Читать книгу Schwertmagier - Jennifer Roberson - Страница 10

VIER

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Der Staub, der vom Sonnenuntergang orange gefärbt wurde, formierte sich zu einem einzelnen Reiter. Ein Mann mit dichtem, rötlichblondem Haar und einem gewaltigen, weit herabhängenden roten Schnurrbart, dessen Spitzen unter seinem Kinn wogten. Er war noch zu weit entfernt, als daß ich seine Augenfarbe hätte ausmachen können, aber ich kannte sie: Sie war blau. Ich kannte sogar ihn: Rhashad, ein Grenzbewohner, halb Süd- und halb Nordbewohner, der sich seinen Lebensunterhalt auf die gleiche Art verdiente wie ich.

Ein wertvoller, blauer Burnus wölbte sich im pferdegeborenen Wind, während er auf die Oase zugaloppierte. Ich sah große Zähne zu einem halb unter dem Schnurrbart verborgenen Grinsen entblößt, die Hand zum freundlichen Gruß erhoben. Er parierte den Fuchs vor uns durch, wirbelte Staub und Sand und Gras auf; während zahlreiche Botas schwappten. Über seiner Schulter ragte der Knauf seines Schwertes hervor, das er in einem Harnisch südlichen Stils trug. Erneut sichtbare Zähne: für Del. Blaue Augen glänzten in runzliger, sonnenverbrannter Haut. »Hoolies, Ihr seid eine Frau, die für einen Mann wie mich gemacht wurde! Ich habe gesehen, was Ihr mit Ajani gemacht habt ... « Rhashad lachte vergnügt und warf einen verschlagenen Blick in meine Richtung. »Nein, Sandtiger, es besteht noch kein Grund, die Krallen zu wetzen – noch nicht. Ich stehle einem Freund nicht die Frau.«

Ich grunzte. »Als ob Ihr das könntet.«

»Oh, ich könnte es tun – ich habe es schon getan. Allerdings nicht bei meinen Freunden.«

Er wölbte vielsagend rötliche Brauen und starrte Del dreist an. »Was meint Ihr, Bascha – wenn Ihr den Sandtiger einmal satt habt, werdet Ihr dann mit mir reiten?«

Ich erinnerte mich, daß Rhashads großspurige Art Del aus irgendeinem seltsamen Grund weder verletzte noch störte. Tatsächlich schien sie Spaß daran zu haben, was ich als irgendwie verwirrend empfand. Andere Männer, die sich genauso verhielten, wurden kälter abgefertigt.

Wie ich einmal. Vor sehr langer Zeit.

Und manchmal auch vor nicht so langer Zeit. Das hing alles von ihrer Stimmung ab.

Del zuckte nicht einmal mit der Wimper. »Würde das Eurer Mutter gefallen?«

Rhashad lachte schallend auf. Er schlug sich auf einen dicken Oberschenkel und parierte dann den stampfenden Fuchs durch. »Oh, ich denke schon. Sie ist Euch sehr ähnlich ... Wie sonst, denkt Ihr, hätte sie mich bekommen sollen?«

Ich senkte mein Schwert und stand linkisch da. »Seid Ihr aus einem bestimmten Grund gekommen oder nur, um mich zu verspotten?«

»Um Euch zu verspotten, um mit ihr zu scherzen.« Aber noch während er sprach, wich ein Teil seiner Fröhlichkeit. Rhashad nahm einen Fuß aus dem Steigbügel und schwang das Bein über den Sattel, der reichlich mit Botas behangen war. Er sprang leichtfüßig herab und wirbelte dadurch Staub auf, den er wie abwesend fortwedelte. »Ja, ich bin aus einem bestimmten Grund gekommen. Ich dachte, Ihr würdet vielleicht Hilfe brauchen.« Er führte seinen Fuchs zu dem Becken und ließ ihn trinken, wobei er die Zügel locker hielt. »Wie ich bereits sagte, habe ich gesehen, was sie getan hat. Nun, wir wissen alle, daß Ajani kein Jhihadi war, aber alle Stämme glaubten, er wäre es. Zumindest sind sie sich alle sicher, daß der Orakelbursche genau auf ihn gezeigt hat. Was bedeutet, daß sie jetzt alle denken, Del hätte den Jhihadi getötet, als sie Ajani den Kopf abgeschlagen hat.«

»Ja«, stimmte ich ihm geduldig zu. »Das haben wir bereits selbst erkannt.«

Meine Ironie brachte ihn nicht aus der Ruhe. »Und das wiederum bedeutet, daß sie Euch jetzt alle töten wollen.« Rhashad zuckte mit den breiten Schultern. Der Grenzbewohner war größer als ich. »Und zwar im Moment um jeden Preis.«

Del, die unter dem Burnus noch immer ihren Harnisch trug, steckte ihr Schwert mühelos in die Scheide, ließ das meiste davon unter dem Schutz glatter, weißer Seide verschwinden. Es war, wie immer, beeindruckend. Ich sah das anerkennende Aufflackern in Rhashads Augen. »Im Moment?« wiederholte sie.

»Vielleicht werden sie innehalten«, erklärte er. »Immerhin können sie Euch nicht durch den ganzen Süden jagen. Nicht ewig. Selbst wenn sie Nomaden sind. Eines Tages wird dieser kleine Fehler ganz ausgebügelt sein, und Ihr beide werdet nicht mehr gejagt werden.«

»Dieser kleine Fehler‹«, murmelte ich.

»In der Zwischenzeit«, sagte sie leichthin, »könnten sie uns jedoch erwischen und uns töten.«

»Nun, ja, das könnten sie.« Rhashad zog seinen Fuchs vom Becken fort, wobei dieser Wassertropfen versprühte. »Wenn Ihr dumm genug seid, Euch erwischen zu lassen.«

Ich nickte. »Irgendwie hatten wir gehofft, das vermeiden zu können.«

»Darum bin ich hier.« Rhashad schaute an Del und mir vorbei zu den Pferden. »Ich bin vor der Dämmerung hinausgeritten, in der Hoffnung, Euch einzuholen. Unter den Stämmen herrscht noch immer das blanke Chaos. Immerhin sind sie nicht daran gewöhnt zusammenzuarbeiten, da normalerweise jeder Stamm für sich lebt.« Er zuckte die Achseln. »Aber das wird nicht andauern. Inzwischen werden sie sich für einen gemeinsamen Zweck zusammengeschlossen haben: um die Mörderin des Jhihadi zu töten. Also habe ich mich entschlossen, alles zu tun, um Euch zu helfen.« Er deutete mit dem Kinn auf unsere Pferde. »Ich bin gekommen, um eines Eurer Pferde zu holen.«

Ich blinzelte. »Warum seid Ihr gekommen?«

»Ich bin gekommen, um eines Eurer Pferde zu holen.«

»Einzelheiten«, schlug Del vor und winkte fordernd mit dem Finger. »Ich bin versessen auf Einzelheiten.«

»Eine hübsche kleine Frau wie Ihr?« Rhashad grinste sie an. Er war groß, unverschämt, absolut nicht zurückhaltend, überhaupt nicht Dels Typ. (Glaube ich.) »Das ist Männersache, Bascha ... Tiger und ich werden uns um die Einzelheiten kümmern.«

Für den Moment bot Del nur ein kühles Lächeln und gewölbte Augenbrauen an. »Erzählt Ihr das Eurer Mutter?«

Er lachte. »Hoolies – nein –, so dumm wäre ich niemals. Sie würde mir die Hoden abreißen.« Das Lächeln entglitt zu einem verzerrt nachdenklichen Gesichtsausdruck. »Natürlich wäre dann niemand mehr da, der die Linie fortführen könnte ... Nein, ich glaube, sie würde sich statt dessen eines Ohrs bedienen, was aber dann mein gutes Aussehen zerstören würde.« Blaue Augen zwinkerten unter dichten Brauen. »Was wäre Euch lieber, Bascha? Die Hoden oder ein Ohr?«

Wenn er sie schockieren wollte, so war das Bemühen fehlgeschlagen. Erneut das kühle Lächeln. Nur ich sah das Glitzern in ihren Augen. Niemand sonst kannte sie so gut wie ich. »Und Ihr glaubt, ich könnte Euch keines von beidem nehmen?«

Rhashads Grinsen verschwand in den Tiefen des rotblonden Schnurrbarts. Er runzelte die Stirn, erwog das in Dels Tonfall enthaltene Versprechen, aber nur einen Moment lang. Der Gesichtsausdruck klärte sich schnell wieder. Seine Haltung wirkte prahlerisch, während er sein Gewicht im Sand verlagerte, aber ich konnte erkennen, daß ihre Drohung verstanden worden war. Rhashad gefiel, was er sah. Es war einfach, nur daran zu denken, und zu vergessen, was sie tun konnte. »Nun, ich glaube, das ist eine Frage, die ein andermal geklärt werden muß. Jetzt sollte wir uns lieber um jene Einzelheiten kümmern.« Er sah mich an. »Sie werden zwei Pferde verfolgen. Warum reitet Ihr nicht nur mit einem weiter?« Er betrachtete erneut unsere Reittiere. »Ich würde den Schecken nehmen. Er ist größer, besser geeignet, zwei Reiter zu tragen, und Ihr seid beide nicht klein ...«

Ich schüttelte den Kopf und unterbrach ihn. »Er würde es niemals schaffen, wenn wir in die Punja hineinreiten. Er ist im Norden aufgezogen worden ... Der Hengst ist zwar kleiner, aber er ist zäh. Er wird nicht aufgeben.«

Rhashad zuckte die Achseln. »Wie immer Ihr wollt. Gebt mir eines von beiden – ich werde in die andere Richtung reiten und ihnen eine hübsche Jagd bieten.«

»Wenn sie Euch erwischen...«, begann Del.

»Wenn sie es tun, bin ich nur ein Grenzbewohner. Meine Hände –und mein Gesicht sind sauber.« Er warf einen Blick auf die Narben an meiner Wange. »Ich bin nicht der Sandtiger. Ich bin auch nicht seine Frau. Ich denke, sie werden mich ziehen lassen.«

Ich erhob meine Stimme, bevor Del über Rhashad herfallen konnte, weil er es gewagt hatte zu unterstellen, sie sei meine Frau. Auch wenn sie es war, nach südlichem Verständnis. Nordbewohner sind so. (Oder vielleicht ist nur Del so.) »Unterdessen haben wir Zeit, einige Meilen Abstand zwischen sie und uns zu bringen.« Ich nickte. »Ein guter Plan, Rhashad.«

Er hob lässig eine große Schulter. »Er würde sogar meiner Mutter gefallen.« Er begutachtete unser kleines Lager und schaute dann zum Horizont, der gerade die Sonne verschlang. »Heute nacht scheint kein Mond. Ihr könnt ein paar Stunden schlafen und dann kurz vor der Dämmerung losreiten. Inzwischen werde ich das andere Pferd nehmen. Sie denken vielleicht auch, daß Ihr ihnen weit voraus seid. Das wird sie noch eher dazu bringen, ihre eigenen Pferde zu überfordern.«

»Warum?« fragte Del. »Warum tut Ihr das?«

Rhashad lächelte, kaute auf seinem Schnurrbart. »Tiger und ich sind alte Freunde. Er hat mir einen oder zwei Kniffe für den Kreis gezeigt, Kniffe, die mir das Leben gerettet haben. Ich denke einfach, ich schulde ihm etwas. Und was Euch betrifft, nun ...« Der Grenzbewohner grinste. »Meine Mutter hätte nichts dagegen, wenn ich eine kesse Bascha wie Euch mit nach Hause brächte. Aber da ich das nicht tun kann, werde ich mich darauf beschränken, Euch zur Flucht zu verhelfen. Es wäre eine solche Verschwendung, wenn sie Euch töten würden.« Rhashad warf mir einen Blick zu. »Und eigentlich keine so große, wenn sie ihn töteten.«

»Ha-ha«, sagte ich pflichtgemäß, wandte mich wieder um und lehnte mein Schwert gegen den Wind- und Sandschutz. »Könnt Ihr zum Essen bleiben? Del wollte gerade kochen.«

»Del wollte gerade nichts dergleichen tun«, erwiderte sie. »Versuch nicht, mich dazu zu überlisten; nur weil Rhashad hier ist. Ich kann nicht gut kochen, erinnerst du dich? Ich halte nichts von häuslichen Pflichten.« Del lächelte süßlich. »Ich habe überhaupt keine Fähigkeiten dieser Art – ich bin ein Schwerttänzer, nicht wahr?«

Ich achtete nicht auf den Unterton in ihrer Stimme. »Er ist ein Gast«, erklärte ich.

»Nein, das ist er nicht«, konterte sie. »Er ist einfach einer von uns.«

Rhashad winkte lachend ab: »Nein, nein, ich kann nicht bleiben. Ich werde jetzt losreiten. Aber – da ist noch etwas.«

Die Belustigung war aus seinen Augen verschwunden. Del und ich warteten.

Der Grenzbewohner wandte sein Pferd um und stieg auf. »Erinnert Ihr Euch, was ich Euch darüber erzählt habe, wie die Dinge in Julah stehen? Darüber, daß Aladars Tochter die Tanzeerschaft übernommen hat?«

»Ja«, antwortete ich. »Und damals haben wir auch die Tatsache erörtert, daß sie wahrscheinlich nicht lang Tanzeer bleiben wird. Dies ist der Süden. Sie ist eine Frau. Jemand wird ihr diese Position streitig machen.«

»Vielleicht«, sagte Rhashad. »Und vielleicht auch nicht. Sie hat die Goldminen, erinnert Ihr Euch? Sie mag vielleicht eine Frau sein, aber sie ist eine sehr reiche Frau. Geld verschafft Männer. Geld verschafft auch Loyalität. Wenn sie ihnen genug zahlt, kümmert es sie vielleicht nicht, daß sie eine Frau ist.«

Ich wußte nur zu gut, daß sie Goldminen besaß. Ihr Vater hatte die Minen für sie aufgebaut, und ich war einer seiner Sklaven gewesen.

Ich unterdrückte ein unfreiwilliges Schaudern. Selbst jetzt träumte ich noch manchmal davon: »Aber was hat das mit uns zu tun? Del und ich wollen nicht unbedingt nach Julah.«

»Das spielt keine Rolle«, erklärte Rhashad. »Sie ist hinter Euch her.«

Del sah mich an, betrachtete meinen Gesichtsausdruck. »Dann weiß sie es also? Oder ist es nur praktisch, die sogenannten Mörder des Jhihadi für jeden Tropfen Blut, der von heute an vergossen wird, verantwortlich zu machen?«

Rhashad zuckte leicht die Achseln. »Wahrscheinlich. Aber Sabra weiß auch ziemlich genau, wer ihren Vater getötet hat. Ich habe Euch das schon zuvor gesagt: Es gab Gerüchte über einen großen, südlichen Schwerttänzer mit Krallenspuren im Gesicht und eine phantastische nordische Bascha, die in Aladars Harem gelebt hat.«

»Aber nicht freiwillig«, fauchte Del. »Und was seinen Tod betrifft, so hatte er ihn verdient.«

»Zweifellos«, nickte Rhashad, »aber seine Tochter ist nicht damit einverstanden. Sie hat einen Preis auf Euren Kopf ausgesetzt.«

»Oh?« Ich strahlte. »Wieviel sind wir wert?«

Rhashad blieb ernst. »Genug, um sich die Dienste von Schwerttänzern zu erkaufen.«

Ich seufzte. »Sonst noch was?«

Rhashad nickte. »Letzte Nacht, nachdem Ihr und Del fortgeritten wart, habe ich mit Abbu Bensir einige Aqivis getrunken.«

Ich zuckte die Achseln. »Und?«

»Und er sagte mir, daß Sabra nach ihm geschickt hätte.«

Del runzelte die Stirn. »Aber ... er würde nicht ...« Sie sah mich an. »Würde er? Er ist dein Freund. Wie Rhashad.«

»Nicht wie Rhashad«, widersprach ich. »Und nicht eigentlich ein Freund. Abbu und ich, wir waren – und sind – Rivalen.«. Ich tat es achselzuckend ab. »Es ist gleichgültig. Wenn er sich verdingt, dann wegen des Geldes. Und wegen eines Vertrages.«

»Hat er nicht geschworen, den Kodex des Tanzes zu ehren?« fragte sie scharf.

»Südliche Kreisschwüre haben nicht das geringste damit zu tun, daß man nicht dennoch bestimmte Leute töten kann«, belehrte ich sie. »Es steht uns frei, uns zu verdingen, an wen auch immer ... selbst wenn das bedeutet, daß man auf Leben und Tod gegen jemanden tanzen muß, den man ziemlich gut kennt.« Ich wechselte einen Blick mit Rhashad. »Seid Ihr Euch all dessen ganz sicher?«

Er nickte. »Iskandar war voll von diesen Gerüchten, desgleichen Harquhal, als ich anhielt, um Wasser aufzunehmen ... Ihr wurdet genannt und Del, obwohl man sie meistens als die nordische Bascha bezeichnet.« Er grinste kurz. »Oder mit anderen, weniger schmeichelhaften Namen belegt.«

»Das ist unwichtig.« Dels Brauen waren zusammengezogen. »Wenn sie Abbu Bensir in ihre Dienste gestellt hat – und andere Schwerttänzer –, dann ändert das die Situation.«

»Ein wenig«, stimmte ich zu. »Stämme sind hinter uns her, weil wir den Jhihadi getötet haben, und ausgesuchte Schwerttänzer – vielleicht sogar Abbu Bensir –, weil sie den Vertrag mit einem Tanzeer erfüllen wollen. Falls sich Abbu verdingt hat, was wir nicht wissen.«

»Wenn er es getan hat, ist er gefährlich.« Dels Stimme klang todernst. »Er ist sehr, sehr gut. Ich habe gegen ihn getanzt. Erinnerst du dich?«

»Ich auch«, seufzte ich, »vor sehr langer Zeit.«

Rhashad berührte lächelnd seine Kehle. »Er macht kein Geheimnis daraus. Andere Männer würden sich vielleicht schämen, aber nicht Abbu Bensir. Die Verletzung an seiner Kehle ist eine Narbe von einem Kampf im Kreis gegen einen ehrenwerten Gegner.«

Ich stieß zischend einen weiteren Fluch aus. »Ich war siebzehn«, murmelte ich. »Hat er das auch erzählt?«

Rhashad lachte. »Nein, das nicht. Euer Name genügt vollauf. Laßt die anderen denken, was sie wollen.«

Del nahm einige Dinge aus ihren Satteltaschen, verstaute sie in meinen und sattelte den Schecken. Langsam führte sie ihn zu Rhashad hinüber. »Was werdet Ihr mit ihm tun?«

»Ihn einige Tage lang nach Südosten führen, einfach um sie abzulenken, und dann in Richtung Grenze zurückreiten. Meine Mutter kann ein gutes Pferd gebrauchen.«

Sie nickte. »Das ist er.« Sie tätschelte den bläulich gesprenkelten Rumpf. »Möge dir die Sonne auf den Kopf scheinen.«

Rhashad zeigte große Zähne. »Es ist kaum zu erwarten, daß das nicht der Fall sein wird.« Er führte den Fuchs beiseite und zog den Schecken nah heran, während er mich ansah. »Das wird vielleicht für eine Weile klappen. Die Stämme sind zur Zeit zu durcheinander, um die Dinge zu durchdenken, was bedeutet, daß sie Fehler machen werden. Ich bezweifle, daß sich viele der erfahrenen Schwerttänzer gegen Euch verdingen werden, da Ihr einer der ihren seid – und sie immerhin eine Frau ist. Ich würde sagen, daß überwiegend die jüngeren versuchen werden, sich einen Namen zu machen. Den Sandtiger zu erwischen, würde wirklich etwas bedeuten, und vielleicht macht sie das vor lauter Eifer, Euch einholen zu wollen, unvorsichtig.« Er kaute auf einer Seite seines Schnurrbarts. »Aber wenn sich Abbu verdingt hat ...« Der Grenzbewohner zuckte die Achseln. »Ihr kennt Abbu. Er ist nicht dumm.«

»Das ändert die Dinge nicht«, stimmte ich zu, um dann fortzufahren: »Ich schulde Euch etwas, Rhashad.«

Er zuckte die Achseln. »Wir kommen irgendwann darauf zurück.« Dann eilte er mit dem nordischen Schecken an fest gespannten Zügeln im Trab davon.

Ich wandte mich jäh um. »Wir sollten packen.«

Sie war bestürzt. »Jetzt?«

»Wir werden es genauso machen wie er: jetzt losreiten und einige Stunden Vorsprung herausholen. Vielleicht verschafft uns die Tatsache, daß wir nur die Spur eines einzigen Pferdes hinterlassen, einen zusätzlichen Vorteil.« Ich beugte mich hinab, um mein Schwert aufzuheben. »Es war eine gute Idee. Ich hätte selbst daran ... Hoolies ...«

»Was ist jetzt los?« fragte Del.

Ich starrte auf mein herabgefallenes Schwert hinab. Ich hatte die Hand ausgestreckt, die Finger um den Griff geschlossen, es aufgehoben – und das Ding hatte sich aus meinem Griff befreit. Dann war es herabgefallen. Es lag jetzt über meinem rechten Fuß. Ich bin ein Südbewohner: Ich trage Sandalen. Man ist absolut nicht gegen ein herabfallendes Schwert geschützt, wenn man Sandalen trägt, aber andererseits denkt man auch nicht daran, daß so etwas passieren könnte. Nicht wenn man ein Schwerttänzer ist und weiß, wie man ein Schwert handhabt.

Ich war ein Schwerttänzer. Ich wußte, wie man ein Schwert handhabte. Das Ding hatte sich selbst befreit.

»Hoolies«, murmelte ich, sehr vorsichtig.

Blut sickerte aus der Wunde.

»Tiger!« Del stand neben mir und starrte auf die Bescherung hinab. »Tiger ...« Sie griff nach dem Schwert, zog die Hand dann zurück. »Ich kann es nicht berühren, das weißt du. Ich kenne vielleicht seinen Namen, aber da ist immer noch Chosa Dei.«

»Ich erwarte von dir nicht, daß du es berührst«, murmelte ich und zog meinen Fuß unter der Klinge hervor. Ich ließ die Waffe dort liegen.

»Du blutest ... hier.« Sie kniete sich hin und machte sich daran, meine Sandale zu öffnen. »Ich fange an zu glauben, daß du tatsächlich unvorsichtig wirst ... Zuerst schneidest du dir in die Hand, jetzt das ...«

Ich zog meinen Fuß fort. »Laß es sein. Du mußt das nicht tun.« Ich stützte den Ballen meines noch immer sandalenbekleideten Fußes gegen die Sandschutzmauer und machte da weiter, wo Del aufgehört hatte, indem ich die Lederriemen löste. »Pack ein, was immer wir brauchen, und sattle den Hengst ... Ich komme gleich zu dir.«

Sie wandte sich ab, sammelte unsere Ausrüstung und die Satteltaschen ein und sagte nichts mehr über Unvorsichtigkeit, weder spöttisch noch auf andere Weise. Was mich betrifft, so schlüpfte ich aus einer Sandale heraus, die nicht mehr viel wert war. Die Klinge hatte durch die Lederriemen geschnitten, bevor sie sich ins Fleisch grub.

Ich benutzte den Saum meines Burnus, um das Blut aufzusaugen. Der Schnitt war nicht sehr tief, und die Blutung kam bald zum Stillstand. Das Ganze würde mich nicht sehr beeinträchtigen, obwohl die Sandale repariert werden mußte. Dazu war aber jetzt keine Zeit. Fürs erste würde ich einfach barfuß reiten.

Ich zog auch die unversehrte Sandale aus und ging durch Sandmulden und spinnwebartiges Gras zu dem Hengst. Ich schob die Sandalen in eine der Satteltaschen und wandte mich dann zu dem Schwert um. Es lag nackt im Staub: vier Fuß tödliches Jivatma.

Del, die ein letztes Mal das kleine Lager überprüfte, warf mir einen Seitenblick zu. »Willst du es dort lassen?«

»Noch vor einer Minute hätte ich es getan«, erklärte ich. »Wenn ich es könnte. Aber du hast mich davon überzeugt, daß es nicht klug wäre. Sieh, was es mir antut – wenn jemand anderer es anrührte ... « Ich schüttelte den Kopf. »Ich erinnere mich zu deutlich daran, was Chosa Dei in diesem Schwert Nabir angetan hat. Wie es Nabirs Füße entfernt hat ...« Ich schüttelte ein plötzliches Frösteln ab. »Stell dir vor, was es – er – tun könnte, wenn er die Herrschaft über einen schwächeren Mann erlangte.«

»Du sagst Chosa ...?« Del brach ab, starrte das Schwert an. »Die Spitze ist noch immer schwarz.«

»Und wird es bleiben, glaube ich, bis es vollständig befreit ist. Und du weißt, was das bedeutet.«

»Shaka Obre«, keuchte sie.

»Shaka Obre«, wiederholte ich, »und die Kraft, Chosa Dei zu vernichten, bevor er mich vernichtet.«

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