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Zwei

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Ich ließ die Tür hinter mir ins Schloss fallen, nachdem ich meine geliebte Wohnung betrat und meine Tasche neben mir zu Boden fallen ließ. Verwundert blickte ich mich um. Es war aufgeräumt. Ich hatte alles erwartet. Umgekippte Möbel, Flecken an den Wänden und heruntergerissene Vorhänge, aber es war komplett alles ordentlich an seinem Platz. Daph kam aus ihrem Zimmer und lächelte, als sie meinen Blick wahrnahm. „Hast du einen Geist gesehen?“

„Ich glaube schon“, antwortete ich und ging auf sie zu. Wir umarmten uns fest und Daph hielt mich wieder um eine Armeslänge von sich entfernt, um mich kurz zu mustern, so wie sie es immer tat. „Gut siehst du aus.“

„Danke.“ Noch einmal sah ich mich um. „Also erzähl: Was hast du ausgefressen?“

„Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Na, das hier.“ Ich machte eine ausladende Geste mit den Armen. „Es ist so sauber. Das passt nicht in das Bild, das ich erwartet habe.“

„Das ist der eindeutige Beweis dafür, dass mir verdammt langweilig ist ohne dich. Da muss ich schon zu solchen Mitteln greifen und hier aufräumen. Ob du es glaubst oder nicht.“ Sie verschränkte seufzend die Arme vor der Brust.

„Wow, das ist ja mal ein Liebesbeweis.“ Ich staunte und erst jetzt fiel mir auf, dass Daph nichts weiter als ein langes T-Shirt trug. Ihre langen blonden Haare hatte sie zu einem unordentlichen Dutt zusammengeknotet.

„Das ist es wirklich“, bestätigte sie mir und marschierte an mir vorbei in Richtung Küche. „Auch einen Kaffee?“

Ich nickte. „Ja, sehr gerne. Puh, ich dachte schon, ich treffe hier auf die nächste Baustelle.“

Fragend schaute Daph mich an, nachdem sie mir einen Becher mit Kaffee auf den Tresen stellte. „Was meinst du mit nächste Baustelle ?“

„Ach das Chaos bei Brad. Unmöglich! Ich verstehe nicht, wie man so leben kann. Als wäre ich seine Putzfrau, die sowieso alles wegräumt. Deswegen macht er sich kaum die Mühe und sorgt selber für Ordnung.“

„Oh, Ärger im Paradies?“ Daph kicherte leise, während sie sich mit den Armen auf dem Tresen abstützte.

Ich setzte mich auf einen der Barhocker ihr gegenüber. „Mit Ärger hat das nichts zu tun. Es ist vielmehr, dass mich das einfach nur aufregt. Vermutlich bin ich in der Hinsicht einfach anders als er“, stellte ich fest und umschloss meinen Kaffeebecher mit beiden Händen.

„Man könnte sogar sagen, dass du anders bist als der Rest der Welt.“ Sie lachte wieder und trank schnell einen Schluck, als sie meinen Blick bemerkte.

„Gott, wie habe ich dich vermisst.“ Ich lächelte.

„Weiß ich doch. Ist bei euch sonst alles okay?“ Dieses Mal scannte Daph mich mit ihren Augen, als würde sie spüren, dass irgendetwas nicht stimmte.

Ich nickte lediglich.

„Bist du dir sicher? Ich kenne dich, Sally Walters. Und ich merke es, wenn du mir was vormachst. Also, rück schon raus mit der Sprache!“

„Bis auf solche Kleinigkeiten ist alles gut“, gab ich betont locker von mir.

Daph deutete mit dem Kopf auf meine Reisetasche. „Und die Tasche bedeutet, dass du heute Nacht hierbleibst?“

„Genau. Brad unternimmt heute Abend was mit den Jungs.“

„Ah!“ Meine Freundin richtete sich auf und zeigte mit dem Finger auf mich. „Daher weht der Wind. Dir passt es nicht, dass er heute mit den Jungs unterwegs ist.“

Autsch! Daphne und ihr Scharfsinn. Vor dieser Frau konnte ich nichts, aber auch rein gar nichts geheim halten.

„Habe ich recht?“, hakte sie nach und lehnte sich vor, um mir genau in die Augen zu schauen.

Zögerlich nickte ich. „Ja, vielleicht hast du Recht. Es gefällt mir einfach nicht, dass er so oft in letzter Zeit mit den Jungs unterwegs ist.“

„Es gefällt dir nicht, dass Alex dabei ist“, korrigierte Daph mich.

Ich zuckte bei diesem Namen zusammen. „Na ja, immerhin war die Sache mit Alex ein bisschen verzwickt. Du weißt das, denn du warst ja schließlich dabei. Und Brad war so eifersüchtig auf ihn. Aber jetzt ist er ständig dabei, wenn Brad loszieht.“

„Aber da kann er ja nichts für. Mitch nimmt ihn ja immer wieder mit. Außerdem sind Männer da anders als wir Frauen. Die denken vermutlich nicht einmal daran, dass da mal irgendwie was zwischen dir und Alex war. Ich könnte wetten, die haben das komplett vergessen. Während wir auf diesen Dingen herumkauen wie auf einem alten Kaugummi, schlucken die das einfach runter wie ein kühles Bier.“

Ich lachte laut auf. „Das ist ein sehr guter Vergleich. Danke dir für diese bildhafte Darstellung.“

„Zerbrich dir nicht deinen hübschen Kopf darüber“, riet sie mir und trank ihren Becher aus, bevor sie sich nachschenkte.

„Ich bin nur froh, dass ich ihn seitdem nicht mehr gesehen habe“, erklärte ich erleichtert. Bis auf die Tatsache, dass ich einmal mit Alex geschlafen hatte, war damals nicht mehr passiert, da ich mich schnell wieder von ihm gelöst hatte. Zudem bestand das Problem, dass ich mich durch ihn total verändert und wieder zu meinem alten Ich gefunden hatte, was mir gar nicht gefiel. Daraus war der schlimmste Streit mit Brad entstanden. Außerdem hatte ich Alex nur als Vorwand genutzt, um mich von Brad abzulenken, was mir bis heute noch sehr leidtat. Ich war so verzweifelt gewesen, dass ich mir nicht anders zu helfen wusste. Alex war kein schlechter Kerl, und wir hatten eine lustige Zeit miteinander verbracht. Aber eben auch eine schwere Zeit. Nur ungern dachte ich an diese Momente zurück. Die ganze Geschichte zwischen Alex und mir war einfach aus dem Ruder gelaufen. Davon ganz zu schweigen, dass ich mit ihm geschlafen hatte.

„Glaub mir, ihr werdet euch früher wiedersehen, als es dir lieb ist. Irgendwann werdet ihr euch über den Weg laufen. Dafür haben Brad und er einfach zu viele Berührungspunkte. Aber genug jetzt davon. Du solltest der glücklichste Mensch auf Erden sein. Du warst so verknallt in Brad und konntest es kaum glauben, dass ihr endlich zusammen seid. Jetzt sitzt du hier und machst ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter.“

Daphs mahnender Tonfall gefiel mir in diesem Moment gar nicht. „Du hast recht“, pflichtete ich ihr bei. „Ich liebe Brad und bin überglücklich, mit ihm zusammen zu sein.“

„Na siehst du? Geht doch. Und damit dir der Abend nicht so schwerfällt, schlage ich vor, schmeißen wir uns eine DVD an und genießen den Abend in Jogginghosen und einer Menge Süßigkeiten. Was meinst du?“ Daph strahlte aus allen Poren und hielt ihren Becher zum Anstoßen bereit.

„Was würde ich nur ohne dich machen?“, fragte ich lächelnd.

„Vermutlich in einer Ecke sitzen und dir die Augen ausheulen, weil es dir so schlecht geht.“

Ich streckte ihr die Zunge raus und stieß schließlich mit meinem Becher an ihren.

***

Irgendwann war Daph aufgebrochen und machte sich auf den Weg in die Schule. Dass sie irgendwann mal Lehrerin sein sollte, brachte mich immer wieder zum Schmunzeln. Vermutlich würde sie eine draufgängerische Lehrerin werden. Etwa so wie Cameron Diaz in dem Film Bad Teacher . Aber neben ihrer lockeren Art konnte sie zudem eine gute Zuhörerin sein, und ich war froh, dass sie meine beste Freundin war. Besonders nachdem, was damals zwischen ihr und Brad geschehen war. Anfänglich war die Situation zwischen uns dreien noch merkwürdig und ich fühlte mich schuldig ihr gegenüber, weil ich ihr quasi Brad ausgespannt und sie belogen hatte, was meine Gefühle für Brad anging. Aber nach ein paar Wochen hatte Daph sich daran gewöhnt. Sie versicherte mir immer wieder, dass es ihr nichts ausmachen würde. Sie war der Ansicht, dass Brad und sie nicht zusammengepasst haben. Womit hatte ich sie nur verdient, nach allem was ich getan und ihr zudem noch verschwiegen hatte? Nach ihrem guten Zuspruch am Morgen fühlte ich mich tatsächlich ein bisschen besser, und da der Hausputz nicht nötig war, genoss ich ein paar freie Stunden mit einem Buch auf der Couch. Nach einer gewissen Zeit warf ich einen Blick auf mein Smartphone und sah erst dann, dass ich schon vor Stunden eine Nachricht bekommen hatte.

Heute ein Abend unter Schwestern? Deine verschollene Schwester M.a.r.i.a

Ach Mist! Ich hatte Maria in den letzten Tagen kaum gesprochen und dabei gelobte ich doch Besserung, dass ich mich öfter melden würde. Und jetzt, da sie nur ein paar Straßen weiter wohnte, sollte das eigentlich machbar sein. Ich hatte mich in der letzten Zeit tatsächlich nur darauf konzentriert, die Beziehung mit Brad perfekt zu gestalten und alles andere um mich herum vernachlässigt. Jetzt wollte ich sie nicht schon wieder sitzen lassen. Hastig tippte ich auf meinem Smartphone eine Nachricht ein:

Daph und ich sehen uns heute Abend einen Film an und machen einen Frauenabend. Stoß doch gerne in Jogginghosen dazu! Sall

Daph würde sicher nichts dagegen haben. Im Gegenteil, die beiden verstanden sich manchmal etwas zu gut, wenn es darum ging, mich wegen irgendwelcher Sachen aufzuziehen.

Nachdem ich vor einigen Monaten aus Denver zurück hierherkam, brach es Maria erneut das Herz. Denn wir hatten uns in der Zeit bei Mom gerade wieder richtig angenähert, nachdem knapp zwei Jahre Funkstille zwischen uns herrschte. Also hatte sie beschlossen, ihr Psychologiestudium hier in Boulder zu beginnen und sich ganz in der Nähe eine Wohnung zu suchen. Psychologie passte perfekt zu Maria. Es war schön zu wissen, dass sie jetzt nahe bei mir war und wir endlich ein normales Schwesternverhältnis aufbauen konnten. Inzwischen war sie ein fester Bestandteil in unserer Clique geworden.

Ich warf einen Blick auf mein Smartphone.

Suche in diesem Moment nach der bequemsten Hose, die ich habe. Bis später!

Das würde sicherlich ein sehr lustiger Frauenabend werden. Voller Vorfreude sprang ich von der Couch auf und begann mich in der Küche auszutoben, um ein paar Leckereien für den Abend zu zaubern.

***

Daph kam durch die Tür gestolpert und begrüßte mich gutgelaunt. Sie hielt zwei DVDs in die Luft und schwenkte damit wild umher. „Hallo, meine Liebe. Ich habe die besten Filme für einen perfekten Abend rausgesucht. Was möchtest du als erstes schauen?“ Sie legte die DVDs beiseite und schälte sich aus ihrer Jeansjacke, die sie achtlos auf die Couch warf. „Erst Poltergeist und dann Kill the boss , oder lieber erst den lustigen und dann den bösen Film? Ich selber fände es glaube ich besser, erst was Böses zu gucken und danach mit einem freundlichen Film abzuschließen, sonst kann ich vermutlich nicht schlafen.“ Sie kam mit neugierigem Blick um die Küchentheke geeilt, um zu sehen, was ich dort trieb.

„Ich bin auch dafür, den lustigen Film danach zu schauen und uns erst den Poltergeist anzusehen“, stimmte ich ihr zu. „Hey!“, rief ich laut, als Daph sich über die Käsewürfel hermachte, die ich gerade zurechtgeschnitten hatte und schlug ihr auf die Finger. Kichernd verließ sie den Küchenbereich.

„Wir werden heute Abend allerdings nicht alleine sein“, setzte ich an und bedachte sie mit einem mahnenden Blick, als ihre Finger über die Theke hinweg zu den Weintrauben langten.

„Maria hat gefragt, ob ich heute Zeit für sie habe. Ich musste ihr anbieten, auch zu kommen, weil ich schon ein ganz schlechtes Gewissen ihr gegenüber hatte.“

„Nicht nur bei ihr“, fügte Daph hinzu und steckte sich eine Weintraube in ihren vorlauten Mund. „Aber das ist kein Problem. Ich mag deine Schwester“, erklärte sie und ließ sich auf den Barhocker vor dem Tresen nieder.

„Das freut mich.“ Ich lächelte und hielt ihr noch einen Käsewürfel hin, ehe ich sie in den Kühlschrank verfrachtete. „Und ich freue mich auch, dass sie jetzt hier bei mir in der Nähe ist. Das tut uns beiden sehr gut.“

„Schön, dass sich das zwischen euch beiden wieder eingerenkt hat“, pflichtete sie mir bei. „Und wie läuft es bei dir und deiner Mom?“, fragte sie kauend.

„Auch gut. Wir telefonieren regelmäßig. Gerade jetzt, wo Maria hier wohnt, fragt sie natürlich dauernd, ob ich auch ein Auge auf sie habe.“

„Das freut mich für euch“, gab Daph lächelnd von sich und ließ einen kontrollierenden Blick über den Küchenbereich gleiten. „Also, was haben wir alles für heute Abend? Ich habe noch Chips besorgt und zwei Flaschen Wein.“

„Ich habe Käsewürfel, Weintrauben und Cocktailtomaten mit Mozzarella vorbereitet“, erklärte ich stolz. „Maria wird sicherlich auch noch was mitbringen.“

Daph rieb sich erwartungsvoll die Hände. „Dann kann der Mädelsabend ja bald beginnen.“ Und da klingelte es auch schon an der Haustür.

Verliebt in seinen Freund

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