nach wilder Party schrie. Die Leute unterhielten sich, ein paar tanzten auf der ausladend großen Tanzfläche und einige saßen auf Hockern an der Bar. Es war also alles halb so schlimm, dachte Maggie, als sie sich ihrer Jacke entledigt und sich neben Abby gesetzt hatte. Einzig Stuart konnte sie überhaupt nichts abgewinnen. Seine beiden Freunde hingegen - wie hießen sie noch gleich? – waren ganz nett. Allmählich entspannte sich Maggie, lachte über die Witze, die gemacht wurden, und bestellte sich einen der köstlich aussehenden Cocktails, den sie niemals selbst hätte bezahlen können, hätte Stuart sie nicht eingeladen. So fühlte es sich also an, wenn man sich um Geld keine Gedanken machen musste. Sie hatte als kleines Mädchen alles gehabt, was sie brauchte. Als Einzelkind war sie ein bisschen verwöhnt worden. Ihre Eltern hatten als Lehrer gut verdient, doch nach einem Autounfall waren die beiden gestorben - da war Maggie gerade ein Teenager und fortan auf sich allein gestellt. Ihre Eltern hinterließen ihr eine kleine Summe Geld, aber Maggie wusste, dass sie sparsam sein musste und hielt sich mit Nebenjobs über Wasser. Sie arbeitete hart für ein Stipendium und bekam schließlich einen Studienplatz an der renommierten Robertson University. Dass sie aber in einem Nobelklub Cocktails trinken würde, hätte sie niemals gedacht.
„Kaum zu glauben, dass wir tatsächlich im Paradise sind.“ Abby grinste Maggie von der Seite an. „Kannst du dir vorstellen, wie lange ich mir das schon gewünscht habe? Feiern mit Stil. Kein Gedränge, keine langen Warteschlangen an der Bar. Schau dir doch mal die Drinks an.“ Sie deutete mit ihrem lackierten Fingernagel auf ihr bunt schimmerndes Getränk.
„Woher kennt ihr euch eigentlich?“, wollte Maggie wissen und trank einen großen Schluck von ihrem süßen Cocktail. Abby lächelte etwas verlegen, und Maggie fiel auf, dass sie, immer wenn sie Stuart ansah, eine leicht rötliche Gesichtsfarbe bekam. Maggie unterdrückte ein Schmunzeln.
„Wir haben uns beim Jubiläumskomitee kennengelernt. Ich bin buchstäblich in Stuart reingerannt“, lachte sie.
„Buchstäblich trifft es gut“, mischte sich Stuart ein und lachte, während er seine aalglatten Haare beiseite strich. „Abby klebte förmlich mit ihrem Blick auf dem Fußboden und hat mich nicht kommen sehen. Da ich einen Pappmaschee-Nachbau der Robertson University in den Händen hielt und nur eingeschränkte Sicht hatte, wollte ich im letzten Moment ausweichen, doch Abby hat mich komplett erwischt.“
„Na ja“, tat Abby das Ganze mit einer Handbewegung ab, „ich habe mich tausendmal entschuldigt, und irgendwie kamen wir ins Gespräch. Seitdem sind wir ein paarmal ausgegangen, aber ins Paradise hat Stuart mich noch nie mitgenommen.“ Sie lächelte verträumt. Maggie machte sich im Geiste eine Notiz, Abby unbedingt noch ein paar Fragen zu dem Thema zu stellen, denn sie glaubte, dass es da noch mehr zwischen ihnen gab.
„Es gibt für alles ein erstes Mal, nicht?“ Stuart zwinkerte Abby süffisant zu, während diese mit erröteten Wangen nach ihrem Glas angelte und einen großen Schluck trank.
Die Zeit verging wie im Flug, und Maggie fühlte sich inzwischen ziemlich wohl. Entgegen ihren Erwartungen hatte sie sogar über ein paar Witze von Stuart lachen können. Sie beschloss, ihm eine zweite Chance zu geben und über seine schmierige Art hinwegzusehen. Inzwischen hatte sie die Hälfte ihres zweiten Cocktails geleert und nahm sich vor, in der nächsten Runde auf ein Wasser zurückzugreifen, als sie eine vertraute Stimme hinter sich hörte. „Maggie?“
Als sie sich umdrehte, blickte sie in ein Paar dunkle Augen, die sie verwundert musterten. „Warren!“, rief sie erfreut und drängte sich aus der Sitznische heraus. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals, was Warren nur halbherzig erwiderte. Er konnte seinen Blick nicht von Stuart und den anderen beiden Männern losreißen.
„Wie schön, dass du auch hier bist“, rief Maggie laut und bemerkte gar nicht, dass Warren weniger Begeisterung aufbringen konnte als sie. „Du und Abby, ihr kennt euch schon, oder? Meine Mitbewohnerin, von der ich dir erzählt habe …“
„… mit der du heute Abend ins Kino gehen wolltest“, unterbrach Warren sie scharf.
„Wir haben uns dann doch für ein Getränk und ein bisschen Musik entschieden“, wandte sie hastig ein. Dann deutete sie auf die anderen, die am Tisch saßen, und Warren mit zusammengekniffenen Augen beobachteten.
„Das sind übrigens Charles, George und …“
„Stuart“, fiel Warren seiner Freundin erneut ins Wort. „Wir kennen uns.“
„Flüchtig“, warf Stuart mit einem höflichen Lächeln ein. „Vom Planungskomitee.“
Maggie spürte die Spannung, die zwischen ihnen in der Luft lag, und legte sanft ihre Hände auf Warrens Brust. „Wie kommt es, dass ihr hier seid?“, fragte sie, nachdem sie Harrison hinter Warren erblickte.
„Die Party war vorbei, und dann wollten wir hier noch einen Absacker zu uns nehmen“, log Warren und ärgerte sich, dass ihm alles und jeder an diesem Abend im Weg stand. Aber noch mehr ärgerte er sich über die Tatsache, dass Maggie hier mit diesem Schnösel Stuart saß und fröhlich Cocktails schlürfte – und das auch noch in diesem Aufzug! Gott sei Dank hatte er sich dafür entschieden herzukommen, sonst hätte er noch immer geglaubt, dass seine Freundin sich einen Film im Kino anschaute. Den ausgelassenen Partyabend, den er mit Harrison ins Paradise verlegen wollte, konnte er nun abhaken. „Aber ich denke, wir gehen jetzt nach Hause“, fügte er gereizt hinzu. Fragend sah ihn Maggie an. „Ist alles in Ordnung? Ihr könnt euch gerne zu uns setzen, und wir … “
„Nein. Wir gehen. Jetzt!“ Entschieden griff Warren nach Maggies Hand. Sie warf einen flüchtigen Blick in die Runde und merkte, dass alle die Szene interessiert beobachteten, als wollten sie nichts verpassen. Außer Abby. Sie knetete nervös ihre Finger und fühlte sich insgeheim schuldig, dass sie Maggie mehr oder weniger hierhergeschleppt hatte, die nun offensichtlich Ärger mit ihrem Freund hatte. „Ich kann Maggie nach Hause bringen“, schlug sie vor und erhob sich. Doch Warren winkte ab und fixierte sie mit seinem durchdringenden Blick. „Nein, vielen Dank. Ich bringe sie selbst nach Hause. Wer weiß, wo Maggie heute Nacht sonst noch landet.“
„Warren“, schaltete sich Maggie ein, wobei sie spürte, wie ihre Wangen ganz heiß wurden. Doch nachdem er sie mit einem finsteren Blick bedachte, verstummte sie. Sie griff nach ihrer Jacke und Handtasche, die Abby ihr mit einem mitfühlenden Lächeln reichte.
„Tut mir leid“, formte Abby lautlos mit ihrem Mund, und Maggie nickte ihr zu. Dann legte Warren ihr eine Hand auf den Rücken und drückte sie entschieden in Richtung Ausgang. Auf dem Bürgersteig angekommen, schnappte Maggie nach Luft, bevor sie sich zu Warren umdrehte.
„Was bitte sollte das eben?“, fragte sie scharf, während sie spürte, wie eine unbekannte Wut in ihr hochstieg. Gerade hatte sie sich noch wunderbar amüsiert, und nun hatte Warren sie vor den anderen komplett blamiert.
„Was das sollte?“, herrschte Warren seine Freundin an und packte sie am Ellbogen, um sie von den anderen Leuten auf dem Bürgersteig wegzuzerren, die sie neugierig beäugten. Sie gingen ein paar Schritte und verschwanden in einer Seitenstraße. Dabei versuchte Maggie, nicht zu stolpern.
„Du tust mir weh!“, rief sie und machte sich unsanft von Warren los.
„Wie kommt es, dass ich dich mitten in der Nacht in diesem Klub finde, wo du doch eigentlich nur ins Kino gehen wolltest?“ Warren bäumte sich vor seiner Freundin auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Maggie war überrascht von Warrens aufbrausender Art, denn so hatte sie ihn noch nie erlebt.
„Ich habe es dir doch schon gesagt“, antwortete sie etwas ruhiger und hoffte, Warren so beschwichtigen zu können. „Wir haben uns spontan umentschieden, und Stuart und seine beiden Freunde haben wir auf dem Weg getroffen. Er hat uns eingeladen mitzukommen. Es war keine große Sache.“
„Keine große Sache? Du kanntest Stuart nicht einmal und bist einfach mit ihm mitgegangen, während ich denke, dass du schon längst wieder in deinem Wohnheim im Bett liegst. Außerdem riechst du nach Alkohol!“ Warren wurde mit jedem Wort lauter und musste um Fassung ringen, damit niemand ihn hören konnte.
„Und du hast mir gesagt, dass du auf Williams Party bist. Da kann ich dich doch genauso gut fragen, was du hier machst. Außerdem hat jeder heute Alkohol getrunken, und ich hatte nicht einmal viel. Es war nur ein Cocktail“, log Maggie und verschränkte die Arme trotzig vor der Brust.
„Verstehst du nicht? Du bist eine junge Frau, und dir hätte etwas passieren können. Kaum lasse ich dich aus den Augen, gerätst du an einen Schmierlappen wie Stuart! Dem Himmel sei Dank habe ich dich gefunden.“
„Du übertreibst maßlos!“, rief Maggie aufgebracht. „Stuart ist ganz in Ordnung, und außerdem ist er ein guter Freund von Abby.“
„Abby“, schnaubte Warren. „Ich wette, sie hat dich dazu überredet, um die Häuser zu ziehen. Und dann in diesem Aufzug. Wie läufst du eigentlich rum?“
Maggie blickte an sich herab. Zugegeben, sie sah völlig anders aus als sonst, aber es war immerhin Freitagabend. Inzwischen fiel ihr das Laufen auf den hohen Schuhen gar nicht mehr so schwer.
„Abby hat gar nichts damit zu tun“, nahm sie ihre Mitbewohnerin in Schutz und log somit ein weiteres Mal.
„Es ist mir egal, wessen Idee es war. Ich bringe dich jetzt nach Hause, und in Zukunft dulde ich solche Alleingänge nicht mehr!“ Warren deutete mit dem Finger auf Maggie, die gar nicht verstehen konnte, wie das Gespräch mit ihm so eskalieren konnte. Dann packte er sie grob am Arm und zog sie mit sich.