Читать книгу Verliebt in seinen Freund - Jennifer Lillian - Страница 14
Acht
Оглавление„Kommst du endlich?“, rief mir Daph entgegen, die schon ihre Habseligkeiten von den Jungs in den Bus hatte hieven lassen. Dass wir allerdings noch allerhand Gepäck hatten, das wir mitnehmen mussten, bedachte Daph trotz langer und ausführlicher Planung scheinbar nicht.
„Ich wäre ja schneller, wenn du nicht alles drinnen stehen lassen würdest“, sagte ich und wuchtete meine Reisetasche und einen schweren Beutel mit Küchenutensilien die drei Stufen vor unserer Wohnung hinunter.
Brad eilte mir mit einem Grinsen entgegen, als er meinen roten Kopf bemerkte. „Hey Schatz“, begrüßte er mich und nahm mir den Beutel ab. „Gib mir noch deine Tasche, dann kannst du den Rest holen und ich verfrachte das alles schon einmal in den Bus.“
Ich schielte zu Daph, die gerade mit freudigem Gesicht Adrian begrüßte. Er trug einen Reiserucksack auf seinem Rücken, was ihm nichts auszumachen schien. Er wohnte nicht allzu weit weg, aber hatte darauf bestanden, zu Fuß zu uns zu kommen, auch als wir ihm angeboten hatten, ihn und sein Gepäck abzuholen. Mit Sicherheit wollte er uns nicht zur Last fallen. Adrian kam mir bisher sehr bescheiden vor.
Während meine beste Freundin unseren neuen Freund in der Runde begrüßte, holte ich die restlichen Sachen und verschloss die Tür sorgsam hinter mir, ehe ich mich endlich zu den anderen gesellen konnte. „Sind wir vollzählig?“, fragte ich und versuchte mir einen Überblick über die Leute zu verschaffen.
„Wir holen noch deine Schwester und Tara ab“, erklärte Brad.
Adrian, Daph, Brad, Maria, Tara und ich würden den Bus nehmen, während Mitch, Thomas und Alex bereits in Thomas‘ Auto losgefahren waren. Wir würden uns dann am Haus treffen. Dafür waren sie für den ersten Einkauf verantwortlich, sodass wir vermutlich zeitgleich eintreffen würden. Bei dem Gedanken daran, Alex in wenigen Stunden zu begegnen, wurde mir doch etwas mulmig.
Maria und ich hatten uns im Bus in die letzte Reihe gesetzt. Vor uns saßen Tara, Daph und Adrian. Ich beobachtete meine Freundin, die Adrian tatsächlich anflirtete.
„Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal Urlaub gemacht habe“, sagte sie und seufzte theatralisch.
„Du warst doch erst für ein halbes Jahr in Deutschland“, rief ich ihr in Erinnerung und grinste frech.
Daph wandte sich zu mir um und funkelte mich an. „Das war mein Auslandssemester, das war harte Arbeit.“
„Und die ausgiebigen Sightseeing-Touren und die Shoppingsessions?“, hakte ich nach und zog die Augenbrauen hoch.
„Ein bisschen Ablenkung darf man sich ja wohl noch erlauben“, wehrte sie sich und drehte sich wieder nach vorne. Maria grinste mich an und zeigte mir den Daumen nach oben. Daphne Bearson war heftig am Flirten. Und das ausgerechnet mit dem Typen, den sie noch vor wenigen Tagen als Langweiler beschrieben hatte.
„Ich kann mich auch nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal auf Reisen war“, pflichtete Adrian ihr schließlich bei. „Mein Dad ist schon lange krank und irgendwie war es uns nicht möglich, hier mal wegzukommen.“
Ich presste die Lippen aufeinander. Ob er wusste, dass Daph mir die Dinge über seine Familie erzählt hatte?
„Das tut mir sehr leid“, sagte sie mitfühlend und fasste ihn vorsichtig an der Schulter. Das war ja nicht zu fassen! Maria und ich verkniffen uns ein Lachen.
„Es ist schon okay“, antwortete Adrian leise und lächelte sie von der Seite an. Ich beobachtete das Geschehen und war gespannt, was die nächsten Tage wohl bringen würden.
„Wenn ich so darüber nachdenke, dann liegt mein Urlaub auch schon eine ganze Weile zurück“, gab meine Schwester traurig von sich und schaute mich wehmütig von der Seite an. Ich versuchte das so gut es ging zu überspielen, denn ich erinnerte mich nicht gerade gerne daran, dass ich eine gewisse Mitschuld an der schweren Zeit trug. Ich lächelte ihr ermutigend zu. „Dann ist das doch ein super Start für eine bessere Zeit.“
„Das ist es. Ich hoffe nur, dass das Wetter auch mitspielt. Ich will so viel Sonne tanken, wie es im Frühling nur möglich ist.“
„Es wird bestimmt alles gut werden.“ Ich war optimistisch, was den Urlaub anging. Auch die Wetter-App hatte nur Gutes vorausgesagt.
„Ich freue mich auf eine ausgiebige Wanderung“, klinkte sich Adrian schließlich ins Gespräch mit ein.
„Oh, ich liebe Wandern.“ Daph kicherte. Selbst Tara, die direkt vor mir saß und mit dem Rücken an der Tür lehnte, schaute überrascht zu ihr und dann kurz zu mir. Ich zuckte nur mit den Achseln und schüttelte den Kopf.
„Du hasst Wandern“, fiel ich ihr jedoch ins Wort.
Wieder drehte sie sich um. „Nein, Sally“, meinte sie schließlich und betonte dabei meinen Namen. „Ich liebe Wandern.“
Ich meinte einen Ausdruck in ihren Augen zu sehen, der mich anflehte, ihr zu helfen. Sie gut vor Adrian dastehen zu lassen. Aber so ganz wollte ich mich darauf nicht einlassen. Daph brauchte sich nicht ins rechte Licht rücken zu lassen. Sie war auch so ein guter Mensch, auch wenn sie nicht unbedingt gerne wanderte. Ich wollte das Ganze nicht so leichtsinnig unterstützen.
„Und seit wann?“, fragte ich daher und verschränkte herausfordernd die Arme vor der Brust.
„Schon immer. Ich habe es nur nie so raushängen lassen.“ Sie wandte sich wieder Adrian zu und lächelte ihn schüchtern an. Ich war mir sicher, dass er genau wusste, dass Daph nicht der Typ war, der gerne lange Wanderungen unternahm.
***
Ich hatte es Daph den Weg über nicht leichtgemacht, aber das hatte sie auch meiner Meinung nach verdient. Immerhin spielte sie hier eine Heilige vor Adrian und das war sie nun mal nicht. Der Ärmste würde noch dumm aus der Wäsche gucken, wenn er Daphne erst mal betrunken erlebte. Ich schmunzelte bei dem Gedanken in mich rein. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr sah ich Parallelen zu mir, da ich die gleiche Masche damals bei Brad angewandt und mich ebenfalls als jemand ausgegeben hatte, der ich gar nicht war. Vielleicht wollte ich Adrian nur vor einer Enttäuschung bewahren. Immerhin wusste ich, wie viel Ärger aus solchen Aktionen resultieren konnte.
Eine Fahrstunde später kamen wir unserem Ziel endlich näher. Wir fuhren einen schmalen Waldweg entlang und folgten den Schildern, die auf das Haus Wood Lodge hinwiesen. Mein Herz schlug immer schneller, denn ich freute mich so sehr auf die kommenden zehn Tage.
„Sieht so aus, als ob wir gleich da wären“, rief Brad von vorne. Maria und ich strahlten um die Wette. Unser erster Urlaub alleine unter Schwestern und ohne unsere Eltern. Und mein erster Urlaub mit meinen engsten Freunden und meinem Freund.
Nachdem wir den dichten Wald hinter uns gelassen hatten, konnte ich bereits das Haus in der Ferne erkennen. Schon von Weitem sah es besser aus als auf dem Flyer. Wir fuhren noch ein kleines Stück, und ich sah ein parkendes Auto nicht weit vom Haus. Das mussten dann die anderen sein. Mein Herz setzte kurz aus bei dem Gedanken, dass Alex schon hier war. Schließlich hielt unser Bus und wir sprangen aufgeregt raus. Mein Mund flappte auf, als ich den Anblick des Hauses einen Moment auf mich wirken ließ. Es war auf einem Hügel gebaut, sodass man eine lange Holztreppe hinaufgehen musste. Vor dem Hügel befand sich eine kleine Sandfläche, wo man noch die Reste eines Lagerfeuers erkennen konnte. Direkt daneben lag der See, der schon in der Broschüre als atemberaubend bezeichnet worden war. Und das war ganz sicher nicht übertrieben. Der See war gar nicht allzu groß. Vielleicht so groß wie zwei oder drei Fußballfelder. Rundherum befand sich dichter Wald. Ich schloss die Augen und atmete tief ein und wieder aus. In der Luft befanden sich so viele verschiedene Düfte. Der unverwechselbare Duft von Wald, Moos und Tannen. Der Duft des Sees und der ganzen Natur um uns herum. Es war einfach unglaublich schön.
Hinter mir hörte ich wildes Stimmengemurmel und schnell konzentrierte ich mich darauf, den anderen zu helfen, die Sachen aus dem Bus zu holen. Die Eindrücke würde ich später noch in Ruhe auf mich wirken lassen. Ich schnallte mir meine Tasche auf den Rücken und blickte zum Haus hinauf. Es kam mir riesig vor.
„Wahnsinn, oder?“, sagte Daph neben mir, die ebenfalls das Holzhaus betrachtete.
„Und ob. Wenn man so davorsteht, dann wirkt es einfach riesengroß.“
„Ich bin gespannt, wie es von innen aussieht. Komm, die anderen sind schon drin. Sie waren viel früher hier als gedacht und haben vom Vermieter schon den Schlüssel und eine Hausbegehung bekommen. Thomas hat Tara vorhin eine Nachricht geschickt“, erklärte Daph, die mich aufgeregt anlächelte und auf die Treppe zuging. Ich folgte ihr, und als wir oben ankamen, betraten wir einen wundervollen Balkon, der verlassen wirkte, da sich hier weder Tische noch Stühle oder andere Dinge befanden. Von hier hatte man einen großartigen Ausblick auf den See und dem umliegenden Wald. Wir ließen unsere Taschen fallen, als Thomas aus der Tür trat, die sich auf der rechten Seite des Balkons befand.
„Da seid ihr ja!“, rief er. „Wo wart ihr denn so lange?“
„Der Bus ist nicht der schnellste“, gab Brad zu, der hinter mir die Treppe hochkam. Thomas kam auf uns zu, nahm uns freundschaftlich in den Arm und reichte den Jungs auf lässige Art die Hand.
Maria fasste mich am Arm und zog mich mit sich. „Kommt schon, schauen wir uns das Haus endlich an.“
Wir folgten ihr und traten in einen Traum aus Holz. Unser Lachen verstummte. Tara, Maria, Daph und ich traten direkt in das Wohnzimmer. Links von uns befand sich eine offene Küche aus Holz mit großer Kücheninsel. Das Wohnzimmer war sehr groß und hell. Die hintere Wand war umgeben von einer Fensterfront, wodurch man den See und die Wälder überblicken konnte. In der Mitte des Wohnzimmers standen zwei Zweisitzer, ein Dreisitzer und ein gemütlich aussehender Sessel. Ein großer Fernseher, umgeben von einer Wohnwand, die mit vielen Büchern, Gläsern und Dekorationen vollgestellt war. Auf der anderen Seite, unter der Treppe, befanden sich noch zwei Türen, und ich fragte mich, wo sie wohl hinführten. Noch immer standen wir regungslos da. Vor uns tat sich eine Treppe auf, die zum oberen Stockwerk zeigte und somit zu den Schlafzimmern.
„O mein Gott“, flüsterte Daph fasziniert und betrat das Wohnzimmer, als würde sie einen heiligen Dom betreten, und drehte sich im Kreis. Wir folgten ihr, bedacht darauf, nichts anzufassen, sodass wir auch nichts kaputt machen konnten. Ich schaute zur Küche. Sie war mit so viel Liebe hergerichtet. Das dunkle Holz wirkte alleine sehr düster, aber die kleinen Details, wie eine orangene Blumenvase, eine bunte Obstschale und das rote Geschirr in den Glasschränken über den Tresen lockerten das Gesamtbild auf. Ich freute mich bereits auf die gemeinsamen Kochsessions am Abend hier mit meinen Freundinnen. Ich lächelte verträumt, als mich plötzlich schallendes Gelächter aus meiner Träumerei riss. Als ich mich umdrehte sah ich, wie Mitch und Alex aus einem der beiden Zimmer neben dem Wohnzimmer traten.
„Ach hey, da seid ihr ja!“, begrüßte uns Mitch. Mir zog sich der Magen zusammen, als ich Alex hinter ihm sah, der mich breit angrinste. Ich hätte ja mit jeder Reaktion gerechnet. Zum Beispiel, dass er mich ignorieren oder mich anschreien würde, aber garantiert nicht damit, dass er mich angrinste, als wäre ich eine gute Bekannte.
Daph und die anderen Mädels begrüßten die Jungs und ich trat schüchtern einen Schritt auf sie zu. Ich umarmte Mitch fröhlich und ging dann zögerlich auf Alex zu, der mich stürmisch an sich zog und mich ebenfalls in die Arme schloss. Vor Schreck machte ich ein eigenartiges Geräusch und versuchte mich ganz cool zu geben. „Hey Sall, lange nicht gesehen“, begrüßte er mich und ließ dann wieder von mir ab.
„Gleichfalls“, sagte ich knapp und rieb mir verlegen über meinen rechten Arm. Himmel, war das merkwürdig. Alle benahmen sich so, als hätte ich nie etwas mit Alex gehabt. Dabei war ich mir sicher, dass auch Mitch und die anderen darüber Bescheid wussten. Als wären wir immer noch gute Freunde, die einfach nur einen Urlaub miteinander verbrachten. Hatte ich etwa von Anfang an zu viel in die Sache hineininterpretiert? Vermutlich, denn Alex wandte sich wieder von mir ab und begrüßte nun die anderen, die hinter uns staunend durch die Tür traten.
Daph machte einen kleinen Schritt auf mich zu und stieß mich verräterisch von der Seite an. „Siehst du? Es ist alles halb so wild, fang endlich wieder das Atmen an.“
„Scheint so“, pflichtete ich ihr im misstrauischen Ton bei und warf einen unauffälligen Blick zu Alex rüber, der Brad gerade fröhlich Hallo sagte.
„Ihr müsst euch unbedingt das Zimmer da vorne anschauen“, meinte er dann und deutete mit dem Finger auf die Tür neben dem Wohnzimmer. „Da steht ein verdammter Billardtisch und es gibt auch eine Bar. Außerdem kann man Dart spielen. Das Haus ist einfach der Wahnsinn. Wer hatte noch einmal die Idee, hier Urlaub zu machen?“, fragte er dann.
„Das war mehr oder weniger Sallys Idee“, erklärte Brad stolz und lächelte mich an.
Alex drehte sich zu mir und grinste ebenfalls. „Wirklich Sall, das ist echt der Hammer. Gut ausgesucht“, lobte er mich.
Ich spürte die Röte in meinem Gesicht, nachdem mich alle mit einem anerkennenden Blick betrachteten. Ich war auf Alex‘ Reaktion bei unserem ersten Treffen immer noch nicht gefasst und lächelte daher nur schüchtern zurück. „Danke.“